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Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Titel: Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)
Autoren: Julika Szabó
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zurück.
    „Und ? Ist es soweit?“
    Och, für ein Tässchen Tee haben wir noch Zeit.“
    Während Heike meinen Bauch betastet, hüpft ein mindestens zwei Zentner schweres Wesen auf einem überdimensionalen Gymnastikball an mir vorbei.
    „Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, vierund-zwanzig, fünfundzwanzig-einatmen-sechund-zwanzig-sieben-undzwanzig-achtundzwanzig-neunund-zwanzig-dreißig-ausatmen.“
    Langsam komme ich mir vor wie auf einem Güterbahnhof.
    „Lass dich nicht stören. Das ist nur Beate. Die veratmet gerade nur ihre Wehen.“
    „Alles in Ordnung bei Dir. Aber man muss aufpassen, dass das Kind nicht traumatisiert wird.  Du glaubst gar nicht, wie viele Menschen ihr Leben lang an einem Geburtstrauma zu knacken haben. Kein Wunder bei diesen Geburtskliniken. Richtige Gebärfabriken. Grelles Licht, ein hässlicher OP-Tisch. Du zum Beispiel siehst mir nach einem Kaiserschnitt aus. Wahrscheinlich noch mit Vollnarkose. Du hast manchmal Schwierigkeiten, Dich durchzusetzen. Stimmt`s oder habe ich recht?“ Heike wartet meine Antwort nicht ab.
    „Aber keine Angst, hier im Geburtshaus wird Deinem Kind so etwas nicht passieren. Wir sind hier alle eine große Familie.“
    Ein weiteres Wesen an einem Gebärseil hängend schwingt sich kurz zu Hebamme Heike auf die Sitzgruppe.
    „Schön Christina. Einfach weiter so. Ich kann schon das Köpfchen sehen.
    Und jetzt zügig.
    Hintern hoch.
    Pressen, pressen, pressen. Verdammt jetzt press doch endlich, du blöde Kuh.“
    Langsam wird mir ein wenig unwohl.
    Ich mache Platz für Christina, die endlich zu begreifen scheint, worauf es ankommt. 
    In dem Moment, als ein schleimiges Etwas auf die dunkelrote Sitzgarnitur flutscht, beschließe ich, dass ich genug gesehen habe. Ehe mich Heike bitten kann, die Nabelschnur des neuen Erdenbürgers, der knapp an meiner Teetasse vorbei geflogen ist, zu durchtrennen, flüchte ich.
    Dann doch lieber ein gepflegtes Geburtstrauma in der Entbindungsklinik.

Die Erlebnisgeburt
    „Also, ich bin der Dieter. Also, ich möchte euch heute ein bisschen was über das Geburtserlebnis erzählen. Also, wir hier in der GEBURTSKLINIK AM PARK finden es ganz wichtig, dass wir vorher über alles sprechen.“
    Beim dritten ALSO entscheide ich für mich persönlich, dass der Arzt, Oberarzt, Chefarzt, Pfleger, Diätkoch, Leichenbestatter, welche Funktion der Dieter auch immer in der GEBURTSKLINIK AM PARK ausüben mag, nicht sehr vertrauenserweckend scheint. Insgeheim rutscht diese Klinik bereits bei der Begrüßung ein paar Nummern tiefer in meinem persönlichen Klinik-Ranking. Nun gut, es ist erst die siebte Klinikbesichtigung, die ich vornehme. Und ich bin schon in der 26. SSW, kurz Schwangerschafts-woche. Hartgesottene haben bereits in der 12. SSW nahezu ganz   Deutschland und das europäische Ausland bereist, um die optimale Klinik für ihr Geburtserlebnis zu finden. Die ganz Mutigen unter uns entscheiden sich für eine Abenteuergeburt am Amazonas. Ultrahip ist momentan  auch das Geburtsshopping in New York oder das Geburtsweekend in Paris mit 4 Gänge Menü inklusive. Heutzutage ist alles möglich, der Gebärmarkt blüht.
    Dennoch, der Eingangsbereich der GEBURTSKLINIK                                   AM PARK macht einen sehr gepflegten Eindruck. Alles terracottafarben gehalten, blühender Oleander und Bougainvillea ganz dem Motto der Klinik entsprechend: DIE MEDITERRANE ERLEBNISGEBURT.
    „Also, ich finde es ganz wichtig, dass ihr Euch heute so richtig einbringt. Also, wie stellt ihr Euch das Geburtserlebnis vor?“ Dieter will es offensichtlich genau wissen.
    Also, schlimmer als also einen Zahnarztbesuch, aber also nicht so schlimm wie also eine Herztransplantation, rekapituliere ich also im Stillen, als sich eine kurzgeschorene Mitgebärende, höchstens 20. SSW zu Wort meldet.
    „Also, ich bin die Gitta und ich möchte eine richtige Erlebnisgeburt haben. Eins sein mit mir, dem Baby und dem Kosmos. Mein erstes Kind habe ich im Wasser bekommen, das zweite beim Bauchtanz. Für mein drittes Kind stelle ich mir etwas ganz Besonderes vor. Am Besten in der Natur z.B. in der Wüste.“
    Angeberin. Und was machst du dann hier, in einer Geburtsklinik in Castrop-Rauxel, frage ich mich im Stillen. Doch solche Frauen trifft man auf jeder derartigen Veranstaltung. Mehrgebärende Supermütter, denen es den Kick gibt, uns unwissende, unerfahrene junge Hüpfer leiden zu sehen mit der Angst vor dem großen,
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