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Behind A Mask

Behind A Mask

Titel: Behind A Mask
Autoren: Irina Meerling
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Kellner des Eiscafés räumen die frei werdenden Tische ab.
    Auch Kendrick und ich entscheiden, uns auf den Heimweg zu machen. Das Eis war genau richtig gewesen, als die pralle Sonne noch glühte. Aber nun macht sich eine leichte Gänsehaut auf meinem Körper breit.
    Wir erheben uns von den weißen Plastikstühlen und gehen die Gasse Richtung Süden entlang; den neueren Wohnblocks entgegen. Der größte Teil des Weges wird von hohen Häusern gesäumt, die fast durchgängig einen Schatten auf uns werfen.
    Ich verschränke schaudernd die Arme vor der Brust, um den Rest an Wärme bei mir zu behalten. Kendrick hingegen verzieht nicht einmal das Gesicht. Selbst bei minus zehn Grad würde er kein Wort über die Kälte verlieren – geschweige denn darüber, dass er friert. So gesprächig Kendrick auch sein mag, vieles behält er für sich. Er würde nie jammern. Nie Angst zeigen. Manchmal frage ich mich sogar, ob ich es merken würde, wenn ihn etwas bedrückt. Oder ob er dafür ein viel zu geübter Schauspieler ist. Ich bin es beim besten Willen nicht. Obwohl ich es mit der Zeit im Blut haben sollte. Tag ein, Tag aus läuft meine Generalprobe. Seit nunmehr vier Jahren. Und trotzdem weiß ich nie, ob mich jemand durchschaut. Durch die mühsam aufgebaute Maske hindurch. Möglicherweise ist es längst für jeden offensichtlich – dass Kendrick mir mehr bedeutet als ein Freund es vielleicht sollte? Möglicherweise wussten es die anderen noch bevor ich selbst auch nur daran gedacht habe?
    Denn es war für mich selbst schwer, es einzusehen und noch schwerer zu akzeptieren, dass ich schwul bin. Wie soll ein Junge, damals inmitten der Pubertät, auch damit umgehen, dass er sich in einen anderen Jungen verliebt hat? Ich erschrak vor dieser Erkenntnis und entschied, es so lange für mich zu behalten, bis ich selbst damit klarkam. Doch je länger ich nun meine Homosexualität für mich behalte, umso schwieriger erscheint mir ein baldiges Coming Out. Vor allem vor Kendricks Reaktion fürchte ich mich. Ihn zu verlieren, wäre unvorstellbar.
    Kendrick ist kein schlechter Mensch – ansonsten hätte ich mich auch gar nicht erst in ihn verlieben können. Er denkt bloß in manchen Dingen wie die Allgemeinheit es nun einmal tut … Er hat sich zwar noch nie über Schwule lustig gemacht oder sie gar beschimpft, aber schon einige Male brachte er unmissverständlich zum Ausdruck, dass er sie – die Schwulen – nicht verstehe. Dass er nicht verstehe, wie man als Mann einen anderen anziehend finden könne, warum man überhaupt schwul wurde und ob es denn so schwer sei, es zu ändern …
    Wie will man schon beeinflussen, wen man liebt? Und wie soll man sich nach Wunsch entlieben? Jeder, der das schon einmal versucht hat, weiß, dass alle Bemühungen zum Scheitern verurteilt sind. Wären sie es nicht, gäbe es keinen Liebeskummer. Die Liebe lässt sich nun mal nicht lenken oder gar verbieten. Und warum überhaupt sollte das wertvollste aller menschlichen Gefühle behindert werden? Es ist wunderschön, das zarte Prickeln in der Bauchgegend zu spüren, wann immer man diese eine Person ansieht oder von ihr schwärmt.
    Nur, so schön das kribblige Gefühl der Verliebtheit auch sein mag, so schmerzhaft ist es auch manchmal. Allein der Gedanke daran, Kendrick durch mein Coming Out zu verlieren, nagt ununterbrochen an mir. Ich wage nicht einmal, mir seine Reaktion auszumalen, wenn ich ihm meine Gefühle gestehe – gestehe, dass ich etwas für ihn empfinde. Mit welch einem Ausdruck in den Augen würde er mich ansehen? Und was würde sich dahinter verbergen? Bloße Verwirrung? Oder doch Abscheu?
    Da ist dieser Wunsch in mir, mich ihm zu öffnen. Ihm zu sagen, dass ich nicht einmal aufwachen kann, ohne sofort an ihn denken. Dass es unmöglich ist einzuschlafen und nicht von ihm träumen. Und ebenso möchte ich Kendrick erklären, dass es sich nicht ändern lässt. Ich verlange ja nicht, dass er sich auch in mich verlieben soll. Das geht ohnehin nicht auf Wunsch. Er soll mich bloß verstehen und wissen, dass ich es oft genug schon versucht habe. Ihm zuliebe. Denn ich befürchte, mein bester Freund will nicht von mir begehrt werden. Er will nicht die Person sein, die in meinen Fantasien auftaucht – will nicht der Grund für meine erotischen Tagträume sein. Fantasien und Tagträume, für die ich mich schäme. Denn sie geben mir das Gefühl, Kendrick zu hintergehen.
    Trotzdem gibt es immer wieder auch die Momente neben den Vorwürfen, in denen ich all
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