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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer
Autoren: Marie Christen
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sein reiner Glaube früher oder später mit der Institution Kirche in Konflikt bringen würde.«
    »Ihr könnt nicht alle Verantwortung der Welt auf Eure Schultern laden.«
    Mathieu war sich nicht bewusst, dass er Violante mit seinem kräftigen Händedruck Schmerzen bereitete. Sie ertrug es schweigend, denn seine Stärke versprach ihr Schutz und Trost. »Es gab nur zwei Menschen in meinem Leben, die mir alles bedeuteten. Mein Vater und mein Bruder. Ich habe beide verloren. Mit diesem Kind bekommt mein Dasein vielleicht wieder einen Sinn. Es ist Simons Sohn!«
    »Es könnte auch ein Mädchen sein.«
    Er beachtete ihren Einwurf nicht. Er senkte die Stirn auf ihre verschränkten Hände, und es war ihm einerlei, dass Violante die Tränen spürte, die er sich verbot und dennoch weinte. »Simons Kind«, wiederholte er erschüttert. Er vermochte nicht zu sagen, wie lange sie beide reglos gesessen hatten. Jeder erfüllt von den Gedanken an Simon, der am anderen Ende des Königreiches nichts von all dem ahnte, das hier in Vienne geschah. Dann hob er plötzlich den Kopf. »Ihr werdet mich heiraten.«
    »Nein.«
    Die Antwort erfolgte so schnell aufeinander, dass sie beide verstummten und sich ansahen.
    Wieder war Mathieu in den gleichen Fehler verfallen. Es war falsch, eine Forderung zu stellen.
    »Lasst dieses Ungeborene nicht unter den Folgen Eurer Entschlossenheit leiden«, mahnte er jetzt behutsam. »Es braucht einen Namen und einen Vater. Ebenso wie Ihr einen Gatten braucht, wenn es nicht das verächtliche Dasein eines Bastards führen soll.«
    Sie wich seinem Blick aus, um ihm zu zeigen, dass sie all diese Gründe selbst schon überdacht hatte.
    »Ich kann es nicht«, vernahm er ihre gepeinigte Stimme. »Es wäre ein Treuebruch. Ich liebe Simon. Ich darf sein Andenken nicht verraten…«
    Der nicht vollendete Satz bewies ihm, wie sehr sie mit sich selbst im Kampf lag, doch er zweifelte keinen einzigen Augenblick daran, dass sie am Ende das tun würde, was für das Kind am besten war.
    »Eines weiß ich sicher, Simon würde unsere Heirat billigen. Hat er Euch nicht meiner Obhut anvertraut? Denkt Ihr, es wäre in seinem Sinne, diesem Kind den Namen Andrieu zu verweigern?«
    »Ihr quält mich!«
    »Nichts liegt mir ferner. Ich werde Euch niemals bedrängen, aber Ihr müsst die Entscheidung treffen, und es eilt. Je weniger Zeit zwischen unserer Eheschließung und der Geburt liegt, umso glaubwürdiger wird es, dass ich der Vater des Kindes bin. Ein Bastard besitzt kein Recht. Denkt daran, Ihr schenkt vielleicht dem künftigen Erben von Andrieu das Leben.« Sie vergrub das Gesicht in den Handflächen, und Mathieu berührte besänftigend ihren schmalen reglosen Rücken. Wie oft würde er sie noch trösten müssen, wenn sie um Simons Verlust weinte?
    Würde dies künftig sein Leben sein? Violantes Trauer und Sehnsucht mit ansehen zu müssen, ohne sie lindern zu können? Nein, dies war nicht der Zeitpunkt für Eifersucht. Er musste einen klaren Kopf bewahren und Entscheidungen treffen. »Schon morgen werden wir Vienne verlassen. Befehlt Eurer Kammerfrau zu packen und richtet Euch darauf ein, dass wir nach Sonnenaufgang aufbrechen. Wir werden auf dem Fluss bis Chalon reisen. Es dauert vielleicht ein wenig länger, aber es verkürzt die Zeit, die Ihr im Sattel verbringen müsst.« Er spürte, wie sie sich aufrichtete. »So schnell?«, hörte er sie verzagt fragen. Er schüttelte den Kopf.
    »Unser erstes Ziel ist St. Denis. Der König will das Christfest in der dortigen Benediktinerabtei verbringen. Er hat mich zum Bericht geladen, und ich benötige zudem sein Einverständnis, die Dienste bei ihm zu quittieren, um das Lehen von Andrieu übernehmen zu können.« Violante erhob sich.
    »Ich werde alles in die Wege leiten. Die Reise wird mir Zeit lassen, mich an den Gedanken einer Heirat mit Euch zu gewöhnen.«

D REIUNDZWANZIGSTES K APITEL
    Ziele
     
     
     
    M ATHIEU VON A NDRIEU
    In der Kathedrale von Sens, 25. Dezember 1311
     
    Mathieu betrachtete das erstaunte Gesicht Violantes, die sich nach dem Segen des Erzbischofs von Sens erhoben hatte und langsam aus der Kathedrale schritt. »Der Reichtum dieses Gotteshauses macht mich staunen«, flüsterte sie gedämpft, und ihre Kopfbewegung umfasste das dreischiffige Kircheninnere und seine verschwenderische Ausstattung. »So prächtig ist nicht einmal der große Dom von Notre-Dame in Paris geschmückt. Warum häuft die Kirche solchen Reichtum an?«
    Wie kennzeichnend für die junge
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