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Ballade der Leidenschaft

Ballade der Leidenschaft

Titel: Ballade der Leidenschaft
Autoren: Carol Townend
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Murmeln. „Rate, wer ich bin.“
    Diesen Tonfall erkannte sie sofort, maßlose Erleichterung ließ ihre Knie weich werden. Der Stuhl rutschte ihr aus den Händen. Krachend schlug er auf den Boden auf. Die langen Finger, die ihre bedeckten, musste sie nicht sehen, die Schwielen an den Fingerspitzen, vom Lautenspiel bewirkt, nicht spüren. Nicht einmal die braunen Augen mit den winzigen grauen und grünen Punkten brauchte sie zu sehen, um zu wissen, wer sie an sich presste.
    „Ben …“ Ihre Stimme brach. Weil er da nicht zu viel hineindeuten sollte – er besaß ein ausgezeichnetes Gehör und kannte sie gut genug, um alle ihre Gefühle zu ergründen – trommelte sie mit einer Faust auf seinen Unterarm. Er zuckte zusammen. Das ignorierte sie und trommelte weiter, bis sie erschöpft an seine Brust sank. „Du Narr , Benedict! Halb zu Tode hast du mich erschreckt.“
    Noch ein warmer Kuss liebkoste ihren Nacken. Dagegen sträubte sie sich nicht, denn er hatte sie so lange nicht mehr besucht. Und sie mochte ihn wirklich.
    „Tut mir leid, kleine Blume. Aber ich hatte es eilig und fand keine Zeit, Herolde vorauszuschicken.“
    Sie drehte sich um und packte ihn bei den Schultern. „Vermutlich ist ein armer gehörnter Ehemann hinter dir her“, meinte sie leichthin.
    In der Finsternis konnte sie seine Miene nicht erkennen. Doch er trat seufzend zurück. „Ah, Rose, du triffst mich bis ins Mark. Immer denkst du nur das Allerschlimmste von mir.“
    „Gibt es etwa keinen Grund dafür?“
    Schweigen. Dann, in sanftem Ton: „Wenn ich unwillkommen bin, bleibe ich nicht hier, Rose.“
    Impulsiv und schuldbewusst tastete sie nach seiner Hand und drückte sie an ihre Wange. „Nein, Ben, verzeih mir. Natürlich bist du willkommen. Viel zu lange warst du nicht hier. Mein Haus ist deines, fühl dich wie daheim.“
    „Ein Heim habe ich nicht, chérie “, erwiderte er mit seiner charakteristischen verführerischen Stimme und presste ihre Hand an sein Herz. „Besäße ich eines, wärst du sein leuchtendes Feuer und würdest die Zehen des Hausherrn in winterlichen Nächten wärmen.“
    Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Versuch nicht, mir zu schmeicheln, du Schurke. Hast du noch nicht gemerkt, dass ich gegen deine Listen gefeit bin?“
    „Niemals gebe ich die Hoffnung auf, Rose.“
    „Oh?“
    „Darf ich bei dir wohnen, solange ich mich in Quimperlé aufhalte?“
    „Möchtest du nicht unten in der Burg schlafen?“
    „Lieber nicht. In der Halle einer Burg findet ein fahrender Sänger nur selten Ruhe.“
    Rozenn nickte, obwohl er sie im Dunkel nicht sah. Sie hatte vergessen, was ihn in der Burg erwarten würde. Ständig würde man ihn beanspruchen, als Musiker, als Sänger, als Trinkgefährten und … Nein, das wollte sie sich nicht vorstellen. In ihrem Haus konnte er Frieden genießen, dieser Gedanke erwärmte ihre Seele. Und sie waren ja auch schon seit jeher befreundet.
    „Natürlich, Ben, darum musst du mich nicht eigens bitten.“ Kaum waren ihr die Worte entschlüpft, überlegte sie, ob es klug war, ihm Obdach zu gewähren – einem Mann, der in einem gefährlichen Ruf stand. Noch dazu jetzt, nach dem Tod ihres Gemahls … Wie auch immer, sie ging an ihm vorbei in die Stube, von der letzten schwachen Glut des Feuers geleitet, ergriff den Span und zündete eine Kerze an. Dann schürte sie die Flammen im Herd und drehte sich um. „Tretet doch bitte ein, werter Herr“, spottete sie.
    „Besten Dank, kleine Blume.“ Ben holte die Sachen, die er durchs Fenster in die Werkstatt geworfen hatte. Im Kerzenschein erkannte Rozenn seine Lautentasche, die sie vor vielen Jahren genäht hatte – ihre erste und letzte Arbeit, die aus Leder bestand. Dabei hatte sie zwei Fingerhüte ruiniert und sich die Finger bis zu den Knochen zerstochen. Nie mehr würde sie Leder verarbeiten, hatte sie sich gelobt.
    Ben warf seinen Umhang auf einen Stuhl. Die Stirn gefurcht, musterte er das zerwühlte Bett. Rozenn betrachtete ihrerseits sein Haar. Nach der normannischen Mode war es im Nacken kurz geschnitten, vorne etwas länger. Schwarze Stirnfransen fielen bis zu den Brauen hinunter. Ungeduldig strich er sie beiseite.
    Seine Frisur ist zerzaust, weil er vor jemandem weglaufen musste, dachte sie und richtete ihr Augenmerk auf seine Kleidung, damit sie nicht wie all die liebeskranken Frauen seine markanten Züge anstarrte. Aber sogar ein schneller verstohlener Blick hatte ihr eine beklemmende Tatsache verraten: Noch immer sah Benedict
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