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Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns

Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns

Titel: Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
Autoren: Ephraim Kishon
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zusammen und kriecht auf allen vieren in den Duschraum. »Man muß lernen, Hiebe einzustecken«, raunt mir der dispensierte Innenarchitekt sachkundig und nicht ohne Schadenfreude zu.
    »Wer keine Hiebe einstecken kann, wird nie Karate lernen.« Und er deutet wie zur Bekräftigung auf seine gelbe Bauchschärpe.
    Im weiteren Verlauf erfahre ich, daß Gideon auf dem Fußboden eines ungeheizten Zimmers schläft, Fleischesser ist und kein Telefon hat. Seine Schüler sind ihm blind ergeben, besonders seit er ihnen den »Nihutschu-Kokita«-Schlag gezeigt hat, der gegen die Augen geführt wird. Sie folgen ihm überallhin, in der geheimen Hoffnung, daß irgendwo, vielleicht auf einem Supermarkt oder im Kino, irgend jemand, vielleicht eine Schlägerbande, sich über Gideon hermachen wird. Aber das ist noch nie geschehen. Jeder Rowdy in der Stadt kennt Gideon. Einmal, in einem Kegelklub, begann eine aus acht finsteren Gesellen bestehende Bande zu randalieren. Gideon wurde eilends aus einem nahe gelegenen Kaffeehaus herbeigeholt. Bei seinem Eintritt machten die Radaubrüder Miene, sich mit geballten Fäusten, Sesselbeinen und Schlagringen auf ihn zu stürzen. Es sah ganz danach aus, als ob endlich etwas geschehen sollte. Aber da sagte Gideon ganz ruhig: »Ich heiße Gideon« - und die Bande löste sich in ihre Bestandteile auf und ließ sich nie wieder blicken.
    Eben jetzt demonstriert Gideon den »Yoko-Kyaga«-Schlag. Die meisten der Schüler kleben bereits an der Wand. Vor ihrem geistigen Auge zieht kaleidoskopartig ihre Kindheit vorüber. Nur der Neuling ist noch übrig. An ihn wendet sich Gideon: »Passen Sie auf. Meine Schultern liegen in einer Linie mit meinen Hüften, mein Standbein ist rechtwinkelig aufgesetzt, mein Trittbein ist gestreckt. Bewegen Sie sich nicht. Ich werde Sie nicht berühren. Ich deute nur an, wie der Schlag geführt wird. Halten Sie still.«
    Noch während er spricht, retiriert der Neuling in immer wilderen Sprüngen, Gideon mit einem brüllenden »Mikshoda!« hinter ihm her, bis er ihn mit dem gestreckten Bein erreicht hat, die Schultern in einer Linie mit den Hüften. Ein markiger Tritt in den Hintern befördert den Neuling gegen die Wand. Da sich an dieser Stelle zufällig die Türe befindet, kommt er nicht mehr zurück.
    Ich beginne zu verstehen, warum diese Klasse so wenig Schüler hat.
    »Gideon behandelt uns mit Glacehandschuhen, weil wir Intellektuelle sind«, informiert mich der Innenarchitekt. »Sie sollten ihn mit den jungen Kibbuzniks arbeiten sehen .«
    Je länger ich Gideon beobachte, desto klarer glaube ich zu erkennen, worin das Geheimnis des Karate besteht: es ist der japanische Schrei. Eine Erinnerung an meine Schulzeit steigt in mir auf, an einen Knaben namens Tibor Gondos, der jede Klasse mindestens zweimal machen mußte. Und dabei war er nicht einmal ein besonders guter Fußballer. Aber als Raufbold war er sehr gut. Wenn er sich anschickte, jemanden zu verprügeln, verzerrte sich sein Gesicht mit den blutunterlaufenen Augen zu einer grauenhaften Grimasse, und wenn er dann wirklich losging, stieß er einen so furchtbaren Schrei aus, daß die meisten seiner Gegner sofort klein beigaben. Sie ahnten nicht, daß sie einem geborenen Karate-Meister unterlegen waren. Ein Wütender oder einer, der die Wut überzeugend spielen kann, ist jedem Gegner von vornherein überlegen. Danach richtet sich ja auch die Farbe des Gürtels. Der junge Neuling zum Beispiel wird lange einen blütenweißen Gürtel tragen.
    Noch ehe meine Überzeugung, daß alles vom richtigen Brüllen abhängt, sich gefestigt hat, belehrt mich der Innenarchitekt eines anderen.
    »Konzentration ist alles«, sagt er. »Eigentlich besteht das ganze Karate nur aus Konzentration. Vorige Woche provozierte Jobbi Katschkes, unser Schwergewichtsmeister im Ringen, einen Streit in einem Restaurant in Jaffa. Er war schon ein wenig betrunken. Und an wen geriet er? An ein Mitglied der japanischen Handelsdelegation, die zur Mustermesse nach Tel Aviv gekommen war. Er nannte ihn einen gelben Affen, schüttete ihm Bier ins Gesicht, schnitt Grimassen und benahm sich überhaupt wie ein Irrer. Der Japaner lächelte höflich und schwieg. Sie wissen ja, Japaner sehen wie Kinder aus, klein und zierlich, nichts als Haut und Knochen, man fürchtet sich in die Suppe zu blasen, wenn einer in der Nähe ist, vielleicht bläst man ihn weg. So weit, so gut. Plötzlich macht Katschkes eine ordinäre Bemerkung zu einer Dame der japanischen Delegation. Da
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