Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
in den Genuss einer überaus erbaulichen Aufnahme gekommen, in der die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Nichte beleuchtet wird. Zum anderen darf ich Sie darüber aufklären, dass der Mann, den Sie in Ihrem Brief verleumden, nur eine Waffe hat, nämlich seine Freundlichkeit. Seine Dienstwaffe hat er nach dem Tod seiner Frau einem Mitarbeiter ausgehändigt und nie zurückverlangt. Selbstverständlich will ich auch nicht näher auf das Gewerbe eingehen, dem Sie den Monsieur Clerget gegenüber gemachten Zeugenaussagen zufolge in Zusammenhang mit Camilles Mutter nachgegangen sind.›»
    «Und was hat die Hexe dann getan?»
    «Sie hat sich aufgeführt, als hätten sie tausend Wespen gestochen. Sie hat geschrien, das wäre alles eine Verschwörung, und ist über die Absperrung geklettert und hat Monsieur Clerget geohrfeigt, und zwei Gendarmen mussten sie rausführen. Sie hat schlimmer als Simon geflucht, aber ‹da, wo sie hinkommt›, wie Monsieur Clerget später gesagt hat, ‹kann sie so laut schreien, wie sie will, da wird sie niemand hören›. Und ein anderer Richter hat gesagt: ‹Unerhört!›, und noch ein anderer: ‹Eine geistesgestörte Kupplerin, was es nicht alles gibt!›, und der Vorsitzende Richter: ‹Die Sitzung ist hiermit aufgehoben›, und er hat mit seinem Hämmerchen auf den Tisch geklopft,
und alle sind aufgestanden. Ich habe mich in Raymonds Arme geflüchtet, und Madame Papineau hat gesagt: ‹Ich wusste doch, dass wir es mit einer Verrückten zu tun hatten›, und Monsieur Clerget: ‹Das haben Sie sich nicht anmerken lassen, bis wir die Aufnahme gehört haben. Letztlich haben uns die Kinder die Augen geöffnet›, und er hat mir zugezwinkert. Ich glaube, die Heimleiterin war ein bisschen enttäuscht, dass sie nicht im Zeugenstand war. Sie hatte sich sonntäglicher angezogen als an jedem Sonntag. Hast du ihr Kleid gesehen?»
    «Nein, ich habe nichts außer dir gesehen. Jetzt kann niemand mehr verhindern, dass wir von Raymond adoptiert werden. »
    «Wir werden so heißen wie er. Ein komisches Gefühl. Wie heißt er eigentlich mit Nachnamen?»
    «Weiß ich nicht, ich habe ihn nie gefragt. Ich habe immer nur Raymond oder der Gendarm gesagt, wenn ich an ihn gedacht habe.»
    Und ich robbe nah an Camille heran, um sie noch gründlicher als beim ersten Mal zu küssen.

Ferdinand, der Koch, wendet die Würstchen auf dem Grill. Es gibt schöne weiße Tischtücher mit lauter guten Sachen zum Essen darauf. Die Rohkost ist mit Mayonnaise in allen möglichen Farben in großen Schüsseln angemacht. Der grüne Salat sieht im Sonnenschein gelb aus, Erdkrumen und kleine Würmer sind in Ferdinands Spülbecken verschwunden. Der Reis ist mit Tomaten und Mais angerichtet, grüne Äpfel hat Ferdinand mit Avocado, Käse und Nüssen gemischt. Die Krabben sind ausgezogen, die Pastete ist nicht mehr in dem Papier vom Metzger, das kalte Fleisch häuft sich auf den Tellern, und
die Kartoffelchips werden in Rekordgeschwindigkeit vertilgt. Es gibt Berge von Papptellern und warmen Plastikbechern. Die Papierservietten wollen wegfliegen, und Rosy hat die Senftöpfe draufstellen müssen. Und es gibt jede Menge Weinflaschen, die wir nicht anrühren und aus denen wir erst recht nicht trinken dürfen, und für uns Wasser und Limonade. Die Kinder von Fontaines und die aus der Schule sind in kurzen Hosen und Turnschuhen gekommen, und die meisten Jungen haben ihr T-Shirt schon ausgezogen. Und Raymond ist nicht der einzige Erwachsene, der schwitzt.
    Und überall treibt sich jede Menge Schuhe ohne Füße darin herum.
     
     
    Es ist der erste Sommertag. Der Tag der Kirmes von Madame Papineau. Und es ist unser letzter Tag in Fontaines.
    Camille und ich, wir sind immer zusammen, als hätten wir Angst, einander zu verlieren.
    Simon hat Recht. Seit alle wissen, dass wir zu Raymond kommen, ist es nicht mehr wie vorher.
    Natürlich haben die Erwachsenen uns jede Menge Ratschläge gegeben, was man tun oder lassen soll, eine lange Liste:
    • Die Finger nicht in die Nase stecken.
    • Und vor allem keine Nasenpopel rausholen und in den Mund stecken.
    • Vor dem Essen nie die Hände zu waschen vergessen.
    • Die Ellbogen nicht auf den Tisch stützen.
    • Nicht grunzen, sondern nein, danke sagen.
    • Guten Tag, gute Nacht, danke und bitte sagen.
    • Keine Kraftausdrücke benutzen.
    • Sich mindestens zweimal täglich die Zähne putzen.
    • Sich am ganzen Körper waschen und die Seife nicht vergessen.

    • Jeden Tag Zimmer und Spielsachen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher