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Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
Autoren: Dieter B. Hermann
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CPT-Theorem. Es besagt, daß alle Naturgesetze unverändert erhalten bleiben, wenn man die drei Transformationen C, P und T nacheinander ausführt. Die Reihenfolge ist dabei gleichgültig. Das Theorem macht allerdings keine Aussage über die Gültigkeit der einzelnen Symmetrien für sich allein. Zu den rätselhaften Teilchen einer jeden „Großen Vereinheitlichten Theorie“ zählen die experimentell nicht bekannten sehr schweren X-Teilchen. In frühester Zeit, bei den extrem hohen Temperaturen, die bis etwa 10 -35 Sekunden nach dem Urknall geherrscht haben, gab es diese X-Teilchen jedoch in Hülle und Fülle. Die X-Teilchen sind nach den Vorstellungen der Elementarteilchentheoretiker jene Zwischenteilchen, über die sich der Zerfall von Protonen vollzieht. Solche Protonenzerfälle hat man bisher leider noch nie beobachtet. Sie sind jedoch unabdingbar, um den in der tiefen Vergangenheit des Universums entstandenen Überschuß der heute dominanten Materie über die Antimaterie zu verstehen. Übrigens reicht es zur Herausbildung eines solchen Überschusses nicht aus, daß Quarks und Protonen sowie Antiquarks und Antiprotonen zerfallen können. Vielmehr muß der Zerfall von Protonen in Positronen langsamer vonstatten gehen als der Zerfall von Antiprotonen in Elektronen. Dazu ist eine Verletzung der Symmetrie der Naturgesetze in einer genau dosierten Weise erforderlich. Zunächst scheint klar, daß es sich um eine Verletzung der C-Symmetrie handeln muß, die ja die Identität der Naturgesetze für Teilchen und Antiteilchen zum Ausdruck bringt. Doch auch dies allein ist nicht hinreichend, da es für die Bilanz Teilchen - Antiteilchen ohne Belang ist, ob eine Reaktion oder ihr Spiegelbild abläuft. Ist nämlich die kombinierte Reaktion CP in Ordnung, so gäbe es völlige Gleichberechtigung der Reaktionen von Protonen und Antiprotonen. Die CP-Verletzung muß also so beschaffen sein, daß das Verschwinden eines Antiprotons wahrscheinlicher ist als das Verschwinden eines Protons. Dies ist tatsächlich der Fall, könnte aber noch neutralisiert werden, wenn ebensoviele Reaktionen in der umgekehrten Richtung abliefen. Wir benötigen also eine sehr genau austarierte Symmetrieverletzung der Naturgesetze gegenüber der CP-Spiegelung P bei gleichzeitiger Ladungsvertauschung C.
    Eine solche CP-Verletzung existiert tatsächlich, wie die beiden Physiker Joseph Cronin und Val Fitch Anfang der sechziger Jahre herausfanden. Damit fiel ein Dogma der Quantenmechanik, da man bis dahin fest davon überzeugt war, daß sich Teilchen und Antiteilchen exakt gleich verhalten, wenn man Ladung und Parität - die Raumorientierung - vertauscht. Die experimentellen Ergebnisse von Fitch und Cronin zeigten jedoch, daß es bei den sogenannten Kaonen eine geringfügige Differenz ihrer Lebensdauer gegenüber der ihrer Antiteilchen gibt, die allerdings nur 0,2% beträgt. Die CP-Verletzung war damit zwar bewiesen, aber noch keineswegs zufriedenstellend aufgeklärt. Der Effekt ist nicht nur extrem gering, sondern auch theoretisch schwer zu beschreiben. Ausgezeichnet geeignet für die Untersuchung der CP-Verletzung sind die B-Mesonen. Hier erwartet man nicht nur einen rd. 100mal größeren Effekt, sondern man ist auch in der Lage, den Effekt im Rahmen der gültigen Modellvorstellungen präzise vorherzusagen. Gegenwärtig sind drei Experimente zum Nachweis der CP-Verletzung bei B-Mesonen in Vorbereitung: in den USA, in Japan und in Deutschland bei DESY. Bei allen Experimenten geht es darum, möglichst große Mengen von B-Mesonen zu erzeugen und dann deren Verhalten zu studieren.
    Wie bereits erläutert, ist eine Folge der CP-Verletzung der Protonenzerfall. Fänden wir in irgendeinem Labor der Welt experimentell den Zerfall des Protons, so könnten wir zuverlässig schließen, daß unsere Überlegungen richtig sind und Antimaterie im Universum aufgrund seiner Lebensgeschichte heute nicht mehr vorkommt. Allein die Möglichkeit des Protonenzerfalls als Folge der Großen Vereinheitlichten Theorien hat zunächst unter den Physikern weithin für Verwirrung gesorgt. Denn nun waren auch die letzten für wirklich stabil gehaltenen Elementarteilchen, nämlich die Quarks sowie die aus ihnen bestehenden Protonen und Neutronen, unter die sterblichen Partikel gefallen. Daraus entstand folgerichtig die Idee eines sich allmählich auflösenden Kosmos infolge des spontanen Zerfalls aller Elementarteilchen. Etwas gemildert wurde dieser furchteinflößende Gedanke jedoch bald
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