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Beichte eines Verfuehrers

Beichte eines Verfuehrers

Titel: Beichte eines Verfuehrers
Autoren: Hart Megan
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Ich bin nicht eifersüchtig.“
    „Ich hab einfach keine Ahnung, was mit dir los ist, Joe.“
    „Nichts ist los.“
    Ich studiere seinen Gesichtsausdruck. „Gehst du?“
    „Ja. Ich muss morgen früh raus.“
    „Ich dachte, du bleibst über Nacht.“ Es kann ja nicht schaden, lieb zu ihm zu sein.
    „Ich kann nicht, tut mir leid.“
    Ausgenommen, er lässt mich nicht lieb sein. Ich blicke ihn vorwurfsvoll an.
    „Also gut, aber vergiss nicht, dass wir morgen mit meinen Eltern zum Abendessen verabredet sind. Und Freitag haben wir einen Termin mit Pastor Harris.“
    „Das vergesse ich nicht.“
    „Gut. Lass uns nicht streiten, Liebling. So etwas macht mich traurig.“ Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihn auf den Mund zu küssen.
    Joe dreht sich weg.
    Damit erwischt er mich auf dem falschen Fuß, und mein Kuss landet irgendwo zwischen seinem Hals und seiner Wange. Ich ziehe mich zurück.
    „Küss mich.“
    Er reagiert nicht.
    „Joe!“
    Wieder seufzt er, aber er tut nichts.
    „Schau mal, Joe“, sage ich. „Es tut mir leid, wenn du verletzt bist, aber du musst nicht so kindisch sein.“
    Wortlos lehnt er sich an das Waschbecken und kreuzt die Arme. Das bringt mich völlig aus dem Konzept. Ich stampfe auf und stoße mir die Zehen an den kalten Fliesen.
    „Hör auf, mich zu ignorieren!“
    „Was ist meine Lieblingsfarbe?“
    „Wie bitte?“ Einen Moment lang weiß ich nicht, was ich sagen soll.
    „Welche Farbe“, wiederholt Joe langsam und geduldig, „ist meine Lieblingsfarbe?“
    Meine Hände ballen sich zu Fäusten. „Warum?“
    „Deine Lieblingsfarbe ist beige. Du magst Vanilleeis mit Schokoladensirup, aber du hasst Walnüsse in Brownies. Das macht aber nichts, du isst ja fast nie welche. Deine Schuhgröße ist sieben und dein zweiter Vorname lautet Anne.“
    „Und?“
    „Wie lautet mein zweiter Vorname?“
    Mir fällt bei dieser Frage die Kinnlade herunter. Das ist es! Ich kenne Joes zweiten Vornamen nicht – und er hat mir nie gesagt, dass er einen hat. Und darum steht er auch nicht auf den Einladungskarten … Ich schließe meinen Mund.
    „Er lautet übrigens Philip.“
    Mir gefällt die Richtung nicht, die diese Unterhaltung nimmt. „Schön. Ist es wegen der Einladungen? Wenn du deinen zweiten Vornamen auf den Einladungen haben wolltest, hättest du das einfach sagen können.“
    „Darum geht es mir nicht, Priscilla. Nicht um die Einladungen, nicht um das Essen und auch nicht um die Musik.“
    „Ich wusste es!“, rufe ich. „Das ist dir alles egal!“
    Joe reibt sich mit den Fingern die Augen. Er blickt mich nicht an, als er sagt: „Ich kümmere mich eben um die wichtigen Dinge.“
    Die Stille zwischen uns ist lang und belastet mich. Meine Stimme ist eisig, als ich antworte. „Wenn du damit meinst, ich kümmere mich nur um unwichtige Dinge, solltest du besser gehen.“
    Ich meinte es als Drohung. Aber Joe nimmt meine Worte offensichtlich dankbar an. Immer noch wortlos schiebt er sich an mir vorbei. Erst als er angezogen in meinem Schlafzimmer steht, finde ich meine Stimme wieder.
    „Wie kannst du von mir erwarten, all das zu wissen, wenn du es mir nie erzählt hast?“
    Er antwortet nicht.
    „Wenn du durch diese Tür gehst, denke bloß nicht, dass du zurückkommen kannst!“
    Joe hält an der Tür inne, ohne sich zu mir umzudrehen.
    „Du wirst es bereuen!“
    Meine Drohungen kommen schneller und werden wilder, wie kann er es nur wagen? Wie kann er mich verlassen, selbst wenn ich ihm sage, er soll es tun?
    „Dann ist alles vorbei!“, schreie ich.
    Und dann geht er.
    „Du kannst gerne sagen, dass du es mir prophezeit hast“, sagte Joe.
    „Nein, das will ich gar nicht.“
    Schweigend saßen wir nebeneinander. Ich fragte nicht, wie lange diese Episode her war. Es war bedeutungslos.
    „Warum hast du es ihr nie gesagt?“
    „Sie war glücklich, wie es war. Offensichtlich brauchte sie diese Dinge nicht zu wissen.“
    „Aber … du kanntest ihre Vorlieben. Hat sie dir von ihnen erzählt? Oder hast du ihr einfach mehr Aufmerksamkeit geschenkt?“
    Er seufzte. „Das ist jetzt auch egal.“
    „Darf ich dir eine Frage stellen?“
    Tief blickte er mir in die Augen. „Sadie, ich glaube, inzwischen kennst du mich gut genug, um mir jede Frage zu stellen.“
    Wir lachten beide, und es tat so gut, weil ich endlich wieder mehr hatte als meinen Kummer. „Wolltest du, dass sie nicht zu viel von dir wusste?“
    „Du meinst, ob ich scheitern wollte?“
    „Ja.“ Unsere Hände lagen
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