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Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt
Autoren: Anni Bürkl
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guten
Ausgang der Geschichte, doch ihre Befürchtungen auszusprechen, wagte keine.
    »Vielleicht hat sie nur Kopfweh.«
    »Ja. Vielleicht. Wart, ich ruf sie an.«
    Doch leider hob Caro nicht ab. Weder am Handy noch zu Hause
unter ihrer Festnetznummer.

     
    Sie
machten sich auf den Weg ins Dorf. Ohne Helena. Hoffentlich war ihr unterwegs
nichts zugestoßen. Der Wald gebot Schweigen. Rotkäppchen fiel Berenike ein.
Dieser Wahnsinn, die Angst und dazu noch die Mutter, die wusste, worum es ging.
Wut stieg in ihr auf, rot und bedrohlich. Dass ein Weg durch den Wald Gefahr
bedeuten mochte, einzig deshalb, weil Rotkäppchen ein Mädchen, sie eine Frau
war. Geh niemals allein durch den dunklen Wald. Totgeleierte Botschaften von
Mädchenbeinen an. Und wer war nun der große, böse Wolf?
    Männer – Feinde. Selmas eigenartige Worte hallten in Berenike
nach.
    Im Gänsemarsch gingen die Frauen bergab. »Nur ruhig«, redete
Selma auf Adi ein, der vor sich hinwimmerte. Ihre kurz geschorenen Haare
knisterten leise, wenn sie mit der Hand darüberfuhr.
    Ein Baumstamm lag quer über dem Weg.
    »War der vorher schon da?« Skepsis lag in Ritas Stimme.
    »Ja, war er. Du wirst drübersteigen und fertig.« Jetzt wurde
auch Gerhild ungeduldig. Eine nach der anderen kletterte über das verrottende
Holz. Berenike leuchtete für alle, ehe sie als Letzte über das Hindernis stieg.
Karate und Krafttraining, wer sagte es denn. Man kam mit den Widrigkeiten des
Lebens besser zurecht. Aufgeben kam nicht infrage. Sie konnte Caro doch nicht
sich selbst überlassen. Nicht, bevor sie wusste, was los war.
     
    Endlich kamen sie bei der alten Mühle aus dem
Wald heraus.
    »Danke, Erdmutter.« Jetzt war auch Berenike so weit, sich bei
sämtlichen Göttinnen dafür zu bedanken, dass sie heil in Hallstatt angekommen
waren. Ihre Beine schmerzten vom Bergabklettern, und der Nacken fühlte sich
steif an, weil sie so sehr auf den Weg gestarrt hatte. Sie gingen an einem grün
zugewachsenen Gasthof vorbei, spärliche Beleuchtung hüllte menschenleere Wege
in matten gelblichen Schimmer. Vom Kirchturm schlug es dreimal. Dreiviertel
elf.
    Angesichts des nächtlich daliegenden Sees atmete Berenike
auf. Straßen, die von hier wegführten, weg in ein harmloses, geborgenes Leben.
Sie sehnte sich nach einem Leben ohne Angst, ohne Gewalt und Trauma, dass es
fast quälend war. Sie passierten Häuser, die nur über steile Steinstufen zu
erreichen waren.
    »Und jetzt?« Denise zitterte, aus der Nähe sah man, wie sich
ihre Rippen unter dem dünnen T-Shirt abzeichneten.
    »Hast du nichts Warmes zum Drüberziehen?«, fragte Berenike.
    »Nein, ich hab nicht mit so einer Kälte gerechnet – ehrlich
nicht.« Etwas jämmerlich sah die junge Frau auf. »In Wien wird’s in der Nacht
nie so kalt.«
    »Wen könnte man denn fragen, wo Caro ist?«, fragte Berenike
nun in die Runde.
    »Niemanden, sie hat keine Angehörigen mehr«, war Selmas kurze
Antwort. »Aber warte, ich kenn ihre Nachbarin. Ich ruf schnell an. Dass mir das
vorher nicht eingefallen ist!« Selma schlug sich mit einer Hand an die Stirn.
    Sie telefonierte hektisch, legte auf. »Petra schaut kurz
hinüber zu Caro. Licht hat sie bei ihr aber keines gesehen.«
    Sie warteten auf den Rückruf. Die Minuten dehnten sich, dann
läutete Selmas Handy endlich. Ihr Gesicht verfinsterte sich noch mehr. Sie
legte auf. »Die Nachbarin hat mehrmals bei Caro geläutet. Niemand hat sich
gerührt. Und das Haus liegt ganz verlassen da. Sagt Petra.«
    »Dann müssen wir wohl Abgängigkeitsanzeige erstatten.«
Berenike sah Ellen an. »Du wohnst doch nicht weit von hier in Obertraun, wo ist
denn hier die Polizeistation? Ich kenn nur den Posten in Bad Aussee …«
    »Ich führ euch hin«, bot Ellen an. »Ist eh nicht weit.« Selma
rief im Frauenhaus an, auch dort wusste man nichts von Caros Verbleib. An
dunklen Fenstern vorbei gingen sie durch den Ort. Selbst am sonst so belebten
Marktplatz mit seinen Gasthäusern war es still. Vor dem ›Grünen Baum‹ kehrte
ein Mann den Gehsteig, ein anderer trug eine Tafel hinein. ›Schnitzel‹, las
Berenike, und ›Häferlkaffee‹. Von irgendwoher drang das metallische Scheppern
eines Mistkübels.
    »Gleich sind wir da, nur noch um die nächste Ecke.«
    Berenike beschleunigte ihre Schritte. Vorbei an dem schmalen
Haus, in dem dieses seltsame Friseurstudio untergebracht war, das wie ein
Überbleibsel aus den 50er-Jahren wirkte. Berenike hatte sich nur einmal bei
Katharina, so hieß die
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