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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt
Autoren: Horst Eckert
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stürmten. Das Regal stand in Flammen. Ein Kanister zerplatzte neben Lauffer zu einem Feuerball.
    Der Raum wurde zur Hölle.
    Bruno hörte kein Prasseln. Es klingelte nur in seinen Ohren. Seine linke Hand schmerzte. Er sah, dass seine Jeans Feuer fing. Er strebte der Treppe zu, doch ein Flammenmeer war dazwischen.
    Die Hitze raubte Bruno den Atem.
    Eine dunkle Gestalt packte ihn und zerrte ihn die Stufen hoch. Jemand schlug nach den Flammen an seinem Hosenbein. Frische Luft – Bruno konnte atmen. Er vernahm Rufe, Kommandos. Das Klingeln in seinen Ohren ließ nach.
    Er spürte Nässe im Gesicht, auf den Haaren, überall. Männer in Asphaltgrau löschten ihn ab. Wasser und Schaum brannten auf seiner Hand.
    Er lag im kalten Gras und blickte auf die Sichel des Mondes. Er wollte aufstehen und wurde unsanft zu Boden gepresst. Er las die fluoreszierende Aufschrift der grauen Overalls: POLIZEI.
    Das Spezialeinsatzkommando.
    Drei der Männer zielten mit Maschinenpistolen auf ihn. Ein vierter drehte ihn auf den Bauch und legte Handschellen an. Bruno kannte den Ausdruck: Das Päckchen packen. Er erinnerte sich an den Lieblingsspruch der Rambos: Wir machen auch Hausbesuche. Wenn die Burschen in Hugos Altstadtkaschemme feierten, trugen manche von ihnen ein T-Shirt, das mit diesem Satz bedruckt war. Was er bedeutete, erklärten sie nicht. Manche von ihnen hielten selbst vor ihrer Familie geheim, dass sie beim SEK arbeiteten.
    Bruno wehrte sich nicht.
    Die Rambos konnten nicht wissen, wer von den Männern im Keller die Guten waren und wer die Bösen. Sie waren nur da, die Päckchen zu packen. Um den Rest kümmerte sich die Kripo. Der Stolz des SEK: Wir holen die Kastanien aus dem Feuer.
    Feuer.
    Handgranaten und Patronen.
    Bruno schrie: »Da unten gibt es Sprengstoff!«
    Einer der Männer brabbelte etwas in seinen Helm, das Bruno nicht verstand.
    Es krachte und flackerte. Es prasselte und wurde taghell. Eine Serie von Explosionen folgte, wie eine Kette von Silvesterböllern.
    Flammen leckten aus den Fenstern. Das Feuer hatte das Erdgeschoss erobert. Dichter Rauch waberte über den Rasen. Bruno hustete. Sein Kopf dröhnte bei jeder Bewegung.
    Martinshornlärm.
    Bruno wurde weggeschleppt. Jemand nahm ihm die Fesseln wieder ab. Ein Arzt kümmerte sich um seine Hand und bestand darauf, ihn ins Krankenhaus verfrachten zu lassen.
    Bruno fragte nach den anderen. Er wollte wissen, wo Lara war.
    Niemand klärte ihn auf.
     
    In der Klinik schnitt man ihm das linke Hosenbein auf und versorgte seine Brandwunden. Ein Arzt bestand darauf, den Kopf zu röntgen, obwohl Bruno erklärte, dass die Quetschungen im Gesicht von einem Boxkampf stammten. Eine Schwester stutzte ihm das angesengte Haar und schmierte Salbe auf die Kopfhaut.
    Sie gaben ihm gelbe Tabletten gegen die Schmerzen und blaue zur Beruhigung. Bruno schluckte ein paar von den gelben. Auf einer Bank sollte er warten.
    Je mehr er nachdachte, desto stärker überkam ihn die Verzweiflung. Das Lager war zerstört. Man würde Überbleibsel von Waffen finden. Die Drogen würden restlos vernichtet sein. Das Dossier – Bruno hatte es im Keller zurückgelassen.
    Keine Beweise.
    Pommers Drogenring war gewarnt. Schott und Konsorten würden den Handel einstellen, bis sich die Aufregung legte. Sie würden vertuschen und verdunkeln, Spuren in ihren Wohnungen und Autos vernichten.
    Keine Zeugen.
    Blieben nur die beiden Frauen, die sich erinnerten, dass Pommer einst den Nachwuchspolitiker Hövel mit Stoff versorgt hatte. Alte Kamellen, Hörensagen. Die eine der beiden Zeuginnen lag in der Klapse und war für die Polizei nicht ansprechbar.
    Keine Spuren, keine Wahrheit.
    Bruno hatte eine Uhr im Blick. Als sie Mitternacht zeigte, beschloss er abzuhauen. Sein Schädel gab einigermaßen Ruhe, solange Bruno keine raschen Bewegungen machte. Er wählte die Glastür und verirrte sich in der weitläufigen Station. Er schlug eine andere Richtung ein und lief Benedikt Engel in die Arme.
    Der Lange wirkte blass. Seine Frisur war durcheinander, der Knoten seiner Krawatte war gelockert und hing auf halb acht.
    »Du siehst nicht gut aus«, bemerkte Bruno.
    Benedikt musterte ihn. »Ist das dein Ernst? Schon mal in den Spiegel geguckt?«
    Der Kriminalrat wusste erste Neuigkeiten: Pommer wurde stationär behandelt. Brandwunden und eine ausgekugelte Schulter. Der Grauschopf hatte sich gegen die Festnahme gewehrt.
    Um Lauffer stand es schlecht. Er hatte sich unmittelbar neben dem Kanister befunden, als der explodiert
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