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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'!
Autoren: C Winter
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heiratsfähigen Alter, mit einem soliden Bankjob und kinderlieb obendrein. Drei Wochen nach dem ersten Klick stand er vor mir. Er brauchte genau zehn Minuten, um mich ins Bett zu kriegen. Zugegeben, meine Verzückung war blind und taub. An seinen Worten und seinem Gebaren hegte ich nicht den geringsten Zweifel. Und meine Gehirntätigkeit reduzierte sich eindeutig auf meine Vagina. Ich genoss den göttlichsten Sex meines Lebens. Mr. G. entfachte ungeahnte Leidenschaften in mir und führte mich und meinen willenlosen Körper direkt in den siebten Himmel. Dort weilte ich tagelang auf Wolke Sieben und lief mit einem dümmlichen Grinsen im Gesicht durch die Welt, die aus rosafarbenen Wattebäuschen bestand. Doch dann fiel ich da irgendwie runter auf den harten, unbequemen Boden der Realität. Der Satz, der mich von meiner Schäfchenwolke schubste, lautete in etwa so: „Ich arbeite gelegentlich für den Bundesnachrichtendienst.“
    Ich war einem Psychopathen auf den Leim gegangen.
     
    Leider blieb ich da kleben. Mr. G. spann ein geschicktes Netz aus Lügen, Wahrheiten und Manipulationen um mein verlorenes Herz und brachte mich genau dorthin, wo er mich am liebsten sah. Nackt in seinem Bett. Nein, in meinem, da sein Haus mit Abhörgeräten gespickt war. Logischerweise. Er versprach mir die Welt und den Himmel gleich dazu. Bekommen habe ich nichts. Stattdessen verwirrte er mich dermaßen, dass ich an meinem Verstand zweifelte. Ob merkwürdige Anrufe, abgestochene Reifen oder Außenaufnahmen von meiner Wohnung im Internet, alles passte irgendwie zu den irrwitzigen Dingen, die er mir erzählte. Drei Tage, bevor die Zwillingstürme in den Staaten fielen, bat er mich mit erstickter Stimme, öffentliche Plätze zu meiden. Etwas werde geschehen, das den Weltfrieden gefährdete. Ich fand das ziemlich witzig. Danach habe ich dann nicht mehr gelacht.
    Unglücklicherweise verpasste ich sogar jetzt noch den Absprung und fieberte seinen Besuchen entgegen. Die ihn umwitternde Gefahr lieferte Feuer und Dynamit für unsere körperlichen Begegnungen. Nach zwei Jahren hatte eine gute Freundin die Faxen dicke. Sie konnte mein Gejammer nicht länger ertragen. Die Polizeikommissarin hackte sich unter Vernachlässigung jeglicher Datenschutzbestimmungen in den Computer ihrer Behörde. Auf dem schlichten Ausdruck seiner Akte stand, dass Mr. G., während er mit mir schlief, eine andere Frau geehelicht hatte. Seitdem habe ich von Geheimagenten die Nase gestrichen voll.
     
    Britta kichert in ihr Glas. Ihr Alkoholpegel gelangt inzwischen, um es milde auszudrücken, an das Maximum des Eichstrichs. Sie kippelt bedenklich mit dem alten Stuhl, der mich beinahe Kopf und Kragen gekostet hätte, sodass ich sicherheitshalber an die Lehne fasse. Ein bisschen schwindlig ist mir auch schon, ich gebe es zu. Britta rumst mit allen vier Stuhlbeinen auf den Boden und schnellt mit dem Oberkörper nach vorne. Erstaunlich zielsicher greift sie nach meinem indischen Kochbuch, welches noch aufgeschlagen auf dem Tisch liegt. Liebevoll streichelt sie den Einband und wischt – leider ehe ich es verhindern kann - mit Spucke über die kleinen Fettflecken auf dem Curryrezept. Sie schüttelt bekümmert den Lockenkopf, da ihre Bemühungen ohne Ergebnis bleiben. Behutsam nehme ich das kostbare Buch an mich. Manchmal meine ich sogar, Safran zu riechen, wenn ich in diesen Seiten blättere. Allein deshalb ist dieser Rezeptband irgendwie ein Heiligtum. Sorgsam stelle ich es an seinen Platz zurück.
    „Es sollte Läden dafür geb'n. Nur mit Kochbüschern. Un falls einer mal nischt waisss, wie er das Reschept in einem davon kochen soll, kann ma das dann gleisch ma da ausprobiern…“, lallt Britta.
    In meinen Ohren plätschert es. Keine Ahnung, wo das herkommt.
    „Sag das nochmal.“
    Dabei wage ich es nicht, mich umzudrehen. Ich verharre mit ausgestreckten Armen, die Finger halten noch den Buchrücken umschlossen. Nun lausche ich konzentriert auf die Stimme in meinem Innern, die immer lauter und deutlicher wird. Bis ich sie verstehe.
    „Du machs ´nen Kochbuschladn auf …“

4. Mission Melone
     
    Mein erster Gedanke beim Aufwachen ist niederschmetternd: Ich kann mir Olga nicht mehr leisten. Mit einem Wimmern ziehe ich die Bettdecke über den Kopf. Nie wieder Freitagsgesinge. Zum Glück. Leider auch keinen Kaffee. Wie tragisch. Es lohnt nicht, aufzustehen. Wenn ich die Augen nur lange genug zukneife, könnte ich so tun, als wäre nichts passiert. Der Wecker wird klingeln und
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