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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem
Autoren: Jonathan Stroud
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nicht ewig so bleiben, wenn Sie nicht endlich Erfolge zu vermelden haben! Schon wieder ein Zwischenfall? Der zweite in dieser Woche? Wenn das so weitergeht, spülen Sie bald wieder Teetassen, und dann… na, wir werden ja sehen!« Er verließ hastig das Zimmer, wobei er dennoch versuchte, eine gewisse Würde zu wahren.
    Der Junge schnitt der ins Schloss fallenden Tür eine Grimasse und stierte eine Weile vor sich hin. Er rieb sich die müden Augen und warf einen Blick auf die Armbanduhr. Erst Viertel vor zehn. Der Tag kam ihm jetzt schon lang vor.
    Der bedenklich schaukelnde Aktenstapel auf dem Schreibtisch buhlte um seine Aufmerksamkeit. Er holte tief Luft, richtete seine Manschetten und griff nach der zuoberst liegenden Heftmappe.
    Aus ganz privaten Gründen hatte sich Nathanael schon lange für die Abteilung für Innere Angelegenheiten interessiert, eine Unterabteilung des weit verzweigten Sicherheitsapparats unter der Leitung von Jessica Whitwell. Dort ermittelte man in verschiedenen Bereichen der Kriminalität, insbesondere ging es um ausländische Aufrührer und einheimische, staatsfeindliche Terroristen. Als Nathanael dort anfing, musste er zunächst anspruchslose Tätigkeiten wie Abheften, Fotokopieren und Teekochen verrichten. Doch dabei war es nicht lange geblieben.
    Seine baldige Beförderung war nicht einfach nur (wie es sich Neider hinter vorgehaltener Hand zuraunten) das Ergebnis unverhohlener Vetternwirtschaft. Es stimmte zwar, dass er vom Wohlwollen des Premierministers und dem Einfluss seiner Meisterin Miss Whitwell profitierte, mit der es sich seine Vorgesetzten nicht verderben wollten, aber das hätte ihm nicht viel genützt, wenn er unfähig oder auch nur durchschnittlich begabt gewesen wäre. Aber Nathanael war nicht nur ausgesprochen talentiert, er strengte sich auch an. Sein Aufstieg ging schnell vonstatten. In wenigen Monaten hatte er sich durch diverse eintönige Bürojobs laviert, bis er im Alter von nicht einmal fünfzehn Jahren persönlicher Assistent von Mr Julius Tallow, dem Leiter der Abteilung für Innere Angelegenheiten, wurde.
    Mr Tallow, ein untersetzter Mann, bullig von Statur und dickköpfig von Natur, war im besten Falle schroff und unfreundlich und neigte zu unvermuteten Anfällen von Jähzorn, bei denen seine Untergebenen schleunigst in Deckung gingen. Außer durch seine Launenhaftigkeit zeichnete er sich noch durch eine ungewöhnliche Gesichtsfarbe aus, ein leuchtendes Gelb wie Narzissen in der Mittagssonne. Über die Ursache dieser Beeinträchtigung waren seine Angestellten geteilter Meinung. Manche behaupteten, sie sei ererbt, da er einer Verbindung zwischen einem Zauberer und einem Sukkubus entstamme, andere verwarfen dies schon aus rein biologischen Gründen und vermuteten eher, dass er Opfer eines boshaften Bannspruchs geworden war. Nathanael neigte zu letzterer Ansicht. Was immer daran schuld sein mochte, Mr Tallow vertuschte sein Problem, so gut es ging. Er trug den Kragen hochgeschlagen und das Haar lang. Er war nie ohne breitkrempigen Hut zu sehen und ihm entging keine flapsige Bemerkung seiner Untergebenen.
    Außer Nathanael und Mr Tallow arbeiteten weitere achtzehn Leute in der Abteilung, angefangen mit zwei Gewöhnlichen, die jene Verwaltungsaufgaben erledigten, die keinerlei magische Fähigkeiten erforderten, bis hin zu Mr Ffoukes, einem Zauberer der Vierten Stufe. Nathanael begegnete ihnen ausnahmslos mit distanzierter Höflichkeit, die einzige Ausnahme bildete sein Sekretär Clive Jenkins. Von Anfang an hatte Jenkins mit seinen Vorbehalten bezüglich Nathanaels jugendlichem Alter und seiner Stellung nicht hinterm Berg gehalten; im Gegenzug begegnete ihm Nathanael mit unbekümmerter Unverschämtheit. Das konnte er sich gefahrlos herausnehmen, denn Jenkins verfügte weder über Beziehungen noch über Fähigkeiten.
    Mr Tallow hatte schon bald die Begabung seines Assistenten erkannt und ihn mit einer wichtigen und schwierigen Aufgabe betraut: der Verfolgung der geheimnisvollen Gruppe, die unter der Bezeichnung »Widerstand« bekannt war.
    Die Absichten dieser Fanatiker waren offenkundig, wenngleich absurd. Sie bekämpften die segensreiche Herrschaft der Zauberer und strebten tatsächlich eine Rückkehr zu jenen chaotischen Zeiten an, als noch die Gewöhnlichen das Sagen hatten. Über die Jahre waren ihre Aktivitäten zunehmend lästig geworden. Sie entwendeten unvorsichtigen oder vom Pech verfolgten Zauberern alle möglichen magischen Gegenstände und setzten diese
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