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Beck Wissen - Materie - Von der Urmateria zum Leben

Beck Wissen - Materie - Von der Urmateria zum Leben

Titel: Beck Wissen - Materie - Von der Urmateria zum Leben
Autoren: Klaus Mainzer
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die Rolle des Lebens bei der Entstehung der Biosphäre. Für die Anhänger der Gaia-Hypothese waren archaische Lebensformen immer schon beteiligt, während das anorganisch-geochemische Modell dem Leben nur eine geringe Rolle bei der Entstehung und späteren Stabilisierung des Klimas zubilligt.
    Unbestritten ist die Rolle von frühen Lebensformen bei der Bildung von Sauerstoff. Durch die Wirkung von Sonnenlicht entsteht bei der Photosynthese aus Kohlendioxyd und Wasser organische Materie. Der dabei freigesetzte Sauerstoff wird schließlich in die Atmosphäre geführt. Ein hinreichender Sauerstoffgehalt der Atmosphäre war für die Evolution von Lebensformen auf dem Festland entscheidend. Zudem filterte Sauerstoff die ultraviolette Strahlung des Sonnenlichts, die für Biomoleküle wie DNS gefährlich sind. Erst nachdem hinreichend Sauerstoff in der Atmosphäre vorhanden war, um Ozon als Schutz gegen Ultraviolettstrahlung zu bilden, war Leben außerhalb des Wassers möglich. Diese komplizierten materiellen Rückkopplungsprozesse auf der Erde sind heute von großer Aktualität. Mittlerweile gefährdet der Mensch mit den Materialflüssen seiner eigenen Vermehrung und seines Wirtschaftens ihre fragilen Gleichgewichte.
     
     
2. Molekulare Bausteine des Lebens
     
    Heute gelten Biochemie und Molekularbiologie als Erklärungsgrundlagen der Lebensvorgänge von einfachen Organismen wie Algen, Viren und Bakterien bis zu den höheren Pflanzen-und Tierformen. Bereits in der ,unbelebten‘ Materie der Atome und Moleküle lassen sich konservative und dissipative Selbstorganisationsprozesse nachweisen, die vom Aufbau der Kristalle und molekularer Riesencluster über Wolken- und Strömungsmuster bis zu pulsierenden chemischen Uhren reichen. Auf mikroskopischer Ebene finden dazu bereits Selektionsvorgänge statt, bei denen sich bestimmte atomare oder molekulare Reaktionsmuster durchsetzen und dem gesamten materiellen System ihre Ordnungsmuster aufprägen. Von biologischem Leben wird heute aber erst dann gesprochen, wenn die Selbstorganisation der Materie sowohl auf molekularen Metabolismus als auch molekulare Selbstreplikation zurückgreift. Im Zentrum des Interesses beim Übergang von der jUnbelebten‘ zur ,belebten‘ Materie steht daher heute die Frage nach dem Ursprung und der Funktion eines gengesteuerten Vererbungsmechanismus in der präbiotischen Evolution. {65}
    Als gemeinsame chemische Bausteine aller lebenden Organismen stellt die Biochemie organische Kohlenstoffverbindungen heraus. Proteine werden auf Aminosäuren zurückgeführt.
    Das trifft insbesondere für Enzyme zu, die katalytisch beim Stoffwechsel, den Lebensfunktionen und der Fortpflanzung mitwirken. Die Aminosäuresequenzen der Proteine sind weitgehend nach demselben Bauprinzip (,genetischer Code‘) geordnet. Es handelt sich um Kombinationsmöglichkeiten von sogenannten Nukleotiden, die chemische Bausteine der Nukleinsäuren (RNS oder DNS) sind. Ein Nukleotid besteht aus einem Zuckermolekül, einer Phosphatgruppe und einer von vier stickstoffhaltigen Basen. Im Fall von DNS (Desoxyribonukleinsäure) handelt es sich um Adin (A), Guanin (G), Cytosin (C) oder Thymin (T). Bei RNS (Ribonukleinsäure) ist Thymin durch Uracil (U) ausgetauscht.
    In der Sprache der Informationstheorie werden diese Basen als ,Alphabet‘, A, G, C, T oder U, ihre chemische Kombinationsmöglichkeiten als genetischer Code‘ oder ,genetische Information‘ bezeichnet. Bei dieser Redeweise muß man sich allerdings darüber klar sein, daß es sich um den Informationsbegriff der mathematischen Informationstheorie handelt, der für Informationsverarbeitungsprozesse weder ein „höheres Bewußtsein“ noch menschliche Technik und Kultur voraussetzt. Es handelt sich also um eine zutreffende mathematische Modellierung und nicht um das philosophische Scheinproblem, wie der ,Geist‘ als Information‘ in die ,Materie‘ gefahren sei.
    Obwohl die Erbinformationen in der biologischen Evolution weitgehend durch die stabilere DNS übermittelt werden, gibt es Gründe zu der Annahme, daß in der präbiotischen Evolution das genetische Vererbungssystem bei RNS-Molekülen entstanden ist. {66} Die Ribonukleotide lassen sich nämlich leichter synthetisieren als Desoxyribonukleotide. Unter dieser Voraussetzung müßte sich die Forschung auf die Frage konzentrieren, wie RNS und ihr Selbstreplikationsmechanismus in der präbiotischen Evolution entstanden sind. Bereits Darwin und später vor allem Boltzmann
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