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Baustelle Baby (German Edition)

Baustelle Baby (German Edition)

Titel: Baustelle Baby (German Edition)
Autoren: Sonya Kraus
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drangen zuerst seltsame Geräusche an mein Ohr, einem leisen Gewittergrollen ähnlich, gefolgt von einem zarten Knurren meines Babys. Noch bevor ein betörender Duft meine Nasenflügel in Alarm versetzen konnte, spürte ich, wie es an meinem rechtem Arm, auf dem der kleine Prinz thronte, warm wurde. Erschrocken wechselte ich das Baby in den linken Arm und parkte es auf meiner Hüfte. Etwa zeitgleich identifizierte ich den sich ausbreitenden Geruch.
    »Sonya?« An der seltsam zögerlichen Stimmlage meines Freundes erkannte ich, dass ich mit meiner Erkenntnis nicht mehr alleine war. Ich blickte ihn an und wusste, die Situation war ... beschissen. Er zog die Augenbrauen hoch und deutete mit vorsichtiger Zurückhaltung auf meinen rechten Ärmel des hellblauen, locker gewebten Kaschmirpullis, den ich gestern von meiner Mutter als Weihnachtsgeschenk bekommen hatte. Nein! Bitte nicht.
    Meine Augen wanderten hinab zu meinem Ärmel, und während ich die solide Schicht gelbbrauner Babykacke, die ins Maschengewebe einzog, analysierte, spürte ich, wie sich eine recht wohlige Wärme von meiner linken Taillenseite Richtung Oberschenkel hin ausbreitete. Ich wollte mich nicht mehr bewegen, einfach nur stehen bleiben und warten, bis mich jemand rettete.
    »Sonya?«, fragte mein Freund besorgt. In Zeitlupe – bloß nicht zu viel bewegen – drehte ich mich zur Seite und hob langsam das erleichtert seufzende Baby von meiner Hüfte. »Oh, Shit!«, kam es leise von meinem Kerl. Tja, eine treffende Analyse meines Gesamtzustandes. Mir lief die dünnflüssige Babykacke jetzt auch noch an der Jeans die Hüfte hinab.
    »Mama, hier stinkt's!« Ein etwa fünfjähriger Junge hinter mir war wohl mit meinem Eau de Cologne nicht ganz einverstanden.
    »Pst, ja, Julian, ist ja gut«, hörte ich die Mutter peinlich berührt zischen, was mir wiederum klarmachte, dass unsere »Situation« auch bei der Nachbarschaft wohl nicht unbemerkt geblieben war.
    »Boah! Das stinkt aber so ... mir wird schlecht!«
    Nun, Kindermund tut Wahrheit kund. Der junge Mann hatte vollkommen recht.
    Was die Übelkeit anbelangte, konnte ich mich ihm durchaus anschließen. Doch es gab für mich und mein tropfendes Baby kein Entrinnen. Hinter uns warteten ungeduldige Massen, und direkt vor uns versperrte die Sicherheitskontrolle den Fluchtweg zur nächsten Toilette.
    Mein Freund beschloss, aus der Not eine Tugend zu machen. Unverblümt quatschte er die Leute vor uns in der Schlange an. »Entschuldigung, wir haben hier einen kleinen Notfall!« Erbarmungslos schob er seine vollgeschissene Begleitung (mich) plus das tropfende Baby vor und teilte dabei die Schlange wie Moses das Rote Meer. Mit Lichtgeschwindigkeit hatten wir den Sicherheits-Check erreicht. Dazu sei nur so viel gesagt: Es war der kürzeste Security-Check, den ich je erlebt habe. Sollte ich jemals planen, Illegales an Bord eines Flugzeuges zu schmuggeln, jetzt weiß ich, wie's geht.
    Trotzdem kamen mir in meinem Zustand die Sekunden wie Stunden vor. Kaum hatte ich von der Sicherheitsbeamtin das Okay, schnappte ich die Wickeltasche, ließ Handtasche, Laptop, Handy einfach für meinen Freund im Kästchen liegen und wollte gerade als rasende Stinkbombe in Richtung Toiletten abzischen, als mich ein zartes, ungläubiges »Sonya Kraus?« stoppte.
    Der Fluchtweg wurde mir von einem baumlangen, schmächtigen Jüngling Anfang zwanzig versperrt, der mich mit knallrotem Gesichtchen und aufgeregt aufgerissenen Augen anstarrte.
    Als er realisierte, dass da vor ihm tatsächlich die TV-Tante stand, die ihm seit frühsten Teenie-Jahren sexy aufgehübscht die Fantasie beflügelte, strahlte er mich an, als wäre ich Aurora die Morgenröte. Dass ich gerade etwas gaaaanz anderes als Micromini und Glitzer-Top trug, war ihm noch nicht aufgefallen. Dann folgte das Unvermeidliche: »Können wir vielleicht ein Foto zusammen machen?«
    Ich sah ihm einen Moment lang tief und ganz ruhig in die Augen, schaute demonstrativ erst an mir hinab und anschließend auf mein leckgeschlagenes Baby. »Weißt du ...«, ich sah ihn wieder an, »... das ist im Moment vielleicht ein bisschen schlecht ...«
    Der große Junge folgte meinem Blick, nahm anscheinend zum ersten Mal das Baby, meine Dekoration und den lieblichen Geruch wahr – und das Lächeln erstarb auf seinem Gesicht.
    Tja, da gingen sie hin, all die schönen Fantasien über die sexy Blondine aus dem Fernsehen. Angeekelt schaute er an mir herab, sah mich an wie ein Kind, das eben entdeckt hat,
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