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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht
Autoren: Cody Mcfadyen
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mit unscheinbarem Gesicht. Doch trotz äußerlicher Defizite trifft er sich ständig mit den hübschesten jungen Frauen.
    Mein Team und ich kommen selten freiwillig zu unseren Fällen. Zwar gibt es Bereiche spezifischer FBI-Zuständigkeit - Entführung und Bankraub zum Beispiel -, doch in den meisten Fällen, besonders bei Tötungsdelikten, müssen wir von den örtlichen Polizeidienststellen hinzugezogen werden. Barry ist einer der wenigen Kollegen, die sich in ihrem Denken nicht von Politik beeinflussen lassen, wenn es um Fortschritte bei einer Ermittlung geht. Wenn er meint, dass wir bei der Lösung eines Falles eine Hilfe sein können, ruft er uns an. Wir haben schon bei vielen Gelegenheiten zusammengearbeitet und schwierige Fälle gelöst. Wer am Ende den Ruhm einheimst, hat weder Barry noch mich und mein Team jemals gekümmert.
    Ich schaue zu den übrigen Gästen, die auf ihren Plastikklappstühlen sitzen. Es sind nicht allzu viele. Callies Eltern sind nicht darunter; sie wurden nicht eingeladen. Sie hatten Callie damals gezwungen, Marilyn abzugeben, und das hat sie ihnen nie verziehen. Mein Blick schweift weiter zu Alans Frau, Elaina. Sie schaut zu mir, und ihre Lachfältchen kräuseln sich. Ich erwidere ihr Lächeln. Elaina ist einer der wenigen von Grund auf guten Menschen, die ich kenne. Zu viele Leute verbergen unschöne Geheimnisse hinter einer Fassade der Anständigkeit und einem Zahnpastalächeln. Auch Elaina ist nicht fehlerlos; das ist niemand. Aber sie war es, die mich nach Sands' Blutorgie im Krankenhaus besucht hat, als ich mit Schmerzen und Entsetzen zu kämpfen hatte, während ich an die weißen Deckenplatten starrte und den unpersönlichen Piep- und Zischlauten der Geräte lauschte, die meine Körperfunktionen stützten. Elaina schob die protestierende Schwester beiseite, um mich in die Arme zu nehmen, sodass ich mich an ihrer Schulter ausheulen konnte. Ich habe buchstäblich bis zur Besinnungslosigkeit geweint, und als ich wieder zu mir kam, war Elaina immer noch da. Ich liebe sie. Sie ist wie eine Mutter für mich.
    Neben ihr sitzt Assistant Director Jones, mein Chef. Er wirkt ein bisschen desinteressiert und schaut ständig auf die Uhr. Wahrscheinlich wird man so, wenn man zwei gescheiterte Ehen hinter sich hat. AD Jones ist lange Zeit mein Mentor gewesen, mein privater Rabbi sozusagen. Er ist zu sehr Führungspersönlichkeit, um ein Freund zu sein, aber er ist ein großartiger Chef.
    Es ist eine Gesellschaft aus Jägern menschlicher Ungeheuer und den Opfern unvorstellbarer Gewalt. Manche Gäste sind beides zugleich. Es sind Menschen, die täglich mit Leid und Tod zu tun haben.
    Mein Handy meldet den Empfang einer SMS. Ich klappe es auf und erstarre.
     
    Ich bin ganz nah. Und ich habe ein Geschenk für Sie, Special Agent Barrett.
     
    Ich lasse den Blick schweifen, schaue suchend über die Gäste hinweg. Ein Paar, das am Strand entlangspaziert, ist stehen geblieben, um die Hochzeit zu beobachten. Ein Surfer paddelt aufs Meer hinaus, obwohl das Wasser eiskalt sein muss. Vor dem Eingang des nahen Hotels gehen und kommen Leute. Doch außer dem Paar schaut niemand zu uns herüber.
    Wer immer die SMS geschickt hat, könnte sich im Hotel ein Zimmer gemietet haben, überlege ich. Vielleicht beobachtet er uns genau in diesem Augenblick von einem Fenster aus...
    Ich schaue nach oben, doch durch die Scheiben ist nichts zu erkennen. Außerdem hat das Hotel zehn Stockwerke. Ich klappe das Handy zu. Ich bin mehr ängstlich als zornig. Wer auch immer diese Nachricht geschickt hat, kennt meine Nummer und ist mir damit näher, als mir liebt ist.
    Ich sehe Bonnie an und merke, dass sie mich mustert und mit ihren viel zu alten Augen meine Gefühlslage erkundet. »Alles in Ordnung?«, fragt sie.
    Ich streichle ihr über die Wange. »Ja, Schatz. Aber wo bleibt eigentlich Callie?«
    Wir haben sie vor zehn Minuten allein gelassen. Sie trug bereits ihr Kleid, das Make-up war perfekt - sie brauchte bloß noch in die Schuhe zu steigen und sich auf den Weg zur ihrem Zukünftigen zu machen.
    »Ob was mit Kirby ist?«, flüstert Marilyn.
    Es stimmt: Dass Callie und Kirby gleichzeitig fehlen, ist ein bisschen beunruhigend. Ich schaue zum Priester, Pater Yates. Er lächelt mich an, ein Bild der Geduld. Ich habe ihn bei unserem letzten Fall kennengelernt und unsere Bekanntschaft aufrechterhalten.
    Dann endlich setzt die Musik ein, und ich sehe Kirby durch den Gang an ihren Platz huschen. Sie macht einen verärgerten
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