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Babel 3 - Geisterliebe

Babel 3 - Geisterliebe

Titel: Babel 3 - Geisterliebe
Autoren: Cay Winter
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zwar auch auf sie übergegangen, aber er war deutlich jünger gewesen. Clarissas Netz war komplex und unvorstellbar miteinander verknüpft, es verfügte über Knoten, die älter waren als Babel. Sie verstärkte den Druck und spürte, wie das magische Netz unter ihren Wellen riss.
    Im Gegensatz zu ihrem Enkel schrie Clarissa nicht. Sie konzentrierte sich darauf, einen Weg zu finden, das Blatt doch noch zu wenden. Aber das würde Babel nicht zulassen. Sie war wie im Rausch. Bei Nikolai war es darum gegangen, die fremde Magie zu vernichten, doch jetzt wollte sich Babel die Energien einverleiben. Sie war wie ein gefräßiges Monster, das nicht genug bekommen konnte.
    Ganze Energiestränge und verwobene Gerüste wandelte sie in pure Energie, die sie in sich aufnahm und zu eigen machte, bis nichts mehr übrigblieb außer dem Grundgerüst der Magie, die direkt mit Clarissas Leben verbunden war.
    Du wirst niemanden mehr angreifen, den ich liebe.
    Babel sah mit brennendem Blick auf die andere Hexe herab, die zusammengesunken an der Wand lehnte. Ein leiser Laut kam aus ihrem geöffneten Mund. Sie sah aus wie die alte Frau, die sie war.
    Und Babel spürte, wie die Macht, die in ihrem Innern wirbelte, die Dämonen anzog, genau wie die Toten. Die Grenzen zu den anderen Ebenen verschwammen. Wenn sie wollte, konnte sie die Verbindung zu ihnen herstellen, sie befehlen – in sie eintauchen.
    Vergiss nicht, was du versprochen hast.
    Aber es fühlt sich so gut an. Ich bin stark.
    Du bist auch so stark. Selbst ohne diese Macht.
    Nur mühsam konzentrierte sie sich auf ihre eigene Ebene, auf das, was sie sehen konnte.
    „Du hast zwei Tage, mehr nicht“, war das Einzige, das sie zu Clarissa sagte, bevor sie sich umdrehte und gegen das wappnete, was sie sehen würde.
    Sam hockte neben Anatols Körper, die Haut seines rechten Arms hing in Streifen herab, sein Gesicht war blutüberströmt und bereits angeschwollen. Doch das Bedenkliche waren seine zitternden Hände, die den Kampf verrieten, der noch in seinem Innern herrschte.
    Babel konnte ihm nicht helfen. Wenn sie ihm jetzt zu nahe kam, um ihn mit ihrer Magie zu heilen, würde er sie womöglich in die Dämonenebene hinüberstoßen, selbst wenn er es gar nicht wollte. Sam war am Leben, das war alles, was sie im Moment wissen musste. Der Rest musste warten.
    Er hob den Kopf, wie immer, wenn er spürte, dass sie ihn ansah, und schaute ihr direkt in die Augen.
    „Bleib bei mir, du Sturkopf, okay“, flüsterte sie und er nickte schwerfällig.
    „Nur noch eine Minute, meine Schöne … eine Minute …“
    Sie sah ihm an, dass er große Schmerzen empfand und der Kampf nicht einfach war, aber wann war er das für sie je gewesen?
    „Lebt er noch?“, fragte sie und deutete auf Anatol.
    „Wenn er bald in ein Krankenhaus kommt.“
    Babel kroch auf die Tür zu, in deren Nähe Judith lag. Ihr Gesicht war bleich und Blut floss ihr aus der Nase. Sie musste es mit der Hand verwischt haben, denn es bedeckte ihre linke Wange. Auch ihr schönes helles Haar war davon klebrig geworden. Ihr Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig, aber sie atmete. Das war ein gutes Zeichen. Babel versuchte, ihr Energienetz zu erfassen, aber da berührte Judiths Hand schwach ihre.
    „Lass …“, flüsterte sie und Babel ahnte, was sie ihr sagen wollte.
    „Du musst ins Krankenhaus, Judith. Lass mich dir helfen.“
    „Die anderen … sieh nach ihnen …“
    Vielleicht brauchte jemand Babels Hilfe noch dringender als Judith. Aber es fiel Babel schwer, Judith hier einfach liegen zu lassen, wenn sie spürte, wie ihr Herzschlag langsamer und unregelmäßiger wurde. Nur mühsam erhob sie sich, klammerte sich an den Türrahmen und zog sich nach oben. Mit zitternden Knien schob sie sich in den Flur und wankte zur Treppe. Dabei stützte sie sich mit der Hand an der Wand ab.
    Schon auf dem ersten Treppenabsatz konnte sie das Chaos sehen, das in der Halle herrschte. Die Wände waren rußig vor Magie. Die Marmorplatten am Fußboden hatten sich gelöst und zwei der Stühle, die am Rand gestanden hatten, waren in ihre Einzelteile zerlegt worden.
    Tom stützte Maria, sie schien sich den Knöchel gebrochen zu haben und auch Tom hielt einen Arm verdreht. Er hatte mehrere tiefe Verletzungen, die wahrscheinlich von Nikolais Messer stammten und stark bluteten. Clarissas Enkel war nirgendwo zu sehen, vielleicht war er doch noch rechtzeitig abgehauen.
    Tamy kniete über den Körpern der Zwillinge und fesselte ihre Hände mit einem
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