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Bankster

Bankster

Titel: Bankster
Autoren: Gudmundson
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musste ich daran denken, wie ich vor einigen Jahren im Hochsommer eine Bar verlassen hatte. Es war sechs Uhr morgens gewesen, und die finstersten Lokale machten gerade zu. Wir waren die letzten beiden von der Gruppe, die fast einen halben Tag vorher losgezogen war, und hatten schon stundenlang in dieser Bar über unseren Biergläsern geschwafelt, als wir in die gleißende Helligkeit aus dem Norden gescheucht wurden. Und als die Sonne mich fast umhaute, wurde ich nüchtern und dachte intensiv über Vampire nach. Leute strömten nach und nach lautstark aus den umliegenden Lokalen und fanden sich auf den Straßen in verstreuten Grüppchen zusammen. Wir Kumpanen hatten uns auf einmal nichts mehr zu sagen. Man gewöhnt sich nicht daran, den Schatten in Richtung Süden fallen zu sehen.
    Vésteinn saß ganz hinten im Lokal. Ich sah ihn nicht sofort, aber als ich ihn entdeckte, sah ich gleich, dass er neben einer Frau saß und über etwas lachte, das sie gesagt hatte. Ich vermutete sofort, dass es seine Freundin ist, dass sie über Ostern im Land ist und Vésteinn mich überraschen und uns bekannt machen wollte. Mitten in meiner Entschuldigung für die Verspätung geriet ich ins Stocken, als eine seltsame Wut in mir hochkochte und ich große Lust hatte, meinen Freund anzuschnauzen, aber da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, schwieg ich, stand vor ihnen und schwieg so lange mit zwei unbeantworteten Begrüßungen auf meiner Rechnung, bis ich behauptete, dass ich nur gekommen sei, um ihnen mitzuteilen, dass etwas ganz Wichtiges dazwischengekommen sei und ich mich sofort darum kümmern müsse. Ich wartete keine Reaktion ab, sondern drehte mich vor ihren ratlosen Gesichtern um, und auf dem Weg nach draußen merkte ich, wie sehr ich Vésteinn dafür verachtete, mich so überrumpelt zu haben.
    Ich wusste nicht wohin, lief einfach mit geballter Faust die Straße runter, bis ich mich ins Hressó setzte und etwas zu essen und zu trinken bestellte. Meine ungezügelten Gedanken wurden schnell so ermüdend, dass ich zur Ablenkung ein neues Bier bestellte. Irgendwann zwischen dem dritten und fünften rief Vésteinn an. Ich wies ihn ab, schrieb ihm lieber in einer Nachricht, dass ich nicht drangehen könne. Da fragte er zurück, ob alles »ok« sei. Ich meinte, dass sich das Problem schon lösen würde, es sei nicht so ernst gewesen wie gedacht. »Super! Wir hören uns.«
    Ich saß da und beobachtete unruhig Gäste und Angestellte, bis ich den mir bekannten Kellnerinnen Blicke zuwarf und erfolglos versuchte, sie dazu zu bringen, mit mir zu plaudern oder sich zu mir zu setzen. Da knallte ich das Geld auf den Tisch und rauschte nach draußen, und auf dem Weg die Straße entlang beschimpfte ich mich selbst.
    In der Ölstofa trank ich einen alten Whisky. Während der ersten beiden Gläser kam mir der Ort ruhig vor, aber das sollte sich schnell ändern. Plötzlich wurde die Bar von Leuten umzingelt und belagert, jeder Platz besetzt, an den Tischecken gestanden und die Musik vom lauten Stimmengewirr übertönt. Endlich war es draußen ganz dunkel und dämmrig in der Ecke, in der ich saß und mich nicht darum scherte, ob meine Augen offen oder geschlossen waren.
    Dann tauchte Vésteinn neben mir auf der Bank auf. Ich inspizierte sein Gesicht, versuchte, von seinen Lippen zu lesen. Trotz des Rausches fühlte ich mich lächerlich, strich mir durch den Bart und nickte ununterbrochen. Dann saß ich plötzlich vor einer kalten Flasche Malzbier an einem Tisch am anderen Ende der Bar. Ich trank sie in einem Zug aus und erholte mich ein wenig. Vésteinn saß neben mir auf einem Stuhl, seiner Freundin gegenüber. Es saßen auch noch fünf andere am Tisch, die ich nicht kannte. Die meisten von ihnen lebten im Ausland, ich weiß nicht mehr wo, aber sie waren offensichtlich da, um das Heimatland zu besuchen, diesen krisengeplagten, abgelegenen Ort. »Ich habe andere Zeiten erlebt!«, war das Einzige, was ich zu sagen hatte, stieß die Wörter in unregelmäßigen Abständen aus mir hervor und brachte damit das Gespräch aus dem Gleichgewicht. Als das Malzbier schon längst leer war und ich die Kälte spürte, die von meinen Tischgenossen ausging, stürzte ich an die Bar. Dort wurde ich in ein Gespräch mit Ausländern verwickelt, die ein paar isländische Schnäpse mit mir kippen wollten. Das Gespräch war sehr positiv, ich weiß nur nicht mehr, worum es ging. Und ich weiß auch nicht mehr, ob ich mit ihnen zum nächsten Ort gezogen bin, tendiere aber
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