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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem
Autoren: Jonathan Stroud
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verpflichten, ohne jedes Mal auf so aufwändige Maßnahmen wie Adelbrands Pentagramm zurückgreifen zu müssen. Er fand heraus, wie man sich gegen feindliche Spione schützte, indem man sich mit einem Sensorensystem umgab, und wie man Überraschungsangriffe abwehrte, indem man reißende Flutzauber beschwor, die den feindlichen Zauber fortschwemmten. Im Nu hatte sich Nathanael so viel Wissen angeeignet, wie es andere Gehilfen besaßen, die fünf, sechs Jahre älter waren. Er war so weit, seine erste Anstellung anzutreten.
    Üblicherweise fingen viel versprechende Jungzauberer in untergeordneten Positionen an, um nach und nach an den praktischen Einsatz ihrer Macht herangeführt zu werden. In welchem Alter das stattfand, hing von der Begabung des jeweiligen Gehilfen und dem Einfluss seines Meisters ab. In Nathanaels Fall kam noch etwas anderes zum Tragen, denn in den Cafés von Whitehall war es ein offenes Geheimnis, dass der Premierminister höchstselbst seine Entwicklung aufmerksam und wohlwollend verfolgte. Deshalb war die allgemeine Teilnahme an seiner Laufbahn von Anfang an groß.
    Seine Meisterin hatte ihn davor gewarnt: »Behalte deine Geheimnisse für dich«, sagte sie, »insbesondere deinen Geburtsnamen, falls du ihn kennst. Sei verschlossen wie eine Auster, andernfalls lassen sie nicht locker, bis sie ihn aus dir herausgekitzelt haben.«
    »Wer denn?«
    »Feinde, von denen du noch gar nichts ahnst. Sie planen gern auf lange Sicht.«
    Der Geburtsname eines Zauberers war zweifellos ein empfindlicher Schwachpunkt, wenn andere ihn herausfanden, und Nathanael hütete den seinen wie seinen Augapfel. Anfangs glaubte man freilich, leichtes Spiel mit ihm zu haben. Auf Festen suchten hübsche Zauberinnen seine Gesellschaft und lullten ihn mit Komplimenten ein, bevor sie sich unauffällig nach seiner Herkunft erkundigten. Solche plumpen Tricks durchschaute Nathanael schnell, bald jedoch kamen raffinierte Methoden zum Einsatz. Eines Nachts, als er schlief, besuchte ihn ein Kobold und säuselte ihm sanfte Worte ins Ohr, um ihn anschließend nach seinem Namen zu fragen. Womöglich bewahrte nur der laute Glockenschlag von Big Ben am anderen Themseufer Nathanael vor einer unbedachten Enthüllung. Als die volle Stunde schlug, wälzte er sich herum, wachte auf und sah den Kobold auf seinem Bettpfosten hocken. Sofort beschwor er einen zahmen Foliot, der sich den Kobold schnappte und ihn zu einem Klumpen zerknüllte.
    Daraufhin war der Kobold leider nicht mehr in der Lage, irgendwelche Auskünfte über den Zauberer zu erteilen, der ihn beauftragt hatte. Nach diesem Vorfall ließ Nathanael den Foliot sein Schlafzimmer jede Nacht gewissenhaft bewachen.
    Bald hatte sich herumgesprochen, dass man das Geheimnis von John Mandrakes Identität nicht so einfach lüften konnte, und es erfolgten keine weiteren Versuche mehr. Kurz darauf, er war immer noch gerade mal vierzehn, erfolgte, wie erwartet, die Berufung auf seinen ersten Posten in der Abteilung für Innere Angelegenheiten.

2
    Im Büro wurde Nathanael vom scheelen Blick seines Sekretärs und einem schwankenden Aktenstapel in seinem Eingangskorb empfangen.
    Der Sekretär, ein adretter, wohl frisierter junger Mann mit gegeltem rotblondem Haar, war im Begriff, das Zimmer zu verlassen, hielt jedoch inne und rückte mit einer flinken, nervösen Handbewegung die Brille auf der Stupsnase zurecht. »Sie sind spät dran, Mandrake. Was für eine Entschuldigung haben Sie denn diesmal? Auch von Ihnen wird nämlich Pünktlichkeit erwartet, genau wie von uns Vollzeitbeschäftigten.« Er blieb mit verdrießlicher Miene an der Tür stehen.
    Der Zauberer ließ sich auf seinen Drehstuhl fallen. Er war versucht, die Füße auf den Schreibtisch zu legen, verwarf den Gedanken aber wieder, weil es allzu großkotzig aussehen könnte, und begnügte sich mit einem lässigen Lächeln. »Ich habe Mr Tallow zu einem Tatort begleitet«, erklärte er. »Wir waren schon seit sechs Uhr früh dort beschäftigt. Von mir aus fragen Sie ihn selbst, wenn er ins Haus kommt, vielleicht verrät er Ihnen ja ein paar Einzelheiten… natürlich nur, falls es nicht gar zu geheim ist. Und was haben Sie die ganze Zeit getrieben, Jenkins? Im Schweiße Ihres Angesichts am Kopierer gestanden?«
    Der Sekretär stieß ein ärgerliches Zischen aus und schob die Brille noch höher auf die Nase. »Nur weiter so, Mandrake«, entgegnete er, »nur weiter so. Im Moment mögen Sie der Liebling des Premierministers sein, aber das wird
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