Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
gewesen, und es gab keine Gelegenheit dazu. Da mir die Sache aber keine Ruhe ließ, bin ich am Nachmittag noch einmal von der Heuernte weg und hierher gekommen. Ich hab ihn auch angetroffen. Sonst war keiner auf dem Hof.«
    Er machte eine Pause und schien die Szene wieder genau vor sich zu haben.
    »Wo haben Sie Kurt Staroske denn angetroffen, Herr Langhusen?«, wollte Angermüller wissen.
    »In unserer Lagerkammer. Erstaunlicherweise war Kurt mal am Arbeiten.«
    Die Beamten horchten auf. Ein verwundertes Lächeln erschien auf Langhusens Gesicht, dann wurde er wieder ernst.
    »Kurt war dabei, unser Spezialmüsli zu mischen. Das war eine der wenigen Tätigkeiten, die er gern und sogar freiwillig machte. Er behauptete natürlich, das könne ohnehin niemand so gut wie er. Ich sprach ihn auf die Sache an, die ich mit ihm klären wollte. Er sah das grundsätzlich anders. Ein Wort gab das andere. Ich wurde ziemlich wütend.«
    Hilflos hob er seine Schultern.
    »Ich bin eigentlich kein aggressiver Typ, aber Kurt schaffte es, mich so aus der Fassung zu bringen, dass ich zugeschlagen habe. Es kam wohl völlig überraschend für ihn. Jedenfalls stürzte er um wie eine gefällte Eiche. Er fiel auf den Rücken und rührte sich nicht mehr. Ich bin fürchterlich erschrocken«, Langhusen richtete seinen klaren Blick fest auf die Kommissare, »vor allem über mich selbst.«
    »Und?«
    Jansen war die Spannung deutlich anzumerken, auch Angermüller verspürte eine gewisse Ungeduld.
    »Ich bin weggerannt.«
    Der Biobauer machte eine hilflose Kopfbewegung.
    »Ich kann es nicht erklären. Es ging irgendwie automatisch. Ich sah ihn da liegen und dachte nur, nichts wie weg!«
    Wieder schaute er mit seinen hellen Augen auf.
    »Sie können das wahrscheinlich nicht nachvollziehen, oder? Tja, ich versteh es heute selbst nicht mehr. Ich bin jedenfalls rüber ins Haus, hab meine Laufsachen angezogen und bin einfach losgerannt.«
    »Ist Ihnen jemand begegnet?«
    Der Zeuge schüttelte den Kopf.
    »Zumindest habe ich niemand gesehen.«
    Die Kommissare tauschten einen Blick. Aber Rob Higgins hatte ihn gesehen. Als Higgins beim Matthiesen-Hof in die unbefestigte Zufahrt eingebogen war, hatte er einen Läufer links auf einem Wiesenpfad bemerkt. Daran hatte sich der Greenkeeper eben schlagartig wieder erinnert, als er Henning Langhusen mit den jungen Leuten im Laufschritt über den Hof hatte kommen sehen.
    »Wohin sind Sie denn gelaufen, Herr Langhusen?«, fragte Angermüller.
    »Bitte fragen Sie mich das nicht. Ich weiß es nicht mehr. Das ist wie ein Filmriss. Es mag vielleicht komisch klingen, aber beim besten Willen, ich kann mich nicht erinnern. Doch ich bin über eine Stunde, fast anderthalb unterwegs gewesen.«
    Wieder hielt er inne, und es war ihm anzumerken, wie ihn das Erlebnis noch heute aufwühlte.
    »Und weiter?«, trieb Jansen ihn an. »Was war dann, nach dem Laufen?«
    »Das Laufen hatte geholfen. Ich war etwas ruhiger geworden. Als ich zurück auf dem Hof war, bin ich sofort in die Lagerkammer. Da war alles sauber und aufgeräumt. Das abgepackte Müsli stand im Regal.«
    »Wie? Und Staroske?«
    »Kurt war weg.«
    »Aha«, machten die Kommissare gleichzeitig und sahen ziemlich perplex aus.
    »Ja, und ich war natürlich erleichtert und dachte, na ja, dann hast du dich wohl geirrt, und er war nur kurz ohnmächtig oder so.«
    »Und dass er dann die ganzen nächsten Tage nicht mehr aufgetaucht ist, das hat Sie nicht irritiert?«, erkundigte sich der Kriminalhauptkommissar.
    »Ein bisschen nervös war ich schon, das gebe ich zu. Ich habe mit niemandem über den Vorfall in der Lagerkammer gesprochen. Der Kurt blieb ja oft tagelang weg, wissen Sie. Und da er sich ja auch nicht regelmäßig am Gemeinschaftsleben beteiligt hat, gab es eigentlich keinen Grund, sich darüber Gedanken zu machen.«
    Bedächtig wiegte Angermüller seinen Kopf und sah Langhusen an.
    »Und als Sie dann an diesem Sonntag hörten, dass Staroske tot ist, warum haben Sie nichts gesagt? Warum haben Sie uns nicht gleich diese Geschichte erzählt?«
    Der Mann seufzte. Irgendwie sah er ratlos aus.
    »Genau weiß ich das selbst nicht. Natürlich hab ich mich sofort gefragt, ob ich für seinen Tod verantwortlich bin. Ich war über mich selbst entsetzt, hab mich auch irgendwie geschämt.«
    Er wirkte ziemlich unglücklich jetzt.
    »Ich habe einfach eine Weile gebraucht, mir über alles klar zu werden. Ich musste es ja auch erst einmal Gesche beibringen.«
    »Damit haben Sie sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher