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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition)
Autoren: Luca Berlin
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öffnete er. Schlaff ließ Anne ihre Arme am Körper herunterhängen. Es schien ihr irgendwie nicht richtig, so frei zu sein.
    Er befahl ihr, den Korb zu nehmen und auf den Tisch zu stellen. Daneben musste sie die Decke ausbreiten. Dann wies er sie an, sich hinzuknien und vorzubeugen. Der Wollstoff der Decke kitzelte an ihren Brustwarzen. Sieversen fummelte an ihrem Halsband herum. Sie hörte ein leises Klicken. Er nahm das Halsband fort und befahl ihr, sich wieder aufzusetzen. Erwartungsvoll schaute er sie an. Das Halsband hatte er auf den Tisch gelegt. Unpassend sah das aus, fand sie. Da gehörte es nicht hin. Ihre Hand fuhr zu der leeren Stelle am Hals und strich langsam über die glatte, zarte Haut, die sie dort fühlte. Schon seit vielen Tagen hatte sie, außer dem Poncho bei schlechtem Wetter, nicht eine Faser Stoff am Körper getragen. Trotzdem fühlte sie sich jetzt ohne Halsband unangenehm nackt. Sie setzte sich auf ihren Po, zog ihre Beine so eng sie nur konnte an den Körper und umschlang sie fest mit ihren Armen.
    Sieversen deutet auf ihren Hals. „Ganz weiß bist du da. Da sieht man erst, wie braun du geworden bist.“
    Anne wieherte.
    „Es ist ab. Hör auf damit. Sprich mit mir. Setz dich bequem hin.“
    Sie schwieg und schaute unter gesenkten Liedern auf Sieversen. Er schien ärgerlich, aber auch besorgt. Dann setzte er eine betont fröhliche Miene auf: „Ich soll dich von Miriam grüßen“, erzählte er. „Sie vermisst dich sehr, sagt sie. Dabei ist sie ganz verschossen in ihren Gebieter. Sie rechnet damit, dass er sie kaufen wird. Er handelt anscheinend mit alten Autos. Als sie letzte Woche bei mir war, hat sie nur noch von Oldtimern erzählt. Kannst du dir das vorstellen?“
    Sieversen wartete geduldig auf eine Antwort. Als sie ausblieb, sprach er weiter – immer noch sichtlich bemüht, möglichst ungezwungen zu klingen: „Ich fühl mich jedes Mal schrecklich alt, wenn sie von diesen Autos erzählt. Für mich sind das nämlich gar keine Oldtimer. Ganz normale Autos eben. Bei mir in der Garage steht ein Mercedes 280 SL. Der mit dem Pagodendach. Damals habe ich ihn fabrikneu gekauft. Ich dachte, das wäre noch gar nicht lange her. Aber Miriam hat mir erklärt, dass mindestens vierzig Jahren seitdem vergangen sein müssen. Als ich ihr das Auto gezeigt habe, ist sie ganz erregt geworden. Hätte nicht gefehlt und sie hätte sich auf mich gestürzt. Ich schwöre es dir.“
    Schelmisch sah er sie an. „Welche Grüße soll ich ihr von Dir ausrichten?“
    Drohend hob er den Zeigefinger. „Wag jetzt ja nicht wieder zu wiehern.“
    Anne schwieg. Sie vermied es, Sieversen anzuschauen, aus Angst, noch einmal seinen sorgenvollen Blick zu sehen. Sie schaute in Richtung See. Über dem Wasser kreiste ein riesiger Vogel. Vielleicht war es ein Seeadler. Sie stellte sich vor, wie es wäre, dort oben zu schweben. Niemand würde so verrückte Sachen wie Sprechen von einem erwarten. Ein Vogel, ist ein Vogel, ist ein Vogel, schoss ihr durch den Kopf. Seltsam, wo kam das her?
    Ihr Blick glitt weiter über den See hinaus zum Räuberwald. Sein tiefes Grün war gesprenkelt mit rötlichen und gelb-braunen Tupfen. Färbten sich die Bäume schon herbstlich? Wie lange war sie hier? Ach, es war egal, solange man sie nur in Ruhe ließ. Der Herbst würde kühle Temperaturen bringen. Regen, der ihre nackte Haut zum Prickeln brachte, Stürme, gegen die sie sich vor der Kutsche anstemmen würde. Vielleicht war sie bis dahin auch längst in Südamerika. Wie mochten Stuten transportiert werden? In der Economy Class von Brazil Airlines oder in privaten Frachtmaschinen eingepfercht in richtige Pferdeboxen?
    Plötzlich roch sie einen wunderbaren Duft. Erdbeeren! Sie schaute wieder zu Sieversen. Er hatte eine große Plastikschüssel aus dem Korb geholt und den Deckel geöffnet. Er war voller Obst! Nicht nur Erdbeeren stapelten sich darin. Sie sah Apfelstückchen, Ananasringe, halbierte Birnen, geschälte Pfirsiche und Bananen. Anne starte wie hypnotisiert auf die Schüssel. Sieversen nahm sich seelenruhig eine Erdbeere heraus, schob sie sich in den Mund, dann hielt er die Schüssel Anne hin: „Du auch?“
    Als erstes würde sie den Apfel kosten. Sie glaubte schon den vollen süßlich-säuerlichen Geschmack auf ihrer Zunge zu spüren. Sie griff zu, aber Sieversen zog die Schale weg. Anne wieherte überrascht.
    „Herrgott nochmal, du musst diese Laute nicht mehr von dir geben. Das Halsband liegt hier neben mir. Du kannst ganz normal
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