Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Außer Atem - Panic Snap

Außer Atem - Panic Snap

Titel: Außer Atem - Panic Snap
Autoren: Laura Reese
Vom Netzwerk:
sie.
    »Also los«, sage ich.
    »Wir dachten, du wärst tot. Ich konnte keinen Puls fühlen, du hast nicht geatmet, und dein Gesicht war blutverschmiert, zerstört durch den Betonboden, zerschnitten vom Glas und zerschlagen vom Baseballschläger; dein gesamter Körper war von Glasscherben gespickt. Gina geriet in Panik. Sie wollte sofort die Polizei rufen, doch ich konnte sie davon abhalten. Ich habe ihr erklärt, dass es so aussehen würde, als hätte sie dich ermordet, und dass sie dafür ins Gefängnis gehen würde. Also habe ich dir alle Kleider ausgezogen und sämtlichen Schmuck abgenommen. So konntest du nicht identifiziert werden, falls du jemals gefunden würdest, und nichts würde auch nur entfernt auf uns deuten. Ich habe dich in einen Teppich gewickelt und in meinen Kofferraum gepackt, und dann bin ich nach Davis gefahren. Ich war dort aufs College gegangen und wusste, dass es bei einer der alten Landstraßen ein paar unbebaute Felder gab. Ich habe hinter einer Baumgruppe geparkt, dich mitten auf das Feld getragen, ein Loch gegraben und dich hineingelegt. Du warst gerade halb mit Erde bedeckt, als ich auf der Straße einen Wagen langsam vorbeifahren sah. Ich wollte nicht erwischt werden, also bin ich verschwunden, ohne dich ganz beerdigt zu haben.«
    Er hält einen Augenblick inne und fährt dann fort: »Niemand fiel auf, dass du nicht mehr da warst. Dein Zimmer in der Stadt hattest du schon geräumt, und auf Byblos habe ich allen erzählt, du wärst fortgegangen. Ich habe die Zeitungen von Sacramento nach Berichten über eine Tote auf einem Feld bei Davis abgesucht. Stell dir meine Überraschung vor, als ich erfuhr, dass du zwar noch am Leben warst, aber im Koma lagst. Wieder wollte Gina zur Polizei gehen, aber ich konnte sie ein zweites Mal davon abbringen.«
    Er räuspert sich und spricht weiter: »Ein paar Wochen später stand dann eine andere Geschichte in den Zeitungen. Du warst aus dem Koma erwacht, littest aber unter Gedächtnisverlust. Niemand konnte dich identifizieren. Gina und ich warteten ab. Täglich haben wir die Zeitungen nach Meldungen über dich durchsucht. Gelegentlich gab es noch einen Artikel, in dem über deine Fortschritte berichtet wurde, da dein Gedächtnis aber nicht zurückkehrte, verloren die Zeitungen irgendwann das Interesse an dir. In den ersten paar Jahren war Gina das reinste Nervenbündel. Sie war aggressiv. Sie konnte sich nicht von mir trennen, und sie konnte es nicht ertragen, wenn ich mit jemand anderem zusammen war. Sie musste mich ganz für sich haben, als würde unser ungeheuerliches Geheimnis alle anderen Menschen ausschließen. Deshalb hat sie die vielen Bilder von dir gemalt – sie hatte Schuldgefühle..., weil
sie
dich fast getötet hatte.«
    Er streckt die Beine aus, schaut sich um, betrachtet das Seil des Flaschenzugs, die an die Wand gedübelte Metallplatte. Er sucht nach einer Fluchtmöglichkeit, doch er wird keine finden. Das Seil ist sicher. Er sagt: »Danach hat sie mir nie mehr vertraut. Sie war bei all meinen Freundinnen wachsam – und ganz besonders bei dir. Sie dachte, ich würde dir wehtun. Sie hat alles versucht, um dich zum Fortgehen zu bewegen, sie hat dich mit der Weinpresse erschreckt, hat dir fünfzigtausend Dollar angeboten und sogar das Feuer in der Küche gelegt, damit meine Mutter dich entlässt – sie wollte einfach nicht, dass du bleibst.«
    »Sie hat die ganze Zeit über versucht, mich zu beschützen«, sage ich.
    Er lächelt, wenn auch ein wenig bitter. »Manchmal denke ich, dass sie mich abgelehnt hat. Ich glaube, in der Nacht, als sie abstürzte, wollte sie dir ihre Vermutungen über Annas Tod mitteilen. Stattdessen hat du sie getötet.«
    »Ich wollte das nicht. Ich hatte nur das Gefühl, dass sie hinter mir her war...« Ich verstumme.
    Er bewegt seine linke Schulter. »Mach den Arm los«, sagt er. »Nur den mit dem Verband. Er tut weh.«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Ich bleibe doch gefesselt. Über den Radius der Kette hinaus kann ich mich nicht bewegen.«
    Er hat Recht, aber ich mache seinen Arm trotzdem nicht los. »Und Anna?«, frage ich.
    Er schüttelt den Kopf. »Mach erst meinen Arm los«, sagt er.
    Die Metallleiste, an der der Flaschenzug befestigt ist, befindet sich außerhalb seiner Reichweite, er ist sicher an den Ledersitz gefesselt, und sein anderes Handgelenk ist mit der metallenen Handmanschette festgezurrt. Er kann nicht weg. Ich mache den eingegipsten Arm frei und weiche zurück, ehe er nach mir greifen kann.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher