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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben
Autoren: A Bracken
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Henry gesagt, dass ich nicht wieder mit ihm zurück nach Cliffton gehen wollte, aber eine Rückkehr nach Hause musste ja nicht unbedingt auch eine Rückkehr zu meinem alten Leben bedeuten. Vielleicht war es nötig, zurückzugehen, um dieses Kapitel abzuschließen, ehe ich ein neues beginnen konnte.
    Henry tat genau, was ich erwartet hatte: Er packte. Die
restlichen Delegierten und er waren in kleinen Zimmern auf der anderen Seite des Schlossplatzes untergebracht. Die Türen entlang des Flurs standen offen, und junge wie alte Männer liefen lachend und erzählend umher, als feierten sie ein Fest. Mich beachteten sie kaum, obwohl ich meinen Kopf in fast jedes Zimmer steckte, um nachzusehen, ob ich darin einen mir vertrauten Lockenkopf entdecken konnte.
    Henrys Zimmer lag am linken Ende des Gangs, neben einem Zimmer älterer Männer. Im Türrahmen blieb ich stehen und sah ihm dabei zu, wie er seine Hosen und Hemden faltete. Mir fiel auf, dass sie alle neu waren. Wahrscheinlich hatte er bei seiner Flucht aus Cliffton nicht viel mitnehmen können.
    »Hast du vor, ewig da stehen zu bleiben?«, fragte er und drehte sich um. »Du kannst ruhig reinkommen. Ich beiße nicht.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, hast du mich gebissen, als wir sieben waren«, neckte ich ihn.
    Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Wenn man nicht bereit ist, die Konsequenzen zu tragen, sollte man seinen Freunden keine Äpfel klauen.«
    Einen Augenblick lang sahen wir uns in die Augen, doch dann senkte ich den Blick.
    »Ich habe gehört, was der Königin und dir passiert ist«, sagte er ruhig. »Geht es dir gut?«
    »Alles in Ordnung«, versicherte ich. »Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«
    Er schnaubte verächtlich. »Das ist dann wohl das Leben, das du dir ausgesucht hast. Voller Gefahr, Magie und gutaussehender Zauberer.«
    Ich betrachtete meine Hände.
    »Ist schon gut«, sagte Henry. »Ich meine, ich verstehe das.
Warum solltest du eine trostlose kleine Wüste wollen, wenn du die ganze Welt haben kannst?«
    »Du hast immer gewusst, dass ich Cliffton verlassen wollte«, sagte ich. »Ich habe jahrelang davon gesprochen.«
    »Ja, aber ich habe immer gedacht, dass ich mit dir kommen würde«, sagte er. »Und jetzt glaube ich nicht, dass du mich noch willst.«
    Was konnte ich darauf sagen? Es brach mir zwar das Herz, aber es war die Wahrheit, und das wussten wir beide.
    »Du bedeutest mir unendlich viel«, sagte ich und wollte seine Hand nehmen, aber er zog sie weg.
    »Aber ich gehöre nicht zu deinem Leben und werde es auch nie«, ergänzte Henry. »Ich … wollte ein Leben mit dir auf bauen. Eine Familie gründen. Mit dir alt werden. Ich will, dass du endlich die Wahrheit erfährst, weil ich dich liebe und sich das auch nie ändern wird.«
    Henry ließ seinen Kofferdeckel zuschnappen und zerrte ihn auf den Boden.
    »Ich liebe dich auch, Henry«, sagte ich. »Aber ich kann dir nicht das geben, was du verdient hast.«
    Er seufzte tief und fuhr sich durch die Haare.
    Eine Hand auf mein Herz gepresst, stand ich da und hätte am liebsten geweint. »Was hast du jetzt vor?«
    »Zurück nach Cliffton gehen und Vater auf den Feldern helfen, bis ich wieder einen klaren Kopf habe«, antwortete er. »Ich habe ja nicht viel für Politik übrig, aber wenn dein Vater mich darum bitten würde, könnte ich mir vorstellen, sein Nachfolger zu werden. Das ist eine wichtige Aufgabe. Ich müsste für Cliffton abstimmen, um der Königin zu erlauben, ihre Krone zu behalten. Ich dachte, das würde dich glücklich machen.«
    »Das tut es auch«, sagte ich. »Nach allem, was ich zu Hause
über sie gehört hatte, dachte ich, sie wäre nur ein hübsches Gesicht und nicht mehr, aber sie …«
    »… hat das Herz eines Löwen«, ergänzte Henry. »Ich könnte mir vorstellen, dass die Zauberer nicht besonders begeistert sein werden, wenn sie erfahren, dass sie ihnen einen Großteil der Macht wieder abnehmen wird. So wie ich das verstanden habe, wird die Königliche Hofzauberin der Königin alle Entscheidungen vorlegen müssen, und die Königin hat immer das letzte Wort.«
    Ich wollte etwas erwidern, aber tosender Applaus und begeisterte Rufe aus einiger Entfernung schnitten mir das Wort ab. Erstaunt wandte ich mich in die Richtung, aus der der Lärm kam.
    »Wir haben die Nachricht heute Morgen erhalten«, sagte Henry. »Sie haben es geschafft, Auster dazu zu bringen, den Friedensvertrag zu unterzeichnen, auch wenn ich nicht glaube, dass unsere Lage sich
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