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Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)

Titel: Aus dem Tagebuch einer Rabenmutter (German Edition)
Autoren: Julika Szabó
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wegen der Verdauung, Kinder.
    Ich selbst schmunzele noch ein bisschen vor mich hin. Ann-Kathrin ist die einzige, die meinen Mann bei seinem im Personalausweis eingetragenen Namen nennt.
    Ich selbst kannte ihn zunächst nur als Jan und wusste bis zu unserer standesamtlichen Trauung nichts von seiner namentlichen zweiten Hälfte, was dazu führte, dass ich mitten in der Trauungszeremonie, als allen die Tränen der Rührung in die Augen stiegen, einen nicht mehr enden wollenden Lachanfall bekam.
    Selbst seine Mutter hat bereits mit 5 Jahren aufgegeben, ihn Jan-Ullrich zu nennen, da der kleine Satansbraten einfach nicht auf den Namen hören wollte.
    Ganz im Gegensatz zu seiner Schwester Ann-Kathrin.
    „Frederik-Ferdinand, komm jetzt bitte rein, Hände waschen.
    Nein, Annabella-Teresa, Du bekommst keinen Keks mehr. Kekse sind nicht gut für die Zähne“, spricht Ann-Kathrin und schiebt sich selbst noch einen Schokokeks in den Mund.
    Ich habe Mitleid mit der armen Annabella-Teresa, die nicht nur mit ihren Namen hart betraft ist. Unter dem Tisch versorge ich sie mit Nachschub. Freudestrahlend putzt sie sich zum Dank die Hände an meinem cremefarbenen-9-Monate-mitwachsenden-Schick-mit-Babybauch-Wohlfühl-Ensemble ab.
    „Wollt ihr eurem Kind etwa keinen Doppelnamen geben?“ mischt sich Ann-Kathrin in die Diskussion ein.
    „Stell Dir vor, was das arme Kind ohne Doppelnamen für Komplexe haben wird. Das geht doch schon im Kindergarten los.“
    „Also, zu unserer Zeit hießen die Männer alle Paul. Oder Fritz. Oder Wilhelm. Das waren wenigstens noch Namen. Aber heute mit diesem neumodischen französischen Zeugs, das ist doch nix“.
    „Genau Hetti.“ pflichtet Jan-jetzt-wieder-ohne-Ullrich ihr bei.
    „Also, ich finde heutzutage geht es nicht mehr ohne.  Gut als ich klein war, da war ein Doppelname noch etwas Besonderes. Mutti war ihrer Zeit eben sehr voraus.“
    Mit diesen Worten erntet sie einen dankbaren Blick meiner Schwiegermutter und alle sind glücklich und zufrieden.
    Alle ? Nicht ganz. Ein unbeugsamer hartnäckiger Ehemann kann und will nicht aufhören.
    „Genau, klingt doch auch viel harmonischer, wenn man sein Kind vom Spielen hereinruft: „Chantal-Desiré komm aus die Pfütze, du Sau. Oder Sabrina-Vanessa, mein Engelchen, popel nicht immer mit deinen Deckfingern in der Nase rum.“
    „ Du bist grässlich. Mit dir kann man ja nicht ansatzweise eine normale Unterhaltung führen.“
    Entspannt lehne ich mich zurück. Endlich kehrt wieder Normalität ein. Mutter und Sohn zanken sich. Die Schwester zieht beleidigt ab. Tante Hetti pichelt sich noch einen und Opa Gerd pooft. Ein sonniger Sonntagnachmittag im Kreise der Familie. Ich streichele meinen Bauch und flüstere ihm zu: Jens-Peter? Keine Reaktion. Kai- Uwe ? Leo-Leander ? Nichts passiert.
    Paul? Täusche ich mich oder streicht da eine kleine Babyhand von unten an meine Bauchdecke?
    Paul.
    Alles wird gut.

Die Hebamme meines Vertrauens
    „Vergiss alles, was Dir die Ärzte erzählen und hör nur auf Deinen Bauch.“
    Heike ist meine neue Hebamme und mir auf Anhieb sympathisch.
    „Ich koche uns erst einmal einen schönen Bärentrauben-blättertee. Mit einem Schuss Zitronenverbenenelexier ist das genau die Stärkung, die du jetzt brauchst. Und dann erzähl mir, was Du auf dem Herzen hast.“
    „Eigentlich gar nichts. Aber ich bin die Ärzteodyssee langsam leid. Von Termin zu Termin. Eigentlich möchte ich doch nur ein bisschen Ruhe und meine Beine hochlegen“.
    „Dann bist Du bei uns im Geburtshaus ganz richtig. Wir vertrauen auf den Instinkt und die Fähigkeiten der Frauen. Kinderkriegen ist schließlich keine Krankheit.
    Ein markerschütternder Schrei dröhnt durch den Raum.
    Heike scheint das nicht wirklich zu stören.
    „Ach, das ist nur Petra, sie liegt seit drei Tagen in den Wehen, aber das Kind will noch nicht. Noch einen Tee?“
    Allein der Gedanke daran lässt mich kreidebleich werden.
    „Ja aber, da muss man doch etwas machen“, stammele ich.
    „Klar. Abwarten und Tee trinken.“ Heike hat die Ruhe weg.
    „Jetzt schauen wir doch erst einmal, wie es Deinem Kleinen geht.
    Leg Dich einfach schon mal ganz entspannt hin, ich muss mal eben nach Simone schauen, die dürfte bald so weit sein.“
    Ich bin ganz ruhig und entspannt, flüstere ich mir zu, während aus dem anliegenden Geburtsraum Töne wie aus dem Schlachthof dringen. Simone scheint die etwas härtere Tour zu bevorzugen.
    Mein Puls beginnt langsam zu rasen.
    Heike kehrt
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