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Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)

Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)

Titel: Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
Autoren: Stephan Harbort
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eine deutliche Diskrepanz zwischen dem auch nach außen formulierten Selbstanspruch und seiner tatsächlichen Befähigung. Sein Berufsziel, Rettungssanitäter zu werden, sei unrealistisch gewesen, wird berichtet, Konstantin Färber habe sich bei verschiedenen Tätigkeiten als »völlig ungeeignet« erwiesen, insbesondere auch deshalb, weil er nicht in der Lage gewesen sein soll, mit anderen Menschen zu kommunizieren. So habe er während der Pausen die Arbeitskollegen nur angestarrt, aber nicht angesprochen. Deshalb sei »die Zusammenarbeit schwierig gewesen«. Zuletzt setzte man ihn nur noch als Fahrer für Blutkonserven und Medikamente ein. Trotz dieser Zurücksetzung war Konstantin Färber nicht davon abzubringen, sich als angehenden Rettungssanitäter zu sehen.
    Auf den ersten Blick hat das berufliche Scheitern des jungen Mannes nichts mit dem Mord an Bertha Juskowiak zu tun. Bei näherer Betrachtung aber vielleicht doch. Möglicherweise suchte Konstantin Färber nicht nur nach einer Gelegenheit, um sich als Retter in der Not zu inszenieren und zu beweisen, sondern führte sie sogar herbei, als er Bertha Juskowiak lebensgefährlich verletzte, um sie dann heldengleich vor dem Tod zu bewahren. Nur wenn es sich so verhalten haben sollte, dann müsste auch erklärt werden, warum Konstantin Färber so oft und so brutal zustach. Insofern ergibt diese Überlegung keinen Sinn und wird von den Ermittlern schließlich verworfen.
    Unzweifelhaft erscheinen hingegen jene Beweise, die wieder einmal Rechtsmediziner liefern. Und sie wiegen schwer. Denn, obwohl die Latexmaske »Justin, der Serienkiller« gereinigt wurde, haben Experten im Gesichtsbereich der Verkleidung Blutreste des Opfers nachweisen können und an der Innenseite Speichel des Beschuldigten. Demnach muss Konstantin Färber die Horrormaske zur Tatzeit getragen haben. Er muss mit dem Messer zugestochen haben, das in der Küche gefunden wurde, da am ockerfarbenen Griff Zellreste von Bertha Juskowiak festgestellt wurden. Doch weil nach wie vor ein Geständnis fehlt, halten sich die Ermittlungsbehörden mit öffentlichen Schuldzuweisungen und Mutmaßungen zur Tatmotivation zurück. »Es stellt sich so dar, dass der vermeintliche Helfer der Täter ist«, erklärt ein Vertreter der Staatsanwaltschaft während der Pressekonferenz. »Aber solange der Beschuldigte nicht mit uns redet, kennen wir das Motiv nicht.«

    Wochen später tritt eine überraschende Wendung ein: Konstantin Färber lässt sich Wochen psychiatrisch begutachten und erzählt aus seinem Leben. Seine Vita ist die eines wenig intelligenten Menschen (IQ von 90), der es vornehmlich der Fürsorge und Beharrlichkeit seiner Mutter zu verdanken hat, dass er nicht auf die Sonderschule gehen muss, sondern die Realschule erfolgreich absolviert. Der Junge hat zeitlebens keine engen Freunde, auch keine Freundin, er ist eher ein Eigenbrötler. Sonst fehlen aber typische Merkmale bzw. Phasen einer Fehlentwicklung, die insbesondere bei jüngeren Mördern häufiger festzustellen sind: Konstantin reißt Fröschen keine Beine aus, schlägt sich nicht mit anderen Kindern, provoziert nicht, das Verhältnis zur Mutter ist überwiegend herzlich und vertrauensvoll, er interessiert sich weder für Ego-Shooter noch für andere Computerspiele, ebenfalls nicht für reale Serienmörder, er raucht nicht, trinkt keinen Alkohol und nimmt keine Drogen. Er begeht keine Straftaten, und er fällt auch nicht durch frag- oder merkwürdige Mitteilungen in Internetforen auf oder verschafft sich perverses Bildmaterial, um sich daran zu ergötzen.
    Nach Einschätzung der Gutachter lässt sich der ihnen gegenüber freundliche und kooperative Proband mit nur drei Eigenschaftswörtern zutreffend beschreiben: unauffällig, unreif, unsicher. Allerdings vermuten die Sachverständigen, Konstantin Färber könnte beim Übergang vom Jugendlichen- ins Erwachsenenalter gescheitert sein, er habe entgegen seiner eigenen Erwartung realisieren müssen, dass auch schon an junge Menschen mitunter hohe Anforderungen gestellt werden, an denen man auch scheitern kann, und niemand da ist, der für einen Ausgleich sorgt oder überhaupt Anteil nimmt, hilft. Allein Leistung zählt – eine wohl ziemlich deprimierende Erfahrung für jemanden, der andere Verhältnisse kennt und gewohnt ist.
    Die Sachverständigen können keine psychiatrische Erkrankung oder seelische Störung mit Krankheitswert feststellen. Konstantin Färber wird als voll schuldfähig gesehen. Hingegen
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