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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt
Autoren: Horst Eckert
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Lagerraum, voll gestapelt mit Kisten. An der Rückwand ein massives Regal voller Kartons und Kanister.
    Pommers Frau atmete flach. Ihr Puls ging schwach, aber gleichmäßig. Brunos Blick streifte Cosimas Hand. Sein Magen verkrampfte sich wieder. Die Ziegelrote lag auf dem blanken Boden, Arme und Beine mit Klebeband verschnürt. Uringeruch – jeder würde sich einnässen, wenn man ihm bei vollem Bewusstsein einen Finger abschnitt, vermutete Bruno.
    Fred hielt sich an einer Bierflasche fest und stand abseits der Tür, immer den Spiegel im Blick. Er trug einen sandfarbenen Leinenanzug, der die Bräune seines Gesichts gut zur Geltung brachte. Bruno stellte fest, dass Fred gar keine Pistole besaß, sondern Cosima mit einem Klappmesser bedrohte. Und mit der Heckenschere.
    Bruno warf einen Blick in eine Kiste, die geöffnet war. Pistolen und Automatikwaffen. Obenauf zwei Handgranaten – in der Wohnung des angeblichen Amokläufers Michael Helmer hatte sich eine ähnliche Waffensammlung befunden.
    Eine Waschmaschine gab es hier nicht.
    Cosima kam zu sich. Ihre Augen flatterten.
    Bruno zog sie in eine sitzende Position. »Ich bring dich hier raus.«
    Sie starrte auf ihre Hand. Es war der kleine Finger, der fehlte. Die Ziegelrote hechelte in Panik.
    Fred verströmte Bieratem. »Du hast einen Fehler gemacht, Bruno.«
    »Lass die Frau frei! Sie hat dir nichts getan!«
    Klee junior trat gegen die Stahltür. Sie donnerte ins Schloss. Pommer und sein junger Helfer waren jetzt außen vor.
    Fred fuhr sich durchs Haar. Er schwitzte. »Ich will Gerechtigkeit!«
    »Dafür gibt’s Richter, Staatsanwaltschaft und Polizei.«
    »Was die tun, sieht man ja. Wenn ich die Sache nicht in die Hand genommen hätte, kämen die Mörder meiner Familie ungeschoren davon!«
    »Unsinn. Ich hab die Geschichte aufgedeckt und ich bin Polizist.« Bruno zog die Akte hervor und ließ sie auf den Estrich klatschen. »Du hast alles gelesen. Die Untersuchung läuft bereits.«
    Fred übte ein Lächeln. Sein Mund zuckte. »Hast ’n gutes Schloss, Alter. Hab ganz schön lang gebraucht. Aber Karen hatte Recht. Deine Scheißzettel haben mir auf die Sprünge geholfen.«
    Bruno bemerkte Spritzer auf dem sandfarbenen Stoff des Leinenanzugs, frische und getrocknete. Die gesamte Vorderseite des Jacketts war gesprenkelt – Blut von Cosimas kleinem Finger und den zehn Fingern Seberichs.
    Bruno begann am Klebeband zu reißen, das Cosima fesselte. Er redete auf Pommers Frau ein: »Keine Angst. Gleich ist es vorbei.«
    Fred fuchtelte mit dem Messer. »Weg von der Frau, sie ist unser einziges Kapital! Die Polizei würde nichts gegen diese Mörder unternehmen. Das weißt du doch am besten!«
    »Willst du mich abstechen, Fred? Wir sind hier nicht in Kambodscha.«
    »Na und? Das da draußen ist noch viel härter! Sie werden dich ebenfalls töten! Pommer weiß über dich Bescheid. Ich hab ihm von dem Dossier erzählt, damit er merkt, dass es mir ernst ist.«
    Bruno überlegte. Verrückte Fronten. Er und dieser durchgeknallte Racheengel. Der Kerl, mit dem ihn seine Frau betrogen hatte. Sein Exkumpel, der in Kambodscha nichts gegen Sok San unternommen hatte.
    Auf der anderen Seite Max, der sich gekümmert hatte, als es ihm schlecht gegangen war. Der ihm die Freundschaft angeboten und Lara umgestimmt hatte. Zugleich ein heimlicher Drogenboss, der über Leichen ging. Und sein Gehilfe: ein entstellter Junge, der das Schwein verehrte, das Schuld am Tod seiner Mutter hatte.
    Cosima wimmerte. Es ging ihr schlecht. Bruno bezweifelte, dass sie klar denken konnte.
    Er dachte nach: Sie wurden belagert. Pommer besaß einen Schlüssel und war ein früherer SEK-Mann. Max würde kein Problem haben, seiner Schwester den Tod Brunos zu erklären: eine verirrte Kugel, ein unglücklicher Querschläger. Der Grauschopf würde überzeugende Krokodilstränen vergießen.
    Bruno sah ein, dass Fred Recht hatte: Er saß mit ihm in der Falle.
    Er ging vor Cosima in die Hocke. »Wo ist das Kokain?«
    »Keine Ahnung. Ich … ich war nie … in diesem Raum.«
    »Blöde Fotze!«, schimpfte Fred. »Spielt hier das Unschuldslamm!« Er trank einen großen Schluck. Bier lief ihm über das Kinn. Er nahm die Gartenschere von der Kiste.
    »Nummer zwo. Und denken Sie dran: Wenn Ihr Mann Sie lieben würde, hätte er längst mit Ihnen getauscht!«
    Als Fred sich bückte, rammte Bruno ihm die Linke in den Bauch. Die Flasche schepperte, das Messer klirrte auf den Estrich. Fred wollte sich hochrappeln. Er hielt noch immer
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