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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
Autoren: Dora Heldt
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hoch erhobenem Kopf an die Rezeption.
    Jessica wandte sich ihr dienstbeflissen zu und lächelte sie an. Anke musterte ihr Gesicht, dann das Namensschild und wieder ihr Gesicht. ›Und dazu noch dieses Dauergrinsen‹, dachte sie, ›typisch für solche Hotels. Alles ist gekünstelt und übertrieben.‹
    »Kerner.« Ankes Ton war etwas schroffer, als sie es gewollt hatte. »Anke Kerner. Für mich ist ein Zimmer bestellt.«
    »Herzlich willkommen, Frau Kerner. Ich hoffe, Sie hatten eine gute Anreise?«
    ›Das willst du nicht wirklich wissen‹, dachte Anke, sagte aber: »Danke. Sind Frau Goldstein-Wagner und   …«
    »Die Damen sitzen im Bistro. Ihr Zimmer hat die Nummer 141 im ersten Stock. Der Fahrstuhl ist gleich hier vorn. Brauchen Sie Hilfe beim Gepäck?«
    |52| »Nein.« Anke nahm sofort ihren Koffer. Bevor sie Trinkgeld fürs Tragen geben würde, machte sie das lieber selbst. »Wo ist denn die Treppe?« Sie hasste Fahrstühle.
    »Hier rechts. An der Bar vorbei.«
    Die Treppe war mitten in der Lobby. Während Anke ihren Koffer angestrengt hochwuchtete und dabei so auftrat, dass die Blase möglichst wenig pochte, bildete sie sich ein, dass alle Gäste, die in der Lobby standen, sie anstarrten.
     
    Ein paar Meter weiter im Bistro waren Doris und Katja mittlerweile beim zweiten Glas Sekt. Doris hatte versucht, Katja unauffällig zu mustern. Katja war immer noch gertenschlank und hatte kaum Falten. Vielleicht, wenn man ganz dicht an sie heranrückte, waren hier und da einige Minifalten um die Augen, aber die hatte Doris schon seit sie dreißig war.
    »Meine Güte.« Katja legte beide Handflächen an die Wangen. »Ich glühe schon. Und das nach zwei Gläsern Sekt.«
    »Ist dir warm?« Doris fühlte mit ihr, auch wenn sie im Moment nicht den Hauch einer Hitzewelle spürte. »Das kenne ich.«
    »Nein.« Katja nahm die Hände vom Gesicht und griff nach einem Glas Wasser. »Mir geht nur der Sekt so in den Kopf. Ich bin überhaupt nicht mehr an Alkohol gewöhnt. Zu Hause trinke ich nichts. Und deswegen haut mich Sekt am Nachmittag um.«
    Das war nun keines der Probleme, über die Doris reden wollte. Deshalb fragte sie nach einem Blick auf die Uhr: »Hat Anke dir denn gesagt, wann sie losfahren wollte?«
    Katja zuckte nur mit den Achseln. »Ich habe ihr gesagt, dass wir uns um sechs in der Bar treffen. Spätestens dann wird sie da sein.«
    |53| »Ich habe sie lange nicht mehr gesehen. Seit dem Essen im letzten Jahr in Hamburg. Wir haben nur ein paarmal telefoniert. Aber meistens rufe ich sie an. Sie hat ja auch nicht viel Zeit. Ich weiß gar nicht, was sie als Verlagsleiterin eigentlich macht, aber es muss ziemlich stressig sein.«
    Katja sah sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Mitleid an. »Verlagsleiterin? Und das glaubst du?«
    »Ja.« Jetzt war Doris verwundert. »Das hat sie doch bei dem Abitreffen erzählt. Dass sie den Verlag leitet. Also sie ist doch zumindest für einen großen Teil verantwortlich. Oder?«
    »Sie ist Redakteurin im Sachbuch. Das heißt, sie lektoriert Sachbücher über Hamster und Welpenaufzucht.«
    Ungläubig griff Doris zu ihrem Glas. »Echt? Aber sie hat was anderes erzählt. Du warst doch dabei. Du, das stimmt nicht. Sie ist im Verlag eine Art Chefin, sie lügt uns doch nicht an.«
    Katja schenkte Wasser nach. »Was heißt lügen? Vielleicht will sie es selbst glauben. Aber eine Freundin von mir, Judith, ist die Pressefrau in dem Verlag. Ich habe sie mal nach Anke gefragt. Daraufhin hat sie mir erzählt, dass unsere Anke in der Sachbuchredaktion sitzt und diese Haustierreihe betreut. Von wegen Verlagsleitung. Sie macht Bücher über Goldhamster und Guppies.«
    Doris war immer noch fassungslos. »Das glaube ich jetzt nicht. Verstehst du das? Hast du mal mit Anke darüber gesprochen?«
    »Wozu? Wir telefonieren vielleicht zweimal im Jahr und sie ahnt nicht, dass ich mit Judith befreundet bin. Wer weiß, warum Anke sich besser machen muss, als sie ist, aber es wird einen Grund haben. Ich bin allerdings nicht sicher, ob |54| ich den kennen möchte. Und dieses Wochenende müssen wir das auch nicht thematisieren. Ich hasse Probleme in Wellnesshotels.«
    Sie lächelte so hinreißend, dass Doris sich damit zufriedengab.
    »Von mir kommt nichts«, versicherte sie. »Ich habe noch nie von einer Judith gehört.«
    »Von wem?« Katja guckte unschuldig und hob ihr Sektglas. »Auf die eigenen Wahrheiten.«
    Sie prosteten sich zu, genau in dem Augenblick, in dem Anke das Bistro betrat.
     
    Da
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