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Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
Autoren: Dieter B. Hermann
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im Erscheinungsbild des Kosmos gibt. Die unvermeidliche Folge war allerdings die Annahme, daß die zunehmende Verdünnung der mittleren Materiedichte infolge der Expansion durch „spontane Materieentstehung“ im Raum zwischen den Galaxien ausgeglichen wird. Die Anhänger der Hypothese argumentierten, die Idee einer ständigen Neubildung von Materie aus dem „Nichts“ sei letztlich nicht widersinniger als die andere Annahme, das gesamte Universum sei im Moment des Urknalls entstanden oder „erschaffen“. Noch in den fünfziger Jahren gab es keine definitive Entscheidung über die beiden konkurrierenden Hypothesen. Doch inzwischen gibt es keinen Zweifel mehr daran, daß die „Urknall-Hypothese“ die Geschichte des Weltalls im wesentlichen richtig beschreibt. Zwei amerikanische Radioastronomen, Arno Penzias und Robert Wilson entdeckten nämlich im Jahre 1965 (zufällig) eine aus allen Richtungen des Universums kommende Radiostrahlung der Wellenlänge 7,3 cm. Nach der Planckschen Strahlungstheorie entspricht dieser Strahlung eine Temperatur des Strahlers von rd. 3 K -knapp über dem absoluten Nullpunkt. Wir befinden uns inmitten dieses Strahlers, denn es handelt sich um ein Relikt, gleichsam das „Echo des Urknalls“. Ist das Universum tatsächlich aus einem superdichten, superheißen Feuerball hervorgegangen, so muß sich das einstmals heiße Photonengas infolge der Expansion immer weiter abkühlen. Für die Gegenwart findet man rein rechnerisch eine Temperatur von genau jenen 3 K, die Penzias und Wilson festgestellt haben. Das war der Todesstoß für die „Steady-State-Theorie“.
    Nun mußte man sich intensiv mit dem Geschehen in einem ursprünglich extrem dichten und heißen Universum beschäftigen; es entstand die Aufgabe, die Geschichte des Kosmos mit den Hilfsmitteln der uns zu Gebote stehenden physikalischen Gesetze zu beschreiben und die daraus abgeleiteten Konsequenzen mit den der Beobachtung zugänglichen Daten zu vergleichen. Dabei kam auch die Antimaterie wieder ins Spiel.
     
     
Rezepte für den Anfang
     
    Als das Universum zu expandieren begann, sanken Temperatur und Dichte rasch. Während wir mit den Hilfsmitteln der Physik über den Zustand unendlich hoher Dichte und Temperatur keine Aussagen zu machen vermögen, führt die Ausdehnung des Universums sehr schnell zu Verhältnissen, die wir mit unseren heutigen Kenntnissen bereits verstehen können.
    Schon eine einzige Sekunde nach dem „Urknall“ betrug die Temperatur „nur noch“ 10 Milliarden Kelvin. Dieser immer noch unvorstellbar hohe Wert überschreitet die Temperaturen im Innern der heißesten Sterne lediglich noch um den Faktor 100. Die Temperatur des Universums, zugleich ein Maß für die Energie der darin enthaltenen Teilchen, hatte einen entscheidenden Einfluß auf die Vorgänge, die sich damals abgespielt haben. Die Temperatur bestimmt nicht allein, ob sich Teilchen zu Atomen zusammenfügen können, sondern auch, welche Teilchen überhaupt existieren. Von der Energie hängt es nämlich ab, welche Massen gemäß E = m × c 2 entstehen können, und zwar stets paarweise: Teilchen und Antiteilchen. Für die Bildung von Elektron-Positron-Paaren reichen schon vergleichsweise geringe Energien aus; wir erinnern uns an die früher erwähnten 511 keV! Zur Bildung von Elektron-Positron-Paaren ist bereits eine Temperatur von 6 Milliarden Kelvin hinreichend. Liegt die Temperatur höher, entstehen sie ebenfalls, übernehmen aber die zusätzlich vorhandene Energie in Form entsprechend hoher Geschwindigkeiten. Bei geringeren Temperaturen (Energien) können jedoch Elektron-Positron-Paare nicht entstehen. Schwerere Teilchen erfordern höhere Temperaturen. So ist z. B. zur Erzeugung von Myonen eine Temperatur von 1,2 Billionen Kelvin erforderlich.
    Da die Teilchen stets paarweise entstanden, gab es ein Gleichgewicht zwischen Teilchenentstehung und -zerstrahlung. Die Zahl der Photonen entsprach der Zahl der Teilchen. Lediglich die entstandenen Neutrinos und Antineutrinos haben an diesem Vorgang nur eingeschränkt teilgenommen, da sie äußerst geringe Wechselwirkungen eingehen. Ist unser Bild von den frühesten Anfängen des Universums richtig, erwarten wir auch heute noch Neutrinos und deren Antiteilchen in Hülle und Fülle im Weltall. Ihre Energie ist allerdings inzwischen so niedrig, daß wir sie gegenwärtig nicht nachweisen können. Sollten sie allerdings eine - wenn auch noch so geringfügige -Masse besitzen, könnten sie insgesamt einen
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