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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter
Autoren: Bernd Frenz
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Knüppeln oder Messern zur Wehr zu setzen nutzte nicht viel gegen diese Reiter. Fortzulaufen barg zwar die Gefahr eines todbringenden Hiebes auf Hinterkopf oder Rücken in sich, trotzdem hätte sich so zumindest eine geringe Hoffnung aufs Überleben geboten. Stattdessen duckten sich die beiden Hirten unter den niederprasselnden Schlägen hinweg und wühlten die Nebelleiber mit ihren Waffen auf, ohne dabei nennenswerten Schaden anzurichten.
    Grimmschnitters Werk, kein Zweifel.
    Ein Menschenleben genügte wohl nicht, um die Macht der Reiter zu brechen. So wurden alle drei Hirten in den Mahlstrom des Todes gezogen.
    Obwohl Rorn wusste, was ihn erwartete, richtete er den Oberkörper auf. Augenblicklich wurde das Hämmern hinter seiner Stirn so stark, dass er glaubte, ihm würde gleich die Schädeldecke platzen. Blut strömte in sein linkes Auge und machte ihn auf dieser Seite blind. Er fand kaum die Kraft, das klebrige Rinnsal abzuwischen, versuchte aber trotzdem aufzustehen.
    »Sitzen bleiben.« Eine schlanke, aber dennoch feste Hand legte sich auf seine rechte Schulter und drängte ihn mit sanfter Gewalt zurück. »In deinem Zustand stehst du nicht lange, sondern schlägst der Länge nach hin. Damit ist niemandem gedient.«
    Obwohl Venea von rechts an ihn herangetreten war, tauchte sie wie aus dem Nichts heraus vor ihm auf.
    »Verschwinde!«, befahl Rorn unter leisem Stöhnen. »Sonst ergeht es dir wie den Dummköpfen dort.«
    Anstatt auf ihn zu hören, langte die Hexe nach einem der drei kleinen Ledersäckchen, die sie am Gürtel trug.
    »Schnell!«, drängte Rorn erneut. »Fort mit d…«
    »Kannst du eigentlich nie Ruhe geben?«, unterbrach sie ihn kopfschüttelnd.
    Zwischen ihren Fingerspitzen ragten plötzlich scharf riechende Kräuter hervor, die sie ihm ohne Vorwarnung gegen die Stirn presste. Rorn spürte ein Prickeln unter der Kopfhaut, das sich rasch bis zum Nacken ausbreitete. Der Blutstrom, der längst über Wange und Hals bis zum Brustkorb reichte, versiegte augenblicklich. Die hämmernden Schmerzwellen ließen ebenfalls nach.
    Verwirrt legte Rorn den Kopf in den Nacken. So rasch konnte doch selbst das beste Kraut nicht wirken! Als er Veneas Jadesteine in den Armbändern von innen heraus aufglühen sah, stieg Übelkeit in ihm auf.
    »Nicht!« Von einem tiefen Widerwillen geleitet drängte er ihre Hand zur Seite, reflexartig, ohne darüber nachzudenken. »Keinen Jadezauber!«
    »Zu spät.« Sie entzog sich ihm mit einem raschen Schritt zur Seite. »Der Heilzauber schadet nicht, das verspreche ich dir. Ich bin eine sehr gute Hexe. Du wirst nicht mal eine Beule zurückbehalten.«
    Seufzend sah sie zu Veit und Gosk hinüber.
    Ersterer hatte sich mit seinem ganzen Körpergewicht durch den ihn bedrängenden Nebelwandler geworfen. Das verschaffte ihm eine kurze Atempause, bis die verwirbelten Fetzen erneut die Gestalt von Pferd und Reiter annahmen. Der andere Hirte hauchte gerade unter den Hufen des zweiten Gegners sein Leben aus.
    Venea öffnete die silberne Kragenspange und warf Rorn ihren Umhang über die Schultern. »Ruh dich aus«, riet sie. »Ich muss noch ein Versprechen einlösen.«
    »Geh nicht!«, versuchte er zu warnen. Vergeblich.
    Lachend ging Venea davon.
    »Ich sagte dir doch, dass ich eine gute Hexe bin«, rief sie, ohne den Kopf dabei zu wenden. »Was genau hast du daran nicht verstanden?«
    Mit ihrem dünnen, in einer aufkommenden Brise flatternden Gewand wirkte sie fast selbst wie eine geisterhafte Erscheinung. Furchtlos hielt sie auf Veit zu, der heulend um sich schlug und dabei meistens nur die Luft mit seinem Knüppel zerteilte.
    Der Nebelwandler, der es auf ihn abgesehen hatte, stach immer wieder aus sicherer Entfernung auf ihn ein, fügte dem massigen Hirten aber nur leichte Wunden zu, ganz so, als wolle er die Angst und das Leiden seines Opfers möglichst lange hinauszögern.
    »Lass von dem ab, der für dich zu mächtig ist!«, rief sie mit scharfer Stimme. »Geh lieber in die Schenke, in der schon Alme auf dich wartet!«
    Veit drehte ihr den Kopf zu, schien aber nicht zu erkennen, wer da mit ihm sprach. Der Tränenvorhang, der seine Sicht verschleierte, war schon zu dicht.
    Mit zwei schnellen Schritten war Venea bei ihm. Ihre Hände zuckten zu Veits Kopf und berührten seine Schläfen. Die Schattenjade an ihren Armen leuchtete dabei auf.
    Wie von einer unsichtbaren Faust am Kinn getroffen schoss Veit ein Stück weit in die Höhe und stolperte zurück. Sein Leib erzitterte. Verwirrt
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