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Bädersterben: Kriminalroman

Bädersterben: Kriminalroman

Titel: Bädersterben: Kriminalroman
Autoren: Kurt Geisler
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Karre wieder aus dem Dreck ziehen. Das ist äußerst schwierig und geht zudem selten ohne Gejammer bei den Jungspunden aus, die das verkackt haben. Glaub mir, Stuhr, deswegen werden wir auf der Arbeitsebene sogar oft noch schief angesehen, obwohl wir nur zum Wohle der Verwaltung wirken. Das muss einen doch runterziehen.«
    Stuhrs Mitgefühl hielt sich in Grenzen, denn er konnte sich gut vorstellen, wie die alten Verwaltungshengste in seltener Einigkeit die Rotärsche zum Schafott trieben.
    Dreesen war immer noch nicht fertig. »Kennst du eigentlich den Spruch vom alten Bismarck? Der soll mal gesagt haben, wenn man gute Beamte habe, könne man ruhig schlechte Gesetze haben. Heutzutage ist das genau umgekehrt, die Gesetze sind recht ausgetüftelt, aber die Kollegen …«
    Klar, auch Stuhr fielen von früher sofort drei, vier Kollegen ein, die ständig neben der Spur wandelten. Einen gravierenden Unterschied zu seinem früheren Arbeitsleben konnte er jedoch nicht feststellen.
    »He, Dreesen, das sind doch aber die gleichen Schlachtfelder wie früher, dann ist ja im Prinzip alles in Ordnung bei euch. Spuck einfach aus, was dir wirklich helfen könnte.«
    Der Oberamtsrat schwieg eine Weile, bis er sich zu seinem sehnlichsten Wunsch bekannte. »Ach, Stuhr, wir müssten endlich einmal wieder eine richtig harte Haushaltssperre bekommen, wie damals zu Beginn des Jahrtausends. Da konnten wir mangels zu verausgabender Gelder ein Jahr lang von einer Kaffeeküche zur anderen wandern. Am besten bei einem Doppelhaushalt, dann hätten wir für zwei Jahre Ruhe.«
    Das tiefe Seufzen, das Dreesen dabei von sich gab, konnte Stuhr nicht richtig ernst nehmen. So kam er schnell zu seiner eigenen Sache. »Dreesen, pass auf. Irgendjemand in der Landesregierung erteilt Sondergenehmigungen für das Befahren des Sandes vor Sankt Peter. Ich brauche dringend eine Liste der Personen, denen eine Genehmigung erteilt wurde. Weißt du, wer dafür zuständig ist?« Nachdem er keine Antwort bekam, fragte Stuhr vorsichtig nach. »Ist das zu viel verlangt, oder kommst du nicht an die Liste heran?«
    Das konnte Dreesen nicht auf sich sitzen lassen. Sofort versprach er, die Liste mit den für das Wattenmeer genehmigten Fahrzeugen aufzutreiben. Dann wurde sein alter Oberamtsrat wieder lockerer und ging zum gemütlichen Teil des Gesprächs über.
    »Wo treibst du dich denn gerade herum, Stuhr? London, Paris, Tokio?«
    Stuhr musste lachen. »Gar nicht mal so schlecht geraten. Immerhin kann ich fast bis nach England blicken.«

    »Klar, und ich spüre bei meinem Blick auf das Ostufer förmlich China vor der Tür.«
    Stuhr musste noch mehr lachen. »Na gut, zugegeben, England direkt sehen kann ich nicht. Aber bei klarer Luft soll hier von St. Peter-Ording aus immerhin der Leuchtturm von Helgoland zu sehen sein, und das war doch immerhin bis Neunzehnhundertsowieso eine britische Bastion, oder nicht? Ich fliege morgen übrigens dort hin. Der Flug über das Wattenmeer soll bei schönem Wetter ein einziger Traum sein.«
    »Mensch, Stuhr, da hast du dir aber einiges vorgenommen«, meinte Dreesen nach einer kurzen Pause skeptisch. »Richtig schönes Wetter gibt es auf der Nordsee eher selten, sogar im Sommer, und ungefährlich ist der Flug nach Helgoland absolut nicht. Von welchem Flughafen aus fliegst du denn?«
    Stuhr verstand die Welt nicht mehr. »Wieso soll das gefährlich sein? Wir leben doch mitten im 21. Jahrhundert. Das wird ein Automatikflug sein. Ich werde von Büsum aus abheben.«
    »Na, das ist schon mal nicht schlecht. Da wirst du wenigstens von der Friesischen Fluggesellschaft transportiert, und die Landebahn ist dort recht lang. Ihre Propellermaschinen hatten bis jetzt noch keine Abstürze zu verzeichnen und kommen mit kürzesten Flugfeldern klar, so wie auf Helgoland-Düne. Allerdings stammen deren kleinere Flugmaschinen von der Konstruktion her allesamt aus dem letzten Jahrtausend. Dann Hals- und Beinbruch.«
    Stuhr schluckte. Im Fernsehen hatte er von Menschen gehört, die sich heutzutage gegen Geld sogar in eine uralte JU 52 einkauften, um sich dann im Propellerflug über die alte Reichshauptstadt herüberziehen zu lassen. Das fand er pervers. Dennoch fand er die Warnungen seines ehemaligen Sachverwalters übertrieben. Er würde sich seinen Flug nach Helgoland nicht vermiesen lassen. Er versuchte, den Spieß umzudrehen.
    »Mal ganz ehrlich, Dreesen, bist du überhaupt schon einmal nach Helgoland geflogen?«
    Der andere konnte sich vor Lachen kaum
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