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Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich
Autoren: Léo Malet
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Zeugen
überein — , und so sensibel, wie er war, konnte er sich
damit nicht abfinden. Er fühlte sich einsam, schrecklich einsam. Das ist so ein
subjektives Motiv, von dem ich eben gesprochen habe... die plötzliche
Niedergeschlagenheit, eine unerklärliche Depression... Man stürzt in einen
Abgrund...“
    „Man verliert ganz einfach den
Boden unter den Füßen!“
    „Genau. Und das ist bei ihm vor
einem Monat passiert. Das hätte auch einen Monat früher oder später passieren
können. Wie ich schon sagte: weiß man, was wirklich in einem Menschen vorgeht?“
    „Was Paul betrifft, scheinen
Sie es zu wissen.“
    Er hob die Schultern.
    „Ich versuche nur zu
verstehen“, sagte der Inspektor. „Und dann... Sie wissen doch, wie das geht...
Ein Gedanke zieht den nächsten nach sich.“
    „Allerdings.“
    Der ungeduldige Faroux konnte
nicht mehr an sich halten. „Herrgott nochmal!“ explodierte er und schlug mit
der flachen Hand auf die Tischplatte. „Das ist doch nur dummes Rumgerede. Es
gab keinen vernünftigen Grund, seelisch oder nicht, weswegen sich der kleine
Blödmann umgebracht hat. Trotzdem hat er’s getan. Ich kenne den ganz genau“,
rief er Masoultre zu und zeigte drohend in meine Richtung. „Kommt hierher und
behauptet, er glaube an einen Selbstmord. Und dann verwickelt er uns in eine
Diskussion, die uns am Ende völlig konfus macht. Wenn wir ihm nicht klipp und
klar alles sagen, stellt er sich wieder was vor und macht dummes Zeug, auf
unsere Kosten. Ich finde, wir sollten die Sache schnellstens hinter uns
bringen. Er hat ein paar Informationen gekriegt, also soll er auch noch den
Rest haben. Und dann Schluß damit! Masoultre, holen Sie mir doch bitte diese
Akte. Dann kann er das selbst beurteilen. Ich hab so langsam die Schnauze voll
davon. Wir werden hier nicht dafür bezahlt, um Fliegen zu fangen.“
    „Zu Befehl, Herr Kommissar“,
sagte der Inspektor nachdenklich. Er stand auf. Der Stuhl gab einen leisen
Abschiedsseufzer von sich.
    „Wer wird denn gleich an die
Decke gehen“, sagte ich zu Faroux, als wir alleine waren.
    „Schon gut“, brummte der
Kommissar. „Ich wollte mir das auch mal näher ansehen.“
    „Ach ja?“
    „Ja.“
    „Offen gesagt, mir paßt das
überhaupt nicht, mein Lieber. Selbstmord wäre in jeder Hinsicht bequemer. Keine
Arbeit für mich und keine Gefahr für meine Klientin.“
    „Was für eine Gefahr?“
    „Na ja, ich weiß nicht, aber
schließlich... Sollte Paul Leverrier aus irgendeinem Grund umgebracht worden
sein, dann könnte seine Geliebte das nächste Opfer sein. Um
so mehr, da sie einen Verdacht hat. Immerhin hat sie einen Abschnitt
seines Lebens mit ihm geteilt... und vielleicht seine Geheimnisse... falls er
welche hatte.“
    „Ist ihr schon irgendwas in der
Richtung passiert?“
    „Nein. Jedenfalls hat sie mir
nichts erzählt. Und warum hätte sie mir das verheimlichen sollen?“
    „Tja... nun...“
    Er zuckte die Achseln und
vertiefte sich in die Herstellung einer unförmigen Zigarette. Inzwischen kam
Masoultre wieder. Er legte die Akte dem Kommissar vor. Der fing sofort an zu
blättern. Nach einer Weile stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus.
    „Scheint mir alles in Ordnung
zu sein“, sagte er. „Zwar wird immer noch nicht klar, warum der Student sich
ins Jenseits befördert hat, aber er hat’s nun mal getan. Man muß nur den
Bericht des Gerichtsmediziners lesen, um sich davon überzeugen zu lassen.
Niemand hätte ein Verbrechen so perfekt in diesen Selbstmord verwandeln können.
Höchstens ein Magier. Es gibt gewisse Kerle, raffinierte, geschickte, schlaue,
aber richtige Zauberer hab ich in meiner Laufbahn noch nicht kennengelernt. Und
auch gerissene Kerle übersehen immer irgendetwas, eine Kleinigkeit, und
deswegen werden sie geschnappt. Denn es gibt Tatsachen, aus denen kann man
nicht mehr rausholen, als sie hergeben wollen. Lesen Sie, Burma.“
    Er reichte mir den Bericht. Ich
las, und er blätterte weiter in der Akte. Wissenschaftlich gesehen stand es
hundertprozentig fest. Paul Leverrier hatte Selbstmord begangen.
    „Nun?“ fragte der Kommissar,
als ich ihm das Blatt zurückgegeben hatte. „Überzeugt?“
    „War ich vorher schon. Sie
haben mir das nur nicht geglaubt, weil Sie wissen, daß ich immer die Dinge
hinter den Dingen sehen will, wie jemand mal gesagt hat. Und Sie wissen auch,
wenn ich das Gefühl hab, irgendetwas ist faul, dann ist meistens was dran. Aber
diesmal war’s für die Katz.“
    Der Kommissar bewegte
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