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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Autoren: Gina French
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unschuldig, und der unerwartete Anblick eines nackten Mannes schockierte mich so, dass ich zu zittern begann.
    »Sag meiner Mutter und meinem Vater nicht, dass du mich so gesehen hast«, sagte er plötzlich nervös, als er meine Reaktion bemerkte und nicht wusste, was er machen sollte.
    Ich schwieg nur und konnte in dieser Situation nicht die richtigen Worte finden. Schließlich entschloss ich mich, einfach mit meiner Arbeit weiterzumachen, als ob nichts gewesen wäre, und verließ das Bad so schnell wie möglich. Ich erwähnte den Vorfall nie. Das Gefühl von Angst und Verletzlichkeit, das der Zwischenfall bei mir ausgelöst hatte, ließ mich allerdings nachts keinen Schlaf finden; ich fühlte mich unsicher und hatte Heimweh. Ich lag in meinem Bett und weinte still nach meiner Mutter und meinen Geschwistern, wobei ich mein Gesicht mit den Laken bedeckte, damit die anderen Mädchen mich nicht hörten und fragten, was denn los sei. Untertags war ich aber weiterhin sehr glücklich, denn alle behandelten mich wie eine von ihnen; nur nachts kam dann die Traurigkeit wieder.

    Ein paar Wochen später gingen an einem Abend alle bis auf den ältesten Bruder aus, und als ich in mein Zimmer ging, war mir klar, dass wir beide mehrere Stunden allein zu Hause sein würden. Ich machte die Zimmertür fest zu und wünschte mir, sie von innen verriegeln zu können. Dann stieg ich mit Shorts und T-Shirt ins Bett und zog die Laken eng um mich - als Schutz vor meiner Angst. Ich hatte keine Ahnung, was passieren könnte. Ich wusste nur, dass ich Angst hatte. Ich wollte so schnell wie möglich einschlafen und beim Aufwachen alle wieder zu Hause vorfinden. Das Leben sollte einfach seinen normalen Gang gehen.
    Ich hörte, wie er kurze Zeit später ins Zimmer kam, aber ich machte die Augen nicht auf und hoffte, dass er dachte, ich würde schlafen, und dass er wieder in sein Zimmer ging. Ich spürte, wie heiß sein Körper war, als er näher an mein Bett herankam, und ich spannte jeden Muskel an, damit ich nicht zitterte und mich verriet. Doch als ich fühlte, wie seine Hand das Laken berührte, konnte ich nicht anders, als einen Schrei des Entsetzens auszusto ßen.
    »Keine Sorge, keine Sorge«, sagte er, während er zurückwich. »Sag meiner Mutter nicht, dass ich in dein Zimmer gekommen bin.«
    Ich sah, wie er aus dem Zimmer ging und die Tür hinter sich schloss. Ich hatte keine Ahnung, was er im Sinn gehabt hatte und ob er zurückkommen würde. Ich wusste nur, dass ich nach Hause wollte.
    Ich sagte meiner Chefin nie, was passiert war, aber von dem Augenblick an wurde mein Heimweh mit jedem Tag schlimmer. Auch wenn die Töchter meiner Arbeitgeber mich wie eine Schwester behandelten, wollte ich nun doch
meine eigenen Geschwister wiedersehen. Ich wollte ins Zuhause meiner Kindheit, wollte das Gefühl von Sicherheit wieder empfinden und aufhören, auch nur noch einen Augenblick lang so zu tun, als wäre ich schon erwachsen.
    »Ich will wieder nach Hause«, sagte ich schließlich zu meiner Chefin.
    »Ach je.« Sie sah wirklich traurig aus, und ich bekam Schuldgefühle. »Aber wir mögen dich wirklich sehr. Bitte bleib bei uns. Vielleicht hast du ja ein bisschen Heimweh, aber das geht vorbei.«
    Ihr Mann sagte das Gleiche, als er nach Hause kam. »Was können wir tun, damit du bleibst?«, fragte er.
    »Möchtest du, dass ich dir eine Garnitur neue Kleider mache?«, fragte seine Frau; sie war auch Näherin.
    »Meine Oma ist gestorben«, log ich und hatte gleich noch mehr Schuldgefühle, weil ich ihnen nicht die Wahrheit sagte, aber eine andere Ausrede fiel mir nicht ein. »Meine Familie möchte deshalb, dass ich nach Hause komme.«
    Sie versuchten erneut, mich umzustimmen, aber ich weinte einfach immer weiter, und schließlich lenkten sie ein und sagten, dass ich meine Entscheidung selbst treffen müsse. Ich spürte, dass sie verärgert über mich waren, denn die Atmosphäre im Haus hatte sich verändert. Ich wollte nicht mehr bleiben, aber genug Geld für den Bus nach Hause hatte ich noch nicht. Ich ging also zu der Familie, die nebenan wohnte und mit der ich mich im Lauf der Zeit angefreundet hatte.
    »Kann ich bitte bei Ihnen bleiben?«, fragte ich.
    »Natürlich«, sagten sie, denn sie sahen gleich, dass ich in keinem guten Zustand war.
    »Ich will nach Hause«, erzählte ich ihnen.

    Um das Geld für den Bus zu verdienen, half ich meiner neuen Familie ein paar Wochen bei der Hausarbeit, und sie kauften mir dann die Fahrkarte. Meine
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