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Ausgekocht

Ausgekocht

Titel: Ausgekocht
Autoren: Tina Friedrich
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zuviel zu verlieren.
    Nun stellte er einen Topf auf den Herd. Karina erzählte , dass ihre Freundin Anna sich solche Rituale wie diese s wünschte und sie beneidete .
    „ S o mitten in der Woche gemeinsam mit dem Ehemann ein Essen zu zubereiten und den Alltagsstress für zwei Stunden zusammen vergessen zu können . Das hält die Liebe jung und man entfremdet sich nicht “ sagte Karina.
    Er zog die B raunen hoch, nickte aber: „Ma n kann sich dabei unterhalten“. A ber wir nicht mehr lange , denn heute ist ein guter Tag zum S terben !
    Hannes gab ein Stück Butter in einen Topf und schmorte das klein geschnittene Gemüse an, gab  dann die Kartoffelstücken dazu, goss mit Brühe auf , fügte ein Lorbeerblatt, Salz , Pfeffer und zwei Pimentkörner hinzu. Als es im Topf zehn Minuten köchelte, fischte er das Lorbeerblatt und die Pimentkörner wieder heraus, pürierte die Suppe mit dem Mixstab und füllte sie mit Sahne auf. E r holte ein frisches Lachsfilet aus dem Kühlschrank, wusch es, beträufelte es mit Zitrone und schnitt es in schmale Streifen, die er in die Suppe gleiten ließ. Dann öffnete Hannes die Tür zum Heizungsraum , welcher , wie die Speisekammer , an die Küche anschloss . Zufrieden registrierte er den Stapel Frauenzeitschriften und begann die A nlage mit Holz anzuheizen .
    Muss das Dickerchen dann hertragen , notfalls muss ich danach die Küche bohnern , wenn sie mir zu schwer ist und die Beine Schleifspuren hinterlassen .
    V or seinem geistigen Auge sah er sich selbst , als tief betroffene n Ehemann, welcher gerade vom Arzt erklärt bekam, dass sich seine geliebte Frau an Cyanwasserstoffgasen, die sich beim Verbrennen von polymeren Kunststoffen bildeten, vergiftet hatte .
    Er malte sich aus, wie er mit Ina später eine Kennlerngeschichte für die Medien initiieren würde, eine Romanze - das berühmte Model gab dem trauernden Witwer wieder neuen Lebensmut - und wie sich in seinem dann umgebauten Hotel Geldmagnaten , Politiker und bekannte Künstler dank Inas Bekanntenkreis die Klinke in die Hand gaben . E ndlich wird er es geschafft haben ganz oben mitzumischen ; ohne Karina. Karina hatte in de r Zeit den Tisch abgeräumt und zum Mittag eingedeckt, schob den Topf an die Herdkante und griff nach der Espressokanne um sich einzuschenken.
    „ Ach, Tölpel! “ schimpfte sie sich , als sie einen Teil des Espresso s versehentlich über die Kuchenscheiben goss, aber im gleich en Augenblick bekam sie eine , wie ihr schien, fantastische Idee. Beim D urchblättern der aussortierten Frauenzeitschriften hatte sie flüchtig ein Rezept für Rumkugeln gelesen und war erstaunt, wie schnell die zu machen sind. Da es fast ein ungeschriebenes Gesetz ihrer Küche war , dass es zum Eintopf etwas Süßes als Nachtisch gab , setzte sie dieses Rezept nun schnell um. Sie fügte einen Esslöffel Marmelade , Schokoladenstreusel und 2cl Rum auf den Kuchen und ver knetete alles zu einem festen Brei. Dann formte sie daraus zwei Kugeln, die sie in geriebener Schokolade wälzte.
    Stolz betrachtete sie ihr Werk , das sich in Minuten von einem Fall für den Müll zu einer kleinen Köstlichkeit wandelt e . Karina wusch sich ihre Hände gründlich und deckte den Tisch , d ie Rumkugeln stellte sie zu den Espressotassen auf der Anrichte und holte aus der Speisekammer die letzten Stücke Sandkuchen dazu . Freundlich rief sie ihren Gatten zum Essen. Hannes setzte sich, goss Wei ßwein in die Gläser und betrachtete Karina beim Zutrinken.
    „Was für ein mord s gutes Essen“ sagte er kichernd, dann löffelte er schweigend die Suppe .
    “Du bist ja so aufgeräumt.“ b emerkte s eine Frau und erzählte beim Essen über alles Mögliche .
    Hannes wurde es plötzlich unangenehm, dem ersehnten Ereignis so direkt beizuwohnen . Er schenkte Espresso ein, stellte den Kuchen und eine Tasse vor Karina damit sie ihren Appetit auf Süßes mit dem Sandkuchen still t e , griff sich den Teller mit den Rumkugeln , sagte: „Hab noch zu tun.“ und verschwand im Heizungsraum.
    Dort pflegte er wieder seine Vorstellung der trauernde n Witwer schaft, während er die Brennkammer der Anlage mit Zeitschriften und Kunststoffabfällen befüllte , deren giftige Gase ja die Todesursache erklären sollten . Er warf auch das Fläschchen aus seiner Jackentasche in die Flammen. Während das Plast in der Hitze verglühte, aß er die erste Rumkugel, genoss ihren Geschmack, dachte dabei wieder an sein Leben mit Ina und biss gerade in die zweite Rumk ugel, als ihm
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