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Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
Autoren: Dieter B. Hermann
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erstaunlichem Maße gesteigert werden: Lag man noch in den dreißiger Jahren bei einigen hundert Kiloelektronenvolt (keV), so brachte es das Zyklotron schon in den vierziger Jahren auf fast 50 Megaelektronenvolt (MeV). Mit dem Synchrozyklotron gelang es um 1970, Teilchen auf bis zu einem Gigaelektronenvolt (GeV) zu beschleunigen. Das Elektronensynchroton des Europäischen Zentrums für Kernforschung (CERN) in Genf erreicht sogar das 500fache dieses Wertes.
    Durch die Einführung neuer Beschleunigertypen sind die erreichbaren Höchstenergien in den vergangenen Jahrzehnten etwa alle sieben Jahre um den Faktor 10 angestiegen. Trotz der damit verbundenen höheren Kosten ist es gelungen, den finanziellen Aufwand je Gigaelektronenvolt drastisch zu senken. Schon bei Protonsynchrotons konnte man eine Reduktion des Kostenfaktors je GeV um den Faktor 20 erzielen, bei den noch leistungsfähigeren Protonenspeicherringen hofft man auf eine Kostensenkung je GeV um den Faktor 100. Die „Karussells“ für Winzlinge sind dennoch sehr teuer - aus den bescheidenen Anfängen der Laboratoriumsphysik zu Beginn des Jahrhunderts ist inzwischen eine wahrhafte „Big Science“ geworden. Was Wunder, wenn die großen Beschleuniger immer häufiger in multinationaler Zusammenarbeit konzipiert, gebaut und genutzt werden.
    Teilchen mit noch höheren Energien als sie gegenwärtig in irdischen Beschleunigern erzeugt werden können, gelangen mit der kosmischen Höhenstrahlung aus dem Universum zu uns. Die Partikel haben teilweise Energien, die um den Faktor eine Milliarde über den technisch erzeugbaren Teilchenenergien liegen. Allerdings hat der Experimentator bei der kosmischen Strahlung auf das „Angebot“ keinen Einfluß, er muß nehmen, was, wann und von wo es kommt. Die Durchführung gezielter und geplanter Experimente wird durch diesen Umstand natürlich stark eingeschränkt. Dennoch hat die kosmische Strahlung in der Geschichte der Elementarteilchenforschung eine beachtliche Rolle gespielt. Viele Elementarteilchen, die man heute auch in den Großlabors mit Beschleunigern erzeugen kann, entstehen nämlich bei der Wechselwirkung von hochenergetischen Teilchen der kosmischen Primärstrahlung mit den Bestandteilen der Erdatmosphäre. Sie wurden auf diese Weise entdeckt.
    Natürlich hat die Erforschung der kosmischen Strahlung hauptsächlich Bedeutung für das Verständnis von Vorgängen im Universum. Die Beantwortung solcher Fragen wie: Woher stammen die Teilchen?, auf welche Weise werden sie so stark beschleunigt? u. a., gestattet uns tiefe Einblicke in die Prozesse bei der Explosion von Sternen (Supernovae) oder in die Vorgänge in den Kernen von fernen Sternsystemen, aber auch in die physikalische Beschaffenheit der gewaltigen Räume zwischen den Sternen und Sternsystemen. Die besonders interessante Primärstrahlung, also das ursprünglich im Bereich der Erde eintreffende Teilchenspektrum noch vor der Wechselwirkung mit der Atmosphäre, kann allerdings nur unter Einsatz von Ballonen, Raketen und Satelliten sowie Tiefraumsonden studiert werden.
    In irdischen Beschleunigern kann man den Teilchen aus prinzipiellen Gründen keine beliebig großen Energien verleihen. Je weiter man die Teilchen beschleunigt, desto schwerer werden die Teilchen entsprechend der Speziellen Relativitätstheorie. Die in die Teilchen investierte Energie führt also in immer geringerem Maße zur Geschwindigkeitserhöhung, statt dessen aber zum Anwachsen der Partikelmassen, die sich deshalb der weiteren Beschleunigung immer stärker widersetzen. Die Dimensionen von Beschleunigern für höhere Partikelgeschwindigkeiten, und damit auch die Kosten, würden ins Unermeßliche steigen, bei minimalem Gewinn an Geschwindigkeiten.
    Doch da kam eine neue Idee ins Spiel, die bereits 1943 patentiert, aber lange Zeit unbeachtet geblieben war. Auch hatte es zunächst an den technischen Möglichkeiten zu ihrer Realisierung gefehlt. Die Grundidee besteht darin, daß die Teilchenstrahlen nicht - wie z. B. beim Kreisbeschleuniger - auf ruhende Teilchen treffen, deren Eigenschaften studiert werden sollen. Statt dessen werden in einem sogenannten Speicherring zwei Teilchenstrahlen gegenläufig geführt, so daß sie frontal zusammenstoßen. Allerdings sind die Chancen tatsächlicher Zusammenstöße wegen der Winzigkeit der Teilchen bei einmaliger Begegnung zweier Teilchenstrahlen extrem gering -selbst dann, wenn man die Strahlen durch Magnetfelder auf wenige Millimeter Querschnitt
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