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Ausziehen!

Ausziehen!

Titel: Ausziehen!
Autoren: Lois Greimann
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fragte ich, um das Gespräch ins Rollen zu bringen. Mütter sind ja ohnehin immer so eine Sache, aber für einen Mann mit Potenzproblemen …
    »Ja«, antwortete er und nahm einen Schluck von seinem Wein. »Hat sie. Ist vier Tage geblieben und dann nach Seattle weitergeflogen, um meine Schwester aufzumischen. Wollen Sie wirklich keinen Wein?«
    »Nein danke.« Eigentlich hätte ich schon gerne ein Glas gewollt, obwohl ich keine große Trinkerin bin. Meine Schwächen sind normalerweise Schokolade und Zigaretten, genauer gesagt Virginia Slims, aber ein Gläschen Wein hätte mir nach der vorherigen Sitzung ganz gutgetan. Ich fragte mich, wie Mrs. Lepinski die Tage nüchtern überstand. »Also haben Sie sich mit ihr unterhalten können?«
    »Mit Mom?«, fragte er, leerte sein Glas mit einem Zug und goss sich ein weiteres ein.
    Wow.
    »Ja, mit Ihrer Mutter. Erinnern Sie sich? Wir haben darüber geredet, sie damit zu konfrontieren, wie sie Sie als Kind behandelt hat. Und dass vielleicht ihre … Gefühlskälte etwas mit Ihren jetzigen Problemen zu tun haben könnte.« Diese Frau war eine ausgewiesene Psychopathin, wenn auch nur die Hälfte dessen stimmte, was Andrew mir erzählt hatte, und es gab absolut keinen Grund, seine Worte anzuzweifeln.
    Wieder nahm er einen Schluck, seufzte und legte den Kopf zurück auf die dicke Polsterung meiner elfenbeinfarbenen Couch - gemütlich, aber stilvoll. »Mit meiner Impotenz, meinen Sie?« Ich war überrascht, dass er die Sache so direkt beim Namen nannte. Den meisten Männern wäre eine solche Diagnose mehr als peinlich gewesen, aber bei Bomstad sah das wohl anders aus. Seine Augen glänzten gefühlvoll, und die ordentlich gekämmten, aber dennoch lässig wirkenden Haare leuchteten goldfarben im Licht. Sein Gesicht war breit mit ausgeprägten Zügen, die Hände, die die Flasche umschlossen, waren rau, die eckigen Fingernägel sauber geschrubbt.
    »Unter anderem«, antwortete ich und versuchte, die Bedeutung herunterzuspielen. Impotenz muss für Männer echt die Hölle sein . Es raubt ihnen das Selbstwertgefühl und bewirkt oft, dass sie sich selbst in sich zurückziehen, wenn sie die Hilfe und Unterstützung anderer am nötigsten haben. So oder ähnlich konnte man es in den Lehrbüchern nachlesen. Ungeachtet dessen konnte ich mir nicht vorstellen, dass die Damen und Herren der Ärztekammer Verständnis dafür aufbrächten, wenn ich ihnen erzählen würde, ich hätte ihn mit in mein Bett genommen in dem ehrgeizigen Bestreben, meinem Patienten bei der Überwindung seines Problems behilflich zu sein.
    »Werden Sie es denn niemals leid, immer nur über die Probleme anderer Leute zu reden?«, fragte Bomstad und drehte den Kopf leicht zur Seite. Die Sehnen an seinem kräftigen, sonnengebräunten Hals traten hervor, als er mich ansah, und seine Augen leuchteten strahlend blau und sanft wie die eines Engels - eine empfindsame Seele in dem fein gemeißelten Körper eines Gladiators. Der Typ Mann, der den Superbowl gewinnen und ein fünfgängiges Menü zaubern konnte, um dann den Abend damit zu beschließen, seine tiefsten Gefühle in sein abgenutztes Tagebuch zu notieren.
    Mehrmals hatte er mir schon von seinem Tagebuch erzählt. Eigentlich war es meine Idee gewesen, dass er darin die Momente festhalten sollte, die ihm am wichtigsten erschienen, aber er versicherte mir mit fast jungenhafter Begeisterung, dass er das schon jahrelang tat.
    Seit jenem Tag hatte ich viele Abende damit verbracht, mir vorzustellen, wie er nach einem harten Tag auf dem Schlachtfeld vor seinem Kamin saß, vielleicht sogar auf einem Bärenfell lag, natürlich mit nacktem Oberkörper. Sein goldenes Haar würde im Feuerschein glänzen, während er sich über ein in Leder gebundenes Tagebuch beugte.
    Einmal habe ich ihn gefragt, ob ich es irgendwann lesen dürfe - aus rein beruflichen Gründen natürlich -, und er hat geantwortet, er könne sich das tatsächlich vorstellen, wenn wir vertrauter miteinander wären.
    Ich unterdrückte ein mädchenhaftes Seufzen und konzentrierte mich wieder auf das Hier und Jetzt.
    »Sie selbst müssen doch auch Probleme haben«, sagte er und sah mir fest in die Augen. »Müssen Sie denn nicht manchmal mit jemandem darüber reden?«
    Mir war klar, dass ich das Gespräch zweifellos wieder auf einen beruflichen Level zurückbringen sollte, doch ich merkte, wie sich tief in meinem Bauch etwas rührte - Hunger vielleicht, aber ich hatte das ungute Gefühl, dass meine Hormone der Auslöser
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