Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt
Autoren: Anni Bürkl
Vom Netzwerk:
Dazu hatte ich Caro viel zu
gern. Schaut nur, wie ihr Hüftknochen«, sie zeigte mit einem Finger auf die
Tote, als ihr die Kirchenglocken ins Wort fielen. Mitternacht. Irgendwer schrie
in einer Tonlage, die die Welt zertrümmern hätte müssen. Rita. Sie raufte sich
die Haare, sie schrie und schrie. Ellen erbrach sich, stützte sich an der
Hausmauer ab. Gerhild schnäuzte sich mit einer Hand, streichelte mit der
anderen Ellen. Tränen rannen ihr über die Wangen. Ihre grauen Locken standen
wirr in die falschen Richtungen, während sich ihr Busen heftig hob und senkte.
    »Ich halte das nicht aus!«, heulte sie und Ellen nickte.
    »Es ist so grauenhaft.«
    Berenike zwang ihren Blick zurück in die Auslage, während ihr
Magen immer noch vor Ekel brannte. Es war nicht ganz dunkel in dem Fenster.
Eine Kerze brannte irgendwo im Hintergrund des Geschäftes. Dieses Flackern
hatte wohl Adis Aufmerksamkeit erregt. Ein heller Lichtschein in der tiefen Dunkelheit.
Adi stand jetzt neben Selma und sah sie freundlich an, als ob er nicht
verstand, was hier vor sich ging.
    Dass jemand Caro überwältigt haben konnte, die sportliche
Caro!
    Das Plätschern des Springbrunnens drang an Berenikes Ohr. Und
ein laufender Automotor. Berenike ging auf die Richtung zu, aus der das
Geräusch kam, Helena folgte ihr. Ein großer Geländewagen.
    »Das ist das Auto von Sven, glaub ich.« Sie wollten näher
herangehen, Ellens Mann konnte ihnen vielleicht helfen. Wenn es sein Auto war.
Da richteten sich plötzlich Scheinwerfer auf sie. Der Wagen raste auf sie zu,
dass die Reifen quietschten. Sie sprangen zur Seite, beinahe hätte er sie
erwischt. Grün war das Auto, aber das Kennzeichen konnte man bei dem Tempo
nicht erkennen. Ebenso wenig wie den Fahrer. Weg war er.
    Berenike keuchte: »Die Polizei.«
    »Ich …«, Ellen kramte mit fliegenden Fingern in ihren
Hosentaschen. Keuchte »Hermann«, dabei rutschte ihr das Telefon aus der Hand.
»… die Nummer …«
    »133«, schob Selma ein, ohne den Blick von der rothaarigen
Caro abzuwenden.
    Ellen nickte, wählte, sprach leise und stockend. »Sie kommen.
Stellt euch vor, der Posten ist heute nicht besetzt, wegen Krankheit.«
    »Ausgerechnet diese Nacht!« Selma wandte endlich ihren Blick
von der Auslage ab.
    »Ich hab den Hermann privat …« Ellen spielte nervös mit dem
Handy. » Sie schicken die Streife von Bad Aussee herüber.«

     
    Warten. Mit einem Mal wurde sich Berenike ihrer
eisigen Hände bewusst. Sie ging ein wenig auf und ab. Adi trippelte im Stand
von einem Bein aufs andere, tip-tap, tip-tap, tip-tap. Er lächelte dümmlich.
Stand kurz still. Dann wieder Trippel-Trappel.
    Gerhild ließ sich auf eine Bank fallen. Sie keuchte, doch der
Weinkrampf ließ nicht nach und schüttelte sie weiter. Der Brunnen plätscherte
vor sich hin, Sterne zerstachen das Dunkel, die Berge drohten mit ihren
schwarzen Umrissen.
    »Oh Göttin!« Ellen stieß einen Seufzer aus. Als ob das noch
was helfen könnte.
    Endlich ein Motorengeräusch, alle wandten den Kopf. Doch es
war nur ein Taxi, das vorbeifuhr. ›All you need is love‹, dröhnte ein
Beatles-Song aus dem Autoradio. Selma verdrehte die Augen. Dann, endlich, die
Funkstreife. Knirschend kam das Auto auf dem Schotter zum Stehen.
    »Fräulein Berenike!« Inspektor Kain. Der bullige Polizist
hatte ihr gerade noch gefehlt, dabei gab es am Posten in Bad Aussee schon ein
paar mehr Kieberer als ihn. Er setzte sich im Aussteigen seine Dienstkappe auf,
lächelte ansatzweise, eine Kollegin öffnete die Tür auf der Beifahrerseite.
    »Grüß Sie, Herr Inspektor.«
    Seine Haare waren grau geworden, seine Figur herber, als
hätte er abgenommen oder zu viele Sorgen oder beides. Wie absurd, dass ihr das
jetzt auffiel. »Das ist Revierinspektor Kain«, stellte Berenike ihn den anderen
vor.
    »Gruppeninspektor.«
    »Befördert worden?« Absurder Wortwechsel!
    Gerhild seufzte und wischte sich die Augen, während sie müde
die Szenerie beobachtete.
    »Jaja.« Dem Inspektor schien die Angeberei nun peinlich.
»Also, was steht –«
    »Macht ihr jetzt endlich was?«, sprang Selma auf den
Polizisten los, griff nach den Aufschlägen seiner Uniform, rüttelte daran.
»Jetzt, wo eine tot ist, ja, tut ihr endlich was?«
    »Selma, das ist nicht der richtige Zeitpunkt.« Gerhild war
nähergekommen, ihr Gesicht noch immer gerötet.
    »Ok.« Selma atmete tief durch und ließ Kain los. Mit einem
Wimmern brachte sich Adi in Erinnerung, er strich Selma hilflos über den Arm.
    »Ja,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher