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Ausgesetzt

Ausgesetzt

Titel: Ausgesetzt
Autoren: James W. Nichol
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sie, aber nur einen Moment, »dass alles, was ich an Informationen weitergab, zu deinem Besten war. Du hattest einen heimlichen Beschützer, und wenn du jemals Hilfe oder Geld brauchen solltest, musste ich nur darum bitten. Das hatte man mir gesagt. Ich kannte weder deinen Beschützer noch die näheren Umstände, nur den Mittelsmann.«
    »Wieviel hast du dabei verdient?« Walker konnte sehen, wie ihre Lippen bebten, weigerte sich jedoch, Mitleid mit ihr zu haben. Aber er wusste, er würde das nicht lange durchhalten. Sie hatte ihn in den Arm genommen, ihm Schokolade geschenkt.
    »Hast du’s jemandem erzählt?«, fragte sie.
    Also daher wehte der Wind. Nicht seinetwegen war sie gekommen, sondern zu ihrem eigenen Schutz. »Meiner Freundin«, sagte Walker. »Und der Polizei«, fügte er hinzu. »Bereite dich auf einen Besuch vor.«
    Sie nickte, als habe sie längst gewusst, was ihr bevorstand. Als sei sie nur gekommen, um aus seinem Munde die Bestätigung zu hören.
    Sie hob ihren schweren Körper umständlich aus dem Sessel. Trotz ihres Umfangs war sie immer elastisch und beweglich gewesen, leichtfüßig und voller Schwung. Jetzt wirkte sie steif und alt. Völlig verlassen stand sie mitten im Zimmer. Dann wandte sie sich um und ging.
    Walker empfand keinen Triumph.
     
    Detective Sergeant Kiss besuchte Walker nicht im Krankenhaus. Die ganzen drei Wochen nicht, die er da lag. Doch sobald er entlassen war, ließ Kiss ihm ausrichten, dass er ihn sprechen wolle.
    Walker ging allein hin. Krista war viel zu beschäftigt damit, nachts Taxis durch die Gegend zu schicken und tagsüber ihre neue Wohnung herzurichten. Es war eine große Einzimmerwohnung mit einem übergroßen Bad und einem breiten Flur im Erdgeschoss eines älteren Hauses ganz in der Nähe der Danforth Avenue. Sie konnte problemlos rein und raus. Sie war sehr froh, und Walker freute sich mit ihr. Mehr oder weniger.
    »Wir haben Ihren Vater gefunden«, sagte Kiss, sobald Walker, der sich noch immer mit großer Vorsicht bewegte, sein Büro betreten und Platz genommen hatte.
    »Wo?«, fragte Walker.
    »Dort, wo Jake Nuremborski gesagt hat, dass wir ihn finden würden. In einer alten Zisterne hinter dem Haus.«
    Walker nickte. Er würde nicht weinen.
    »Merkmale eines Angehörigen der Urbevölkerung«, hier sah Kiss von einem Blatt Papier auf, das vor ihm lag. »Oder First Nation, wenn Ihnen das lieber ist. Ungefähr zwanzig Jahre alt. Etwa einsachtzig groß.«
    »Sein Name war Kyle Walker Tennu. Sie wissen doch, wer er war«, sagte Walker.
    »Ja«, sagte Kiss, »aber wir versuchen, seine Identität mit zahnärztlichen Befunden und solchen Sachen hieb- und stichfest zu machen.«
    Kiss’ wettergegerbtes Gesicht schlug um die Augen herum ein paar Fältchen, vielleicht der Versuch eines aufmunternden Lächelns. »Was ihre Mutter betrifft, hatte ich sie die ganze Zeit in einer Schublade«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Unbekannte weibliche Überreste, im Frühjahr 1983 von Jägern gefunden. In der Nähe der Stelle, an der laut Jake Nuremborski sein Sohn ihre Leiche versteckt hatte. Wir hatten sie also die ganze Zeit in einem Lagerhaus.«
    Walker hatte nicht wirklich daran geglaubt, dass man Lennie noch irgendwo, irgendwie lebendig finden würde. War er es nicht gewesen, der immer gesagt hatte, dass sie bestimmt tot war, dass beide tot waren. Er würde nicht weinen.
    »Ihre Freundin sagte, dass meine Mutter sich als Kind einmal das Bein gebrochen hat.« Walker klammerte sich an einen Strohhalm.
    Kiss blickte ihn bei dieser Information ein wenig überrascht an. Er prüfte ein anderes Blatt Papier, dann nickte er. »Stimmt«, sagte er.
    »Kann ich sie haben?«, fragte Walker. »Kann ich meine Mutter und meinen Vater haben?« Sein Gesicht zerbarst.
    Kiss musste wegsehen.
     
    An dem Tag, an dem Walker seine Eltern zu Grabe trug, fing es an zu schneien. Es war Januar, aber in der Zwischenzeit hatte es getaut. Frank Ellen, der auf dem Friedhof in Big River arbeitete, holte den Schaufellader und riss den Boden auf.
    Walker wollte seine Eltern nicht nur in Big River begraben, er wollte ihre Gebeine auch in demselben Sarg beerdigen. Er sagte, sie seien lange genug getrennt gewesen. Die Familie Devereaux – Töchter, Schwiegersöhne, Onkel und Tanten – erbleichten kurz bei diesem Gedanken, doch dann standen alle, wie fast immer, zusammen. Mit Pater Perrots Zustimmung wurde alles in die Wege geleitet. Walker würde seinen Willen bekommen.
    Am Abend vor der Beerdigung, nachdem
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