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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition)
Autoren: Luca Berlin
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ging zu ihr hin und begann ihren Po zu tätscheln. Anne schloss genießerisch ihre Augen, riss sie im nächsten Augenblick aber überrascht wieder auf. Sieversen war an sie herangetreten und nestelte an ihrem Schrittriemen herum. „Sie erlauben doch?“, fragte er Rockenbach. Als der nickte, schnallte er ihn viel lockerer!
    „Ich weiß, sie wollten mir nur einen Gefallen damit tun. Sie sind fügsamer, wenn sie der Schrittriemen ordentlich beschäftigt. Aber immer auch etwas abgelenkt. Sie soll sich auf mich konzentrieren und nicht auf ihre Stutenmöse.“
    Er schaute Anne ins Gesicht und strich ihr über die Wange. „Das gefällt dir gar nicht, Kleine, was?“
    Dann, zu Rockenbach gewandt, sagte er: „Wie groß und ausdrucksstark ihre Augen werden, nicht wahr? Das gehört für mich zum schönsten Effekt der Stutenmimik. Die Augen sprechen aus, was der Mund nicht mehr sagen kann. Faszinierend.“
    „Die schönsten Augen hat meine Ines“, platzte es plötzlich aus Rockenbach heraus, und dann kam zur Sprache, was ihn noch viel mehr belastete, als die Tatsache, dass er eine seiner Stuten für eine Ausfahrt mit Sieversen bereitstellen musste. Anne hatte sich gründlich geirrt. Rockenbach war ganz und gar nicht über Ines Verkauf an Ortega hinweggekommen.
    „Ich mag sie sogar mehr als meinen Diabolo damals“, erklärte er, und es war das erste Mal, dass sie ihn derart aufgewühlt sah. Verwirrt und unsicher wirkte er. Fast ohne es selbst zu merken, schnaubte sie sanft, um ihren Herrn zu trösten, aber keiner der beiden beachtete sie. Rockenbach erzählte, dass er selbst auch vor einiger Zeit bei Abner nachgefragt hatte, wie teuer sie wäre. 500.000 Euro war ihr Kaufpreis. Er hatte überlegt und überlegt, ob er das Geld ausgeben solle, und dann war sie plötzlich an Ortega verkauft. Erst in diesem Augenblick wurde ihm klar, dass er sie unbedingt selbst besitzen wollte. „Will sie einfach immer bei mir haben. Is‘ fast wie ‘ne Sucht“, erklärte er. Dann hatte er sich an Ortega gewandt und eine abschlägige Antwort erhalten. Sie sei die fünfte Stute für ein Passgespann aus lauter schwergewichtigen Betas. „Ein Riesenspaß, wie Brauereipferde mit richtig breiten Hintern. Sie werden sechsspännig vor einer speziellen Kutsche mit echten Bierfässern drauf gefahren“, hatte ihm Ortega erklärt. Er würde Ines Essensrationen, wenn sie einmal da wäre, sogar so weit erhöhen, bis sie etwa ein Drittel mehr an Gewicht zugelegt hätte, aber dann sei sie einfach perfekt.
    „Aber das will ich nicht. Sie ist doch nur moppelig. Genau wie ich es mag.“ Er druckste herum. „Ja und da dachte ich, eventuell, dass sie vielleicht etwas tun können. Sie kennen doch so viele wichtige Leute, und ...“
    Er verstummte. Anne hatte das Gefühl, dass es ihn unendlich viel Überwindung gekostet haben musste, jemanden in dieser Sache um Hilfe zu bitten. Sieversen sah Rockenbach unterdessen prüfend an. Er nahm sogar seine Sonnenbrille ab. Dann hatte er anscheinend eine Entscheidung getroffen.
    „Lassen sie uns noch einmal nach draußen gehen“, sagte er. und wenig später standen sie auf dem Hof. Zu weit weg, als dass Anne etwas verstehen konnte, aber sie sah, das Sieversen einem gespannt zuhörenden Rockenbach anscheinend Wichtiges mitzuteilen hatte.
    Wäre Sieversen nicht mit Rockenbach hinausgegangen, hätte er vielleicht wieder einen Blick auf Annes „sprechende“ Augen geworfen. Er hätte dann vor allem eines gesehen: Tiefe Resignation. Sogar Rockenbach setzte alle Hebel in Bewegung, um Ines zu behalten. Von Adrian dagegen war nichts, aber auch nicht das Geringste zu hören. Warum sprach er nicht mit Sieversen? Warum war sie noch hier?
    Daschas Besuch war schlimm gewesen. Aber mit etwas Mühe ließ sich einreden, dass die Wahrheit vom Froschgesicht einfach solange verdreht wurde, bis sie ein praktikables Folterwerkzeug hergab. Hier aber ließ sich nichts verdrehen. Der eine kämpfte um seine Geliebte, der andere nicht. Plötzlich fiel ihr wieder ein, was Adrian in jener Nacht, als er von Aminah erzählte, gesagt hatte. Keine Frau sei es wert, dass man ihr hinterherlaufe. Wie konnte sie glauben, dass ausgerechnet sie eine Ausnahme war?
    Es war Zeit sich damit abzufinden. Sie war eine Stute und sie würde es für immer bleiben. „Lass dich fallen“, hatte Adrian einmal vor langer Zeit zu ihr gesagt. Bitteschön, nun würde sie es tun. Einfach das Licht ausschalten da oben im Kopf. Nur noch Stute sein. Fressen, rennen,
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