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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer
Autoren: Marie Christen
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zerstreute sich, sobald er verschwunden war, und Mathieu erreichte mit Violante und Eudora unbehindert das Gasthaus, wo auch für sie die Pferde bereitstanden.
    In der Kammer blieb ihnen nur ein kurzer Augenblick der Ungestörtheit unter vier Augen. Er nutzte ihn, um Violante in den Arm zu nehmen und sanft auf die Stirn zu küssen. Er ahnte, was sie fragen wollte.
    »Ich werde es nie bereuen«, sagte er. »Und ich werde alles tun, damit auch du es nicht bereuen wirst. Ich will nur die Befugnis, dieses Kind und dich zu schützen. Alles Weitere stelle ich dir anheim. Ich fordere weder das Recht des Brautgemachs noch das gemeinsame Lager, wenn es das ist, was du fürchtest. Du bleibst auch weiterhin die Herrin deiner Gefühle und deiner Entschlüsse. Ich schwöre es dir, wie ich dir Schutz und Treue schwor.«
    »Ich fürchte nichts. Ich vertraue Euch mein Leben und mein Kind an.«
    »Dann lass uns nach Hause reiten.«
    »Nach Hause.«
    Dieses Wort hatte etwas Wunderbares. Es war so einfach und bedeutete doch so unendlich viel.

Epilog
     
     
     
    V IOLANTE VON A NDRIEU
    Burg von Andrieu, 11. April 1314
     
    Eudora hatte es innerhalb kürzester Zeit verstanden, sich in Andrieu Respekt zu verschaffen. Sie liebte ihre neue Stellung als Haushofmeisterin und versäumte nie, ihre damit verbundene Autorität zu unterstreichen. Mabelle von Andrieu war vor Jahresfrist in das Kloster der Benediktinerinnen von Baume-les-Dames eingetreten, und niemand weinte ihr eine Träne nach. Die Witwe hatte die Heimkehr ihres Bruders höchst ungnädig hingenommen. Weder war sie damit einverstanden gewesen, dass er sich des betrügerischen Burgvogts entledigte, noch billigte sie die Tatsache, dass er ausgerechnet eine Courtenay zur Frau genommen hatte. Die Geburt ihres Neffen, ganze sieben Monate nach der Eheschließung, hatte die kurzzeitige Hoffnung in ihr geweckt, das Kind möge schwach und kränklich sein. Durch den Tod ihres eigenen Sohnes war sie äußerst missgünstig geworden, und ihre Entscheidung, letztendlich den Schleier zu nehmen, hatte nicht nur Eudora erleichtert aufatmen lassen.
    Die Geburt ihres Sohnes Simon hatte Violante reifer und weiblicher gemacht. Sie hatte endlich ihren Platz im Leben gefunden.
    Mit großem Eifer verfolgte sie alles, was auf Andrieu und Courtenay geschah, und nichts blieb ihrer Umsichtigkeit verborgen. Den Kräutergarten hatte sie selbst angelegt, und jeder Kranke fand inzwischen den Weg zu ihr. Sie war die gute Seele des Lehens geworden, das unter Mabelle von Andrieu keine Seele besessen hatte.
    Nun stand Ostern vor der Tür, und es bereitete ihr großes Vergnügen, dieses Fest vorzubereiten. Gerade war sie dabei, die Osterkerzen zu ziehen, als sie von einem Kinderkreischen abgelenkt wurde.
    Ein Blick aus dem offenen Fenster der Werkstatt zeigte Mathieu, der auf Odysseus saß. Vor ihm auf dem Sattel ihr kleiner Sohn, die Fäuste fest in die Mähne des mächtigen Streitrosses vergraben.
    »Was macht der Herr denn da?«, entsetzte sich Eudora. »Das ist doch viel zu gefährlich für den Kleinen.« Violante schwieg. Ihre Blicke glitten von dem dunkelhaarigen Knaben zu seinem Vater. Jedes Mal erfüllte es sie mit großer Freude, wenn sie sah, welche Zuneigung beide miteinander verband.
    Mathieu war eigentlich nur wirklich fröhlich und ausgelassen, wenn er sich mit Simon beschäftigte. Er tat alles, was dem Kleinen ein Lachen entlockte, und der dankte es ihm mit überschwänglicher Hinwendung. Immer öfter wünschte sich Violante, dass diese Fröhlichkeit von Mathieu auch manchmal ihr gelten würde.
    Als könnte Eudora ihre Gedanken lesen, sagte sie auf einmal zu ihr: »Er ist einsam. Er hat nur ihn.« Violante sah sie erstaunt an. »Mathieu?«
    »Ja. Du sorgst dich um jede Seele in diesem Lehen, vom Müller am Fluss bis hin zur Tochter des Köhlers im Wald, der du Arbeit am Webstuhl gegeben hast. Warum kümmert dich ausgerechnet sein Wohl so wenig?«
    »Wie kannst du das sagen? Mir liegt sehr viel an ihm und seinem Wohlbefinden.«
    »Ich glaube, dass du hinter deiner Arbeit dein schlechtes Gewissen verstecken willst. Selbst wenn du diese Burg in das perfekteste Gemeinwesen verwandelst, so änderst du nichts daran, dass du deine Pflichten als Ehefrau versäumst. Es kann dir nicht entgangen sein, dass er dich liebt.«
    »Das ist…«
    Violante errötete und brach ab, während Mathieu und das Kind in gemächlichem Trab näher kamen. Sie hatte die Vorstellung, nach Simon wieder einen Mann zu lieben, weit von
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