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Ballade der Leidenschaft

Ballade der Leidenschaft

Titel: Ballade der Leidenschaft
Autoren: Carol Townend
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zu besitzen … Hätte er bloß einen Schreiber beauftragt, einen Brief abzufassen! Natürlich hätte Rozenn ihn nicht lesen können, aber England lag weit entfernt. Durfte sie es wagen, sich auf diese lange Reise zu machen, nur auf das Wort eines erschöpften Boten hin?
    Kurzfristig kehrte sie auf den Boden der Tatsachen zurück und verzog das Gesicht. Hoffentlich konnte sie Ivona zu der Reise überreden. Wenn ihr das misslang, würde die ihr womöglich verbieten, ohne Adams Eskorte nach England zu fahren. Hätte sie etwas Schriftliches in der Hand, das ihren Entschluss untermauerte, befände sie sich in einer besseren Position.
    In England würde sie ein neues Leben beginnen. Ohne Schulden, ohne die Schmach ihrer fragwürdigen Herkunft. Dort wusste niemand, warum sie „Rose“ getauft worden war. Kein Mensch würde denken: Da geht das Mädchen, dessen Mutter es neben den Rosenbusch vor der Taverne ‚Weißer Vogel‘ gelegt hat .
    Und in England würde sie die angelsächsische Gemahlin ihres Bruders kennenlernen. Welchen Namen hatte der Bote angegeben? Lady Cecily of Fulford. Und danach würde Adam sie zu Sir Richard bringen …
    Ben, ein wandernder Spielmann? Ha, da strebte Rozenn etwas Besseres an, nämlich einen Ritter .
    Sie drehte sich im Bett zur Seite und rückte ihr Kissen zurecht. Entschlossen verdrängte sie das Fantasiebild Bens, des bretonischen Lautenspielers mit dem spitzbübischen Grinsen, und beschwor das Gesicht des normannischen Ritters Sir Richard of Asculf herauf.
    Im Hafenbecken von Quimperlé, wo die beiden Flüsse zusammenflossen, gerieten einige Gäste in der Taverne ‚Barke‘ außer Rand und Band.
    Benedict trug einen unauffälligen braunen Umhang, wie immer, wenn er mit dem Hintergrund verschmelzen wollte. Die Laute hatte er in einer Ledertasche verstaut, die an seiner Schulter hing, und er hoffte, das kostbare Instrument würde in dem Tumult keinen Schaden nehmen.
    Obwohl die Kapuze des Umhangs sein Gesicht überschattete, schien er Aufmerksamkeit zu erregen. Die Blicke der Männer, die an einem nahen, auf Böcke gestellten Tisch zechten, missfielen ihm. Besonders einer in einem speckigen Lederwams erschien ihm gefährlich. Die gebrochene Nase wies auf einen kampflustigen Charakter hin. Zweifellos ein Schläger. Hatte er Bens Interesse am Tischgespräch bemerkt und sich seine Gesichtszüge eingeprägt?
    Hoffentlich nicht, aber es war möglich. Ben zog die Kapuze noch tiefer in die Stirn und betrachtete seinen Weinbecher. Erst vor etwa zwei Stunden war er nach Quimperlé zurückgekehrt, und wenn er dem Herzog Hoël nutzen wollte, durfte er keinen Ärger heraufbeschwören.
    Als der Mann ihn zum zweiten Mal musterte, ahnte Ben die drohende Gefahr noch deutlicher und wünschte, er hätte die Laute dem Stallburschen anvertraut, der sein Pferd versorgte. Er warf eine Münze auf den Tisch und ging zur Tavernentür. Keinesfalls durfte das Instrument zerbrechen. Es hatte seinem Vater gehört – und es verschaffte ihm eine vorteilhafte Tarnung, die etwaige Beobachter von seiner eigentlichen Arbeit für den Herzog der Bretagne ablenkte.
    Draußen schimmerte der Fluss Laïta pechschwarz im Mondlicht. Am Hafendamm schaukelten ein paar Boote auf sanften Wellen. An dieser Stelle trafen sich die beiden Flüsse, ein wenig stromabwärts von der Isle du Château. Wie Burggräben umgaben sie die Insel und boten Comte Remonds Festung einen wirksamen Schutz, bevor sie sich vereinten und ins Meer mündeten.
    Ben hielt kurz inne, um die milde Nachtluft einzuatmen. Dann schaute er den Hang hinauf, zum Viertel der Geschäftsleute.
    Hauteville. Dort hatte Rose mit Per gelebt.
    Zwei Jahre waren seit der letzten Begegnung verstrichen. Jetzt aber, da sich die Unruhen im ganzen Herzogtum ausbreiteten, hatte niemand Geringerer als Herzog Hoël höchstselbst ihm befohlen, seinen Streit mit Roses Bruder zu begraben. Bisher lief alles planmäßig. Adam hatte seine Pflicht erfüllt und seine Schwester nach England beordert. Nun musste Ben sich mit ihr versöhnen, um den zweiten Teil seines Plans erfolgreich durchzuführen. Ein schwaches Lächeln spielte um seine Mundwinkel.
    Wie immer musste er sehr vorsichtig taktieren. Rose kannte ihn gut. Und sie war nicht dumm. Doch er hatte die Rolle geprobt, die er spielen musste, und würde sogar Verblüffung heucheln, wenn sie ihm vom Tod ihres Gemahls erzählte,
    Die Tavernentür knarrte, gelbes Licht fiel auf den Hafendamm. Im Türrahmen erschien die Silhouette eines Mannes
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