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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Autoren: Andreas Eschbach
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Beteiligten offenbar eher an das Manhattan-Projekt erinnert, den Bau der Atombombe also, denn praktisch vom ersten Moment an sprachen alle nur vom Westerman-Projekt . Der originale, blasse Projektname (irgendetwas mit New Fuel oder so) geriet in Vergessenheit.
    Die Assoziation war nicht unberechtigt. Es war eine Operation von ungeheuren Ausmaßen. Mit derselben Entschiedenheit und den gleichen organisatorischen Mitteln, mit denen die USA die Materialschlacht des Zweiten Weltkriegs gewonnen und später Menschen zum Mond geschickt hatten, wurde die Umrüstung der Welt von Benzin auf Alkohol in die Wege geleitet – ein Vorhaben, das angesichts der maroden Ausgangssituation umso anspruchsvoller war.
    Zunächst musste man die Ostraktionsfolie in der benötigten, gigantischen Menge herstellen, danach die zugehörigen Maschinen in ausreichend großer Zahl fertigen und sie dann an Ort und Stelle transportieren. Motoren waren auf den Betrieb mit Alkohol umzurüsten, Landwirte im Umgang mit den neuen Geräten auszubilden. Und schließlich musste eine Infrastruktur für das Einsammeln, Lagern und Verteilen des neuen Kraftstoffs geschaffen werden.
    Es erwies sich als unnötig, die letzte noch auffindbare KAPPELLING-SUPERTEX zu zerlegen und nachzubauen: Einer der Geheimdienste besaß die Baupläne. So legte man sofort eine Serie von zehntausend Maschinen auf.
    Es war nötig, für einige Teile, die nirgendwo mehr zu bekommen waren, eigene Fabriken zu errichten: Man errichtete sie.
    Es war erforderlich, das Verfahren zur Herstellung der Nanopartikel zu verbessern, um die benötigten Mengen schneller zu erhalten: Man verbesserte es.
    Es war unabdingbar, sich mit den Regierungen, Verwaltungen und Verbänden aller Länder abzustimmen, die sich an dem neuen System beteiligen würden: Man stimmte sich ab.
    An Ingenieuren und Konstrukteuren herrschte kein Mangel. Bald machten sich Hunderte davon über das von Markus entworfene Gerät her, um jeden nur denkbaren Aspekt daran zu untersuchen und, wenn möglich, zu verbessern. Verwaltungsleute erfassten alle landwirtschaftlichen Betriebe, deren Flächen und deren Nutzung, um die Geräte optimal aufzustellen. Gebrauchsanweisungen, Unterrichtsmaterialien und Reparaturhandbücher in allen Sprachen waren zu erstellen, zu drucken und zu verteilen, Seminare zu veranstalten, Spezialisten auszubilden. Marketingleute drehten Fernsehspots, gestalteten Anzeigen, planten und realisierten Kampagnen, um den Umgang mit der neuen Technologie so rasch so bekannt wie möglich zu machen.
    Die falsche Schreibweise sollte sich übrigens halten. Die zylindrischen Geräte, die bald überall in den USA standen und kurze Zeit darauf auch in der übrigen Welt zum üblichen Erscheinungsbild eines landwirtschaftlichen Betriebs zählten, wurden hartnäckig als Westermans bezeichnet, und nichts, was Markus unternahm, konnte jemanden dazu bewegen, ein zweites n hinzuzufügen. Als der Begriff im Webster’s aufgenommen wurde, dem maßgeblichen Wörterbuch des amerikanischen Englisch, gab er es endgültig auf.
    Die ganze Welt eroberten die Westermans allerdings nicht: Einige arabische Länder, allen voran Saudi-Arabien, verboten den Einsatz der Geräte kategorisch. Der Islam verbot den Alkohol, Ende der Diskussion.
    Es war ein anderer Westermann, der die arabischen Länder eroberte …
    Endlich kam Frieder darauf, was ihn an diesem Festakt so befremdete: dass er ganz ohne Musik ablief. Kein Marsch, keine Nationalhymnen, nichts. Es gab keine Musikanten. Nur diese Zelte unter dem glühenden Himmel, unglaubliche Mengen edler Teppiche, Stuhlreihen und das Rund der Masten mit den Flaggen aller an dem Projekt beteiligten Nationen. Was eine Menge waren. Nicht nur fast die gesamte arabische Nachbarschaft, sondern auch etliche europäische Staaten bis hinauf nach Slowenien.
    Nur ganz wenige Frauen waren anwesend. Die griechische Ministerpräsidentin war die einzige von Rang, wenn er das richtig sah. Sie wirkte, als könne sie es auch kaum erwarten, dass der Festakt vorbei war.
    Vorhin hatten sich die Muslime zum Mittagsgebet in einem der großen Zelte versammelt, während die Europäer mit den Journalisten aus aller Welt herumgestanden, gewartet und sich an den Fruchtsaftgläsern festgehalten hatten. Wasser mit einem Spritzer Zitronen- und Apfelsaft sowie einer Prise Salz, das war über die Jahre des Baus Frieders Geheimwaffe gegen die Hitze geworden.
    Nun mischten sich die Gruppen wieder, die Anzüge und die arabischen Gewänder.
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