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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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schon
     wieder in Deutschland, mitsamt deiner tollen Amour. Und da lauf du nur auch wieder hin! Sie schmachtet ohnedies nach dir,
     da könnt ihr zusammen die Geige spielen und in den Mond gucken, aber daß du mir nicht wieder unter die Augen kommst!»
    Nun aber entstand ein entsetzlicher Rumor und Spektakel hinter uns. Aus dem andern Garten kletterten Leute mit Knüppeln hastig
     über den Zaun, andere fluchten und durchsuchten schon die Gänge, desperate Gesichter mit Schlafmützen guckten im Mondschein
     bald da, bald dort über die Hecken, es war, als wenn der Teufel auf einmal aus allen Hecken und Sträuchern Gesindel heckte.
     – Die Kammerjungfer fackelte nicht lange. «Dort, dort läuft der Dieb!» schrie sie den Leuten zu, indem sie dabei auf die andere
     Seite des Gartens zeigte. Dann schob sie mich schnell aus dem Garten und klappte das Pförtchen hinter mir zu.
    Da stand ich nun unter Gottes freiem Himmel wieder auf dem stillen Platze mutterseelenallein, wie ich gestern angekommen war.
     Die Wasserkunst, die mir vorhin im Mondschein so lustig flimmerte, als wenn Engelein darin auf und nieder stiegen, rauschte
     noch fort wie damals, mir aber war unterdes alle Lust und Freude in den Brunnen gefallen. ich nahm mir nun fest vor, dem falschen
     Italien mit seinen verrückten Malern, Pomeranzen und Kammerjungfern auf ewig den Rücken zu kehren, und wanderte noch zur selbigen
     Stunde zum Tore hinaus.

Neuntes Kapitel
           
    Die treuen Berg stehn auf der Wacht:
«Wer streicht bei stiller Morgenzeit
Da aus der Fremde durch die Heid?» –
Ich aber mir die Berg betracht
Und lach in mir vor großer Lust,
Und rufe recht aus frischer Brust
Parol und Feldgeschrei sogleich:
Vivat Östreich!
    Da kennt mich erst die ganze Rund,
Nun grüßen Bach und Vöglein zart
Und Wälder rings nach Landesart,
Die Donau blitzt aus tiefem Grund,
Der Stephansturm auch ganz von fern
Guckt übern Berg und säh mich gern,
Und ist ers nicht, so kommt er doch gleich –
Vivat Östreich!
    Ich stand auf einem hohen Berge, wo man zum ersten Male nach Östreich hineingehen kann, und schwenkte voller Freude noch mit
     dem Hute und sang die letzte Strophe, da fiel auf einmal hinter mir im Walde eine prächtige Musik von Blasinstrumenten mit
     ein. Ich dreh mich schnell um und erblickte drei junge Gesellen in langen blauen Mänteln, davon bläst der eine Oboe, der andere
     die Klarinette, und der dritte, der einen alten Dreistutzer auf dem Kopfe hatte, das Waldhorn – die akkompagnierten mich plötzlich,
     daß der ganze Wald erschallte. Ich, nicht zu faul, ziehe meine Geige hervor und spiele und singe sogleich frisch mit. Da sah
     einer den andern bedenklich an, der Waldhornist ließ dann zuerst seine Pausbacken wieder einfallen und setzte sein Waldhorn
     ab, bis am Ende alle stille wurden und mich anschauten. ich hielt verwundert ein und sah sie auch an. – «Wir meinten», sagte
     endlich der Waldhornist, «weil der Herr so einen langen Frack hat, der Herr wäre ein reisender Engländer, der hier zu Fuß
     die schöne Natur bewundert; da wollten wir uns ein Viatikum verdienen. Aber, mir scheint, der Herr ist selber ein Musikant.»
     – «Eigentlich ein Einnehmer», versetzte ich, «und komme direkt von Rom her, da ich aber seit geraumer Zeit nichts mehr eingenommen,
     so habe ich mich unterwegs mit der Violine durchgeschlagen.» – «Bringt nicht viel heutzutage!» sagte der Waldhornist, der
     unterdes wieder an den Wald zurückgetreten war und mit seinem Dreistutzer ein kleines Feuer anfachte, das sie dort angezündet
     hatten. «Da gehen die blasenden Instrumente schon besser», fuhr er fort; «wenn so eine Herrschaft ganz ruhig zu Mittag speist
     und wir treten unverhofft in das gewölbte Vorhaus und fangen alle drei aus Leibeskräften zu blasen an – gleich kommt ein Bedienter
     herausgesprungen mit Geld oder Essen, damit sie nur den Lärm wieder loswerden. Aber will der Herr nicht eine Kollation mit
     uns einnehmen?»
    Das Feuer loderte nun recht lustig im Walde, der Morgen war frisch, wir setzten uns alle ringsumher auf den Rasen, und zwei
     von den Musikanten nahmen ein Töpfchen, worin Kaffee und auch schon Milch war, vom Feuer, holten Brot aus ihren Manteltaschen
     hervor und tunkten und tranken abwechselnd aus dem Topfe, und es schmeckte ihnen so gut, daß es ordentlich eine Lust war anzusehen.
     – Der Waldhornist aber sagte: «Ich kann das schwarze Gesöff nicht vertragen» und reichte mir dabei die eine Hälfte von
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