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Ausweichmanöver (German Edition)

Ausweichmanöver (German Edition)

Titel: Ausweichmanöver (German Edition)
Autoren: Sabine Hartmann
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ihretwegen aus dem Verkauf gewechselt?“
    „In den Büros herrscht ’ne Stimmung wie bei ’nem ungeübten Diktat, alle wissen, dass sie sowieso verkacken, schreiben aber trotzdem wie besessen und holen sich am nächsten Tag demütig die Fünfen und Sechsen ab.“ Er schüttelte den Kopf. „Das war nichts für mich.“
    Lars sah sich in der Werkstatt um, schnüffelte, zeigte auf Valentins schmierige Finger. Er hatte die Schmiere auch auf der Stirn und in den Haaren, die sorgfältig gegelt in den Himmel piekten. „Kraftfahrzeugmechaniker willste nicht werden, oder?“
    „Die heißen heute anders, aber nee, ich wollte was über Lagerverwaltung und Finanzbuchhaltung erfahren.“
    „Und hast du?“
    „Von wegen. Für das Lager habe ich zwei Tage lang Kartons herangeschleppt, aufgerissen und dann Ersatzteile eingescannt. Das Piepen des Scanners hatte ich noch im Ohr, wenn ich abends unter der Dusche stand.“
    Er zuckte mit den Schultern. In dem Blaumann, der um seine Hüften schlackerte, sah er noch zierlicher aus. Lars war einen Kopf größer und hatte breite Schultern, aber so klein, fast mädchenhaft trotz des Blaumanns, war ihm sein Freund noch nie vorgekommen. Er schaute noch einmal durch den Sucher der Kamera, um seinen Eindruck zu prüfen.
    Valentin stand direkt vor ihm. Er sprach leise. „Und Geld ist Chefinsache. Da darf keiner dran.“
    Eilig ging er aus der Halle. Lars schlenderte zur Werkbank hinüber und betrachtete die verschiedenen Schlüssel, Schraubendreher und die anderen Werkzeuge, deren Bezeichnungen er nicht kannte. Die Idee, die Umrisse der Werkzeuge auf die Wand zu zeichnen, sodass man immer wusste, wo alles hingehörte und welches Teil gerade fehlte, gefiel ihm. Er begann zu fotografieren.
    Valentin und Sebastian Posner, ein junger Mann mit blondem Bürstenhaarschnitt, brachten vier Reifen und Felgen mit. Während Sebastian ein Tor öffnete und einen schwarzen SUV in die Werkstatt fuhr, zog Valentin den ersten Reifen auf eine Felge. Lars fand, dass er das richtig professionell machte und schoss schnell noch ein paar Fotos.
    Sebastian stieg aus dem Wagen, hielt eine Hand vor Lars’ Kamera. „Aber nicht von mir, damit das klar ist.“
    Lars wich zurück. „Kein Problem. Ist das die Kiste, die der Heckmann sich gekauft hat?“
    „Das ist keine Kiste. Herr Heckmann hat sich einen Crossover Volvo XC90 bestellt, mit Keyless Drive, Rear Seat Entertainment System und Navi…“
    Lars hatte die Hintertür geöffnet und schaute sich die Monitore an, die in die Kopfstützen eingelassen waren. „Wozu braucht der das? Hat der Heckmann Kinder?“
    „Pfoten weg, Alter, biste beknackt oder was?“ Sebastian zog Lars vom Wagen weg, schob die Tür wieder zu und polierte den Lack über dem Türgriff. „Verzieht euch am besten komplett. Habt lange genug hier rumgelungert.“
    Valentin legte die Felge ab, die er gerade auf die Maschine stecken wollte, und murmelte: „Du mich auch, Idiot.“
    Lars sah zu Sebastian. Der reagierte nicht. Zum Glück. Er war mindestens zwei Köpfe größer als Valentin, und er sah ziemlich kräftig aus. Dann schaute er Valentin fragend an. So kannte er ihn gar nicht. Der wischte sich die Hände an einem Lappen ab und vermied den Blickkontakt mit Lars. „Komm, wir gehen.“ Kaum war die Tür hinter ihnen zugeklappt, drehte er sich um, formte mit der Hand eine Pistole und drückte ab. „Der ist so ein Vollpfosten, das glaubste nicht.“
    „Was hat er dir getan?“
    „Hat mich ständig auflaufen lassen. Hat keine Fragen beantwortet, sein Werkzeug weggeschlossen, hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass ich unerwünscht bin. Als ich einmal was aus dem Kleinteilelager holen wollte, hat er mich angebrüllt, ich sollte endlich aufhören, hinter ihm her zu schnüffeln. Er hat mich aus dem Raum gedrängt, ohne dass ich was erklären oder die Muffen, die ich holen sollte, mitnehmen konnte.“
    „Was haste gemacht?“
    „Ich bin aufs Klo, habe gewartet, bis er weg war, und habe die Muffen dann geholt. Natürlich hat mich der dicke Kurt, das ist der Geselle, der mich geschickt hatte, gleich angepöbelt, ob ich einen Kompass bräuchte, um mich zurechtzufinden.“
    Lars klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Lass man, das ist der Neid, der ist bei Hauptschülern genetisch. Wenn die Gymnasiasten sehen, kompensieren sie ihren Minderwertigkeitskomplex durch Imponiergehabe.“
    Valentin schüttelte den Kopf. „Das isses irgendwie nicht. Aber egal, heute ist der letzte Tag.
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