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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Autoren: Andreas Eschbach
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vor Markus’ Tür, einen vollgepackten Anhänger am Auto. Beim Kaffee erzählten sie, dass sie im Begriff seien, von Washington nach Vancouver zu ziehen, wo Maria eine Stelle als Dozentin für Politik und Geschichte gefunden hatte.
    »Ich wollte nicht noch einmal für den Senat kandidieren«, erzählte sie. »Das ständige Pendeln nach Philadelphia wurde immer anstrengender – die Straßen werden mit jedem Frost schlechter, und einen Platz in einem Flugzeug zu bekommen ist inzwischen auch für Senatoren schwierig. Abgesehen von dem Zustand, in dem manche Maschinen mittlerweile sind …«
    »Und da dachten wir, wenn schon weg aus D.C., dann richtig«, fügte Silvio hinzu. »Außerdem wird es Zeit, an Kinder zu denken.«
    Sie ließen sich überreden, über Nacht zu bleiben, und erzählten beim Abendessen, das täten seit dem Anschlag viele: Washington, D.C., verlassen. Es sei irgendwie einfach nicht mehr dieselbe Stadt.
    »Eine Menge Leute glauben, das Westerman -Projekt sei die falsche Entscheidung gewesen«, erklärte Maria. »Sie sagen, die USA hätten sich damit nur verausgabt, aber die Weltwirtschaft nicht genug in Schwung gebracht, um uns noch zu retten. Dass man stattdessen besser die Ölfelder von Venezuela besetzt hätte. Dass es eben letztlich doch keinen Ersatz für Öl gebe.«
    »Aber Washington ist immer noch die Hauptstadt «, rief Amy-Lee aus. »Man kann sie doch nicht einfach aufgeben!«
    Das Holzscheit im Kamin knackte vernehmlich. Etwas – ein Tannenzapfen vermutlich – kollerte das Dach hinab. Es war das Jahr vor dem Ausbruch der großen Unruhen.
    Silvio und Maria tauschten Blicke. Dann meinte Silvio, während er mit dem Finger über den Rand seines Weinglases strich und damit einen leisen, traurigen Ton erzeugte: »Ich weiß nicht. In der Geschichte sind viele seltsame Dinge passiert. Nimm Rom zum Beispiel. Rom war die Hauptstadt des größten Reiches, das die Welt bis dahin gesehen hatte; eines Reiches, das länger gedauert hat als jedes vor und jedes nach ihm und das die Welt bis heute prägt. Im Jahr 100 hatte Rom eine Million Einwohner – was beim damaligen Stand der Erdbevölkerung heute einer Vierzig-Millionen-Stadt entspräche. Es war eine unvorstellbar reiche und prächtige Stadt. Es war der Mittelpunkt des Universums.«
    Er nahm den Finger vom Glas, und der Ton verklang.
    »Im Jahr 1100 , also tausend Jahre später, hatte Rom nur noch fünfzehntausend Einwohner. Und im 18 . Jahrhundert, als anderswo das Industriezeitalter anbrach, grasten noch immer Kühe im Forum Romanum .«

EPILOG
    Dreißig Jahre später
    E r ging an Deck, um zu verfolgen, wie das Schiff in den Hamburger Hafen einlief. Es roch nach Tang, und der Himmel war klar. Herrlich, der Anblick der Schiffsmasten und Verladekräne, der Hallen und Piere in der aufgehenden Sonne.
    Ein Segler zog rasch vorüber, ein Katamaran mit der baskischen Flagge am Heck. Das Rangierboot stieß dichten, weißen Rauch aus, dessen Spiritusgeruch Markus in die Nase biss.
    Hatte er alles? Er tastete sein Jackett ab, fühlte den Pass in seiner Brusttasche, das Etui mit der Lesebrille. Hoffentlich klappte das mit dem Gepäck so, wie man es ihm versprochen hatte.
    Das Anlegemanöver. Taue, die von Bord geworfen wurden, Männer am Kai fingen sie auf, wickelten sie um Poller. Der mächtige stählerne Leib der R.M.S. King William brandete auf das Mauerwerk zu, dass man darum fürchten musste. Aber die Seeleute hatten es im Griff. Die Schiffsmotoren heulten auf, das Wasser schäumte, und dort an der Passagierbrücke wartete man gelassen auf das Ende des Manövers.
    Kaum hatte er den Fuß an Land gesetzt, zurück auf dem alten Kontinent, stand Julian vor ihm. Er sah genau so aus wie auf dem Foto.
    »Ah, da bist du ja schon«, entfuhr es Markus. Er streckte die Hand aus. »Hallo, Neffe.«
    »Hallo, Onkel Markus.« Julian lächelte. »Sag jetzt bloß nicht, dass ich groß geworden bin.«
    »Würde ich mich nie trauen. Obwohl’s mir so vorkommt. Wahrscheinlich, weil man mit dem Alter schrumpft, schätze ich.«
    »Eine Frage der Perspektive, bekanntlich.«
    Wie alt war Julian? Er musste auch schon über vierzig sein, oder? Im besten Mannesalter, wie man so sagte. Für einen Professor der Mathematik sah er allerdings erstaunlich jung aus. Und normal.
    Sie warteten, während das Gepäck ausgeladen wurde. Julian erkundigte sich, wie die Reise verlaufen war. »Man hört viel von Piraten in letzter Zeit.«
    »Ein Kriegsschiff hat uns die halbe Strecke
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