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BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

Titel: BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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tauchte sofort im Gewirr der Leute unter. Der größte Teil des Flüchtlingsstroms bewegte sich zwar nach Norden in Richtung ›Marina‹ und ›Presidio‹, kaum jemand beachtete aber den Irrläufer . Nur einmal sprachen Radd zwei besorgte Frauen wegen seines Ziels an. Er erzählte ihnen, er würde seine Tochter ins Park Emergency am Golden Gate Park bringen und eilte unbehelligt weiter.
    Erst als er nur noch wenige Blocks von seinem Haus entfernt war, verlangsamte er seine Schritte. ›Unsichtbarkeit‹ hin oder her, wenn er sich seiner Beute wirklich gefahrlos widmen wollte, musste er den Schutz der Dunkelheit abwarten. Er wandte sich also nach Osten und fand nach einigem Suchen in den Überresten einer ehemaligen Schuhmacherei den geeigneten Unterschlupf. Das Mädchen erwachte kurz, und Radd nutzte die Gelegenheit, um ihr den Rest des Weins zu geben. Aus Erfahrung kannte er den nützlichen Nebeneffekt des Alkohols: Durch seine Mithilfe verwandelte sich die Ohnmacht seiner kleinen Freundin übergangslos in eine schläfrige Benommenheit. Nur in diesem Zustand konnte er sie in seine Wohnung bringen. Ein gefesseltes und geknebeltes Mädchen hätte wohl dagegen selbst in den derzeit herrschenden Wirren für Aufsehen gesorgt.
    Das Glück war auch weiterhin auf Radds Seite; durch den immer dichter werdenden Rauch hatte die Dämmerung deutlich früher eingesetzt. Gegen 18 Uhr war es bereits stockdunkel.
    Radd wartete zur Sicherheit noch eine weitere Stunde und machte sich dann auf den Weg zur Pierce Street. Unterwegs begegneten ihm nur wenige Menschen, viele von ihnen saßen mitten auf der Straße an kleinen Feuern und bereiteten sich ihre Mahlzeiten zu. Wie er von Flüchtlingen erfahren hatte, war über die Stadt der Ausnahmezustand verhängt worden. Jedes offene Licht in den Häusern war bei Todesstrafe verboten.
    Erschöpft aber überglücklich erreichte er endlich sein Haus. Trotz des Verbots und seiner Abneigung gegenüber Feuer knipste er das gestohlene Feuerzeug an und leuchtete sich – umständlich seine Last balancierend – den Weg hinunter in den Keller. Hier war er in Sicherheit. Da der schmale, niedrige Raum kein Fenster besaß, würde auch kein Licht nach außen dringen. Und auch keine Schreie.
    Er legte das Mädchen auf eine Pritsche und deckte sie mit seinem Mantel zu.
    Zu schade, dass ich so erschlagen bin , dachte er. Wie gerne würde ich mein Geschenk schon heute auspacken. - Aber morgen wirst du mehr Freude daran haben , beruhigte er sich selbst. Und übermorgen. Und überübermorgen …
    Nach einem letzten wehmütigen Blick schlurfte er endlich hinaus. Die Tatsache, dass die Glühbirne für längere Zeit keinen Strom erhalten würde, bereitete ihm noch größeres Unbehagen. Nur äußerst widerwillig würde er Kerzen oder Öllampen mit nach unten nehmen.
    Er versperrte die finstere Zelle mit einer Lattentür und sicherte sie zusätzlich mit einem großen Vorhängeschloss. Auf dem Weg nach oben lächelte er. Für dieses engelhafte Wesen würde er selbst offenes Feuer in Kauf nehmen. Schließlich wollte er doch sehen, was er so mühsam ausgegraben hatte. Und zwar jede Einzelheit.
    Am nächsten Morgen war Radd schon sehr früh wieder auf den Beinen. Er sammelte das restliche Wasser, das sich noch in den Leitungen befand in einem Topf und brachte ihn zusammen mit einer Petroleumlampe in den Keller. Das Mädchen schlief noch immer.
    Behutsam begann er mit einem Schwamm, ihr Gesicht, sowie ihre Arme und Beine vom klebrigen Staub zu befreien. Mit jeder Schicht, die er abtrug, wurde die Schlafende schöner. Das dünne Nachthemd, das sie trug, verhüllte dabei kaum ihre übrigen Reize. Mit fiebrigen Bewegungen erkundete der Schwamm nach und nach auch diese Regionen.
    Das Wasser hatte eine belebende Wirkung; unter leisem Stöhnen kam das Engelswesen langsam wieder zu sich. Radd starrte in die dunkelsten Augen, die er jemals gesehen hatte.
    »Was ist geschehen? Wo bin ich?«, fragte sie verwirrt. Radd teilte ihr nur das Wichtigste mit. »Es hat ein Erdbeben gegeben«, sagte er, »ein sehr schweres. Die halbe Stadt ist zerstört. Du wurdest verschüttet. Ich kam zufällig vorbei und habe dich gerettet. Nun bist du in Sicherheit. Wir sind bei mir zu Hause. Du bist aber noch zu sehr erschöpft … du musst dich ausruhen.«
    Sein Gast wollte wissen, was mit den anderen Bewohnern ihres Hauses geschehen war, doch Radd drückte sie sanft auf ihr Bett zurück. »Es wird sich alles klären«, versprach er ihr, »aber
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