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BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

Titel: BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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heutigen Stand meines Wissens.
    JA. Ja, es ist durchaus möglich.
    Und ich danke Gott dafür, dass meine Suche vergeblich war.

    (Leland J. Copeland im August 1947)

2. Kapitel

    »Schwarze Sterne«

Yucca Springs, 1989

    »… die Katze ist kryptisch und
    vertraut mit seltsamen
    Dingen, die den Menschen
    verborgen sind …«
    (H.P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar)

    »Ich fragte mich, ob ich mir
    nicht den schwersten Weg
    ausgesucht hatte, ob mit
    einer Frau zusammen
    zu leben nicht die
    schrecklichste Erfahrung
    war, die ein Mann nur
    machen konnte, ob das
    hieß, seine Seele dem
    Teufel zu vermachen …«
    (Philippe Djian: Betty Blue 37,2' am Morgen)

    Ich liege wach in meinem Zimmer und zähle apathisch die zäh dahinkriechenden Sekunden. Der Schlaf will einfach nicht kommen. Der Wecker neben mir auf der Kommode tickt sich gerade in die dritte Stunde der Nacht. Aber ist es überhaupt Nacht? Trotz der fortgeschrittenen Zeit herrscht eine seltsame Helligkeit. Keine totale Finsternis, eher das trübe Nachmittagslicht während eines Gewitters im November. Aber es ist später Mai. Ob heute Vollmond ist? Frühe, viel zu heiße Sommernächte sind grausam.
    Da mich das sinnlose Hin- und Hergewälze noch nervöser macht, stehe ich schließlich auf. Ich trete ans weit geöffnete Schlafzimmerfenster und atme die milde Nachtbrise. Warm, seiden, streichelnd. Sie liebkost die unbedeckten Stellen meiner Haut. Die Luft ist nicht kühl oder frisch. Ich bezweifle, ob sie es vermag, mir die nötige Bettschwere zu verleihen. Im Gegenteil. Sie erregt mich, wühlt mich auf. Ich rieche den zarten Duft von Blüten; wie ein dezentes, unaufdringliches Parfüm schmeichelt es meiner Nase. Seide und Blütenduft. Der Nachtwind ist eindeutig weiblich. Wie eine zärtliche Frau umhüllt er mich, wie eine Geliebte, wie … eine Katze.
    Ihr Fell schimmert silbern, als sie lautlos über das Vordach an mir vorbei schleicht. Zwei winzige, nadelkopfgroße Sterne blicken mich drei, vier Herzschläge lang durchdringend an. Sie scheint etwas zu wittern. Ich weiß, was es ist. Noch immer haftet er an mir, an jedem Kleidungsstück, an jedem Gegenstand der Wohnung: jener Geruch. Eigentlich nur noch eine schwache Erinnerung an ihn. Aber die Katze dort hat feinere Sinnesorgane. Für sie ist er noch derart stark ausgeprägt, dass sie stutzig wird. Keine Vergangenheit, sondern Gegenwart. Für sie ist er noch lebendig. Ihr Geruch. Nataschas Geruch. Für die Katze ist Natascha noch lebendig. Glückliche Katze.
    Nach einem abschließenden prüfenden Blick setzt mein nächtlicher Besucher seinen Streifzug fort; mit drei eleganten Sprüngen entschwindet er meinen Augen.
    Ich betrachte die einsame Straße, die Lichtflecken der Laternen. Zerknülltes Papier trudelt im Wind. Leises Rascheln. Alles scheint verändert. Mein Blick wandert zurück auf das nun wieder leere Vordach. Die Katze ist nicht völlig verschwunden. Auch sie hat etwas hinterlassen. Etwas, das nur ich allein spüren kann, trotz meiner mittelprächtigen Sinne. Es ist die Erinnerung an einen Traum. Ein Traum, in dem Natascha und ich die Hauptrollen spielten.
    Wie viel Zeit ist seitdem verstrichen? Monate? Jahre? Jahrzehnte? Kann es sein, dass unser gemeinsames Glück vor erst sechs Wochen erlosch? Ich beginne zu zweifeln. Mir kommt diese Spanne wie eine Ewigkeit vor, beinahe ähnlich lang wie die Dauer unseres Zusammenseins.
    Unbeweglich stehe ich vor dem Fenster und starre in den sich nur allmählich aufklarenden, neuen Tag. An Schlaf ist nun nicht mehr zu denken. Wieder eine von diesen Nächten. Vor allem böse und finstere Erinnerungen drängen sich ständig in mein Bewusstsein, breiten sich dort aus wie ein unaufhaltsamer Steppenbrand. Diese Erkenntnis erfüllt mich mit Bitterkeit. Wenn es doch wenigstens die wenigen wundervollen Momente unserer Liebe wären, die mich nicht ruhen ließen. Aber nein, stets ist es das Ende, an das ich denken muss. Das hässliche Ende. Aber wie sollte ich es auch je vergessen können; schließlich gibt es für Nataschas grausamen Tod nur einen Verantwortlichen: Mich! Ja mich. Nicht die schwüle Nacht ist der Feind meines Schlafes, es ist das entsetzliche Wissen um meine Schuld. Warum musste ich auch so neugierig sein; wieso suchte ich alles im Verborgenen Schlummernde ans grelle Licht des Tages zu zerren, warum verschonte ich selbst Natascha nicht von dieser Sucht? Schöne, rätselhafte Natascha. Ich verfluche mich und mein Handeln, aber welchen Sinn kann dies jetzt
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