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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition)
Autoren: Claudia Gray
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später. Die letzte Überquerung des Flusses hat mir eine Menge verraten.«
    Britnee sagte trocken: »Unser nächster Vertretungslehrer wird mir so langweilig vorkommen?«
    Craig schüttelte nur noch den Kopf. »Seltsamer kann diese Nacht wirklich nicht werden.«
    Kaum waren sie im Haus der Tierneys angekommen, stellte sich Skye unter die heiße Dusche, um sich richtig aufzuwärmen. Britnee fand eine Dose mit Kakaopulver in der Küche und bereitete mit Craigs Hilfe für jeden von ihnen einen dampfenden Becher zu. Balthazar blieb unten im Wohnzimmer bei Charity. Diese war in der letzten Zeit offenkundig nicht sehr häufig in einem normalen, menschlichen Heim gewesen; ihre Neugier brachte sie dazu, die Fernbedienung zu nehmen und wahllos mehrere Knöpfe gleichzeitig zu drücken. Dann fuhr sie mit den Fingern über die Seiten des unvertraut schmalen Plasmafernsehers. Balthazar ließ sie tun, was sie wollte, solange sie nichts kaputt machte. In dieser Nacht bedeutete es endlich keine Gefahr mehr, sie in der Nähe zu haben.
    In der Zwischenzeit warf er im vorderen Flur einen kurzen Blick auf sein Spiegelbild; es war zu lange her, dass er das letzte Mal ordentlich getrunken hatte, denn das Bild war leicht verschwommen. Trotzdem konnte er noch erkennen, dass die Platzwunden in seinem Gesicht bereits zu verheilen begannen und dass die Blutergüsse beinahe vollständig abgeklungen waren.
    »Sieht gut aus«, sagte Skye.
    Balthazar hob den Blick und sah Skye am Kopfende der Treppe stehen. Sie trug ein weißes T-Shirt und Jeans; ihr Haar sah ein bisschen aufgeplustert aus und verriet ihm, dass sie gerade erst mit dem Fönen fertig geworden war. Ihr Gesicht war sauber geschrubbt und noch immer blass. In Balthazars Augen hatte sie noch nie so schön ausgesehen.
    »Komm her«, sagte er und streckte ihr die ausgebreiteten Arme entgegen, als sie die Treppe herunterstieg und sich ihm auf den letzten Stufen entgegenwarf. Sie roch nach frischer Seife und Lavendel. Sie küssten sich, und dieses Mal vergrub er seine Hände in ihrem warmen Haar, öffnete seinen Mund und tat so, als wären sie ganz allein.
    Als sie sich endlich wieder voneinander lösten, sagte Skye ziemlich atemlos: »Also jetzt ist mir ganz schön warm geworden.«
    »Bist du sicher? Wenn du vielleicht in ein Krankenhaus willst …«
    »Mir geht es gut«, wiederholte sie entschieden. »Mir ist wieder warm, du bist bei mir, und wir sind in Sicherheit. Mir ging es nie besser.« Ihr Blick huschte kurz zu Charity. »Ich kann es kaum glauben, dass ich gerade gesagt habe, wir seien in Sicherheit, wenn ich mir überlege … Aber hier passiert uns doch nichts, oder?«
    »Im Augenblick nicht, nein.«
    Irgendwann würde in Charity möglicherweise wieder die Mordlust die Oberhand gewinnen. Aber nun wusste Balthazar: Ganz gleich, wie schrecklich Charity werden würde, egal, was sie dann tun würde, er würde niemals derjenige sein, der sie endgültig tötete. Es hatte Zeiten gegeben, vor allem in den letzten paar Jahren, in denen er versucht hatte, den Willen aufzubringen, sie umzubringen. Charity hatte zahllose Morde begangen. Sie war unberechenbar, durchtrieben und grausam. Im Augenblick erinnerte sie sich daran, wie sie beide sich als Bruder und Schwester geliebt hatten, aber diese Erinnerung würde vermutlich irgendwann wieder verblassen.
    Eines Tages würde irgendjemand sie aufhalten müssen. Diese Tatsache akzeptierte Balthazar. Aber er wusste auch, dass nicht er derjenige sein würde. Er hatte sie ein Mal getötet; das war mehr als genug gewesen, um ihnen beiden zum Verhängnis zu werden. Gleichgültig, was aus Charity geworden war, sie war seine Schwester, im Leben, im Tod und für alle Zeiten.
    Als er sich wieder Skye zuwandte, verriet ihm ihr trauriges Lächeln, dass sie aus irgendeinem Grund genau wusste, was er empfand; sie verstand ihn besser, als er es je bei einem menschlichen Wesen für möglich gehalten hätte. Vielleicht besser, als er es überhaupt irgendjemandem zugetraut hätte. »Ich habe Dakota gesehen«, sagte sie. »Während ich auf der Uferböschung lag. Brüder und Schwestern … die Bande lösen sich nicht, wenn man stirbt.«
    »Und auch lange nach dem Tod nicht«, sagte Balthazar. »Was hast du gesehen?« Ehe Skye antworten konnte, betraten Craig und Britnee das Zimmer. Craig trug ein Tablett mit dampfenden Bechern in den Händen. »Okay, wer will heiße Schokolade?«, fragte Britnee.
    Skye stürzte sich darauf; sie konnte etwas Heißes gut brauchen. Auch
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