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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo
Autoren: John Burdett
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gab. In neun von zehn Fällen zwinkert oder grinst sie mir, mit dem Rücken zum Kunden stehend, in diesem Moment zu. Kurz darauf gingen die beiden hinaus. Es kam mir nicht in den Sinn, mir ihrer Sicherheit wegen Gedanken zu machen; sie hatte ihn ja offensichtlich bereits gezähmt – und außerdem war sie Chanya.
    »So war’s wirklich, mehr kann ich dazu nicht sagen«, erkläre ich Vikorn und meiner Mutter im Club. Laut Faxgerät ist es drei Uhr dreizehn morgens, aber keinem von uns steht der Sinn nach Schlaf.
    »Sie hat dir bei der Geldübergabe nicht in die Augen geschaut? Das ist ungewöhnlich. Sie mag dich, sie sieht dir immer in die Augen und zwinkert. Ich glaub, sie steht auf dich.« Meiner Mutter entgeht so etwas natürlich nicht. Vikorn hat wieder auf Maigret-Modus geschaltet und befindet sich auf einer für uns unerreichbaren Ebene der detektivischen Ermittlung. Nong und ich warten gespannt auf seine Worte. Er reibt sich das Kinn.
    »Heute nacht können wir nichts mehr ausrichten. Morgen schicken wir ein Spurensicherungsteam hin, das soll Fotos machen – aber nichts zu Genaues. Sonchai wird sich um die Beseitigung der Leiche kümmern. Die Genehmigung für die sofortige Einäscherung bekommt er von – egal, ich finde schon jemanden. Den Paß läßt er verschwinden. Der farang hat sich vermutlich in irgendeinem öden Kaff im Süden unerlaubt von der Truppe entfernt, wo er Ausschau nach Männern mit schwarzen Bärten und Bin-Laden-T-Shirts halten sollte, also stehen die Chancen gut, daß keiner weiß, wo er ist. Offenbar hat sie das Opium und die Pfeife von ihm, was auf einen Aufenthalt in Kambodscha hindeutet. Anscheinend war er nicht der hirnlose Bodybuilder, für den er sich ausgab. Immerhin besaß er genug Phantasie, um Opium zu probieren. Es kann Wochen dauern, bis seine Spur hierher verfolgt wird, aber antanzen werden sie mit ziemlicher Sicherheit. Ein echtes Risiko sehe ich nicht, solange wir uns bedeckt halten und Chanya einige Zeit untertaucht und was mit ihren Haaren machen läßt. Ich will nicht, daß sie sie befragen. Wir wissen ja nichts über ihre Jahre in Amerika.« An Nong gewandt: »Unterhalt du dich mal lieber von Frau zu Frau mit ihr und find raus, was sie wirklich denkt.« Dann zu mir: »Oder vielleicht solltest du das machen; ihr beide scheint euch gut zu verstehen. Versuch, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Schließlich wollen wir nicht, daß sie dich auch entmannt.«
    Meine Mutter lacht höflich über diesen geschmacklosen Witz – Vikorn ist nun mal der Hauptanteilseigner. Ich gehe hinaus auf die Straße, um ihm ein Taxi heranzuwinken, weil seine Limousine heute nicht noch einmal in dem Viertel gesehen werden soll. Alle Bars sind mittlerweile geschlossen, aber auf der Straße wimmelt es nun von Garküchen, die die Luft jede Nacht nach der Sperrstunde um zwei Uhr früh mit köstlichen Essensdüften erfüllen und an denen tausend hungrige Nutten die Neuigkeiten der letzten Stunden austauschen. Das hat etwas Friedliches, und ich liebe diese Zeit trotz meiner ernsthaften religiösen Bedenken gegen meinen vom Buddha ausdrücklich untersagten Geldverdienst mit Frauen. Manchmal resultieren unsere Sünden aus unserem Karma: Der Buddha stößt uns so lange mit der Nase auf unsere Fehler, bis wir sie satt haben und lieber sterben, als noch einmal diesen Pfad zu wählen. (Aber warum fühle ich mich dann so gut? Warum ist die ganze Straße in Feierstimmung? Haben sich die Regeln geändert? Ist die Monogamie ähnlich dem Kommunismus ein gescheitertes Experiment?)
    Ob man’s glaubt oder nicht: Ich gebe von dem Geld nichts aus. Vikorns Buchhalter überweist meinen bescheidenen Zehn-Prozent-Anteil am Gewinn vierteljährlich auf mein Konto bei der Thai Farmer’s Bank, und ich lasse ihn dort und lebe lieber von meinem Polizistengehalt in meinem Wohnloch am Fluß, wenn ich nicht gerade im Club übernachte. Offen gestanden, habe ich dem Buddha versprochen, etwas Nützliches damit anzufangen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Findest du das jämmerlich, farang? Ich schon, aber ich kann nichts dagegen tun. Mein Versuch, für ein Paar phantastischer Baker-Benje-Schuhe, die im Emporium heruntergesetzt waren auf läppische fünfhundert Dollar, etwas Geld von meinem Konto abzuheben, wurde von einer mystischen Kraft sabotiert.
    Nachdem ich meinem Colonel ins Taxi geholfen habe, schlendere ich die nun vollkommen farang- freieStraße hinunter. Manche der Stände werden von elektrischem Licht erhellt, das
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