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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Aussehen verlieh.
    Die Parade im Scheinwerferlicht der Medien kam immer dann ins Stocken, wenn ein prominenter Gast um ein Statement zu diesem ungewöhnlichen Galakonzert gebeten wurde.
    » Ich sehe gerade den ehemaligen Intendanten des Deutschen Fernsehens, Professor Karl Winnacker! Hier, Herr Professor…« Das Licht des Spotscheinwerfers, das den Exintendanten einfing, spiegelte sich in den lupendicken Gläsern seiner Brille, während er sich ein wenig schwerhörig zu der Moderatorin hinunterbeugte. » …ein Wort zum heutigen Abend für unsere Zuschauer! Was hatte Maestro Herzog damals für Sie bedeutet? Sie haben ihn noch persönlich gekannt?«
    » Vor zwanzig Jahren war Karl Amadeus Herzog der Gottvater der gesamten musikalischen Welt! Wenn er hier in Berlin einen Schnupfen bekam, fing man in der Met an zu niesen.« Er kramte, als wollte er diesen ungewöhnlichen Kausalzusammenhang bekräftigen, nach einem Taschentuch und schneuzte sich die Nase. » Ja, ich muß sagen, Herzog bleibt bis heute das größte Mediengenie der klassischen Musik, ein genialer, gleichermaßen gehaßter wie geliebter Held. Ein Heiliger auf dem Parnaß der Musik, ein Wunder, vielleicht ein göttliches!«
    Plötzlich kam Bewegung ins Gedränge. Die Schlange auf dem roten Teppich teilte sich. Eine Krankenschwester schob einen in sich zusammengesunkenen Greis in einem Rollstuhl zum Fuß der Freitreppe. Harry Krausnik, der über neunzigjährige Präsident von K’NICK Artists Managements Incorporation, Weggefährte und Manager des Maestros, hatte es sich nicht nehmen lassen, trotz seines hohen Alters die lange Reise von St. Moritz nach Berlin zu machen, um dem Jubilar seine Reverenz zu erweisen! Ungeachtet der sommerlichen Hitze war der gebrechliche Körper des Medienmoguls in einen dicken Mantel gehüllt. Im Knopfloch seines Jacketts trug er wie immer eine weiße Marble-Morrison-Teerose.
    Bei der geflügelten Amorette, die Harfe spielend und nackt auf einem Panther ritt, hielt die Krankenschwester den Rollstuhl an. Krausnik schlug das Plaid zur Seite und streckte ihr wie ein ungeduldiger Säugling die Arme hin. Sie half ihm hoch. Anfangs stand der Alte noch etwas wackelig auf seinen Beinen, doch rasch richtete er sich auf und schritt am Arm der Krankenschwester mit staksigen Schritten die Freitreppe hinauf.
    » Auf mich kommt gerade Sir Harry Krausnik zu, der dieses Jubiläumskonzert zum hundertsten Geburtstag seines alten Freundes Herzog ermöglicht hat. Hi, Sir!«
    Der alte Mann blieb stehen, ein Profi, stets ansprechbar und auskunftsbereit.
    » What can I do for you, my dear…«
    » Maestro Herzog war einer Ihrer Stars?«
    Der Musikmanager machte sich von seiner Krankenschwester los, um freier vor den Kameras zu posieren. Er stützte sich mit leichtem Zittern auf seinen Gehstock.
    » Mr. Herzog war schon immer…«, er räusperte sich, die Greisenstimme war ihm weggeschrappt, und er begann noch mal, » …war schon immer das Maß aller Dinge. Er war mit über einhundert Millionen verkaufter Schallplatten der reichste Dirigent aller Zeiten. Und er besaß als einziger nicht nur das Kapital, sondern auch die Phantasie, über den Tod hinaus für seine Unsterblichkeit zu planen. Ich kann es kaum erwarten, dem alten Freund heute abend noch einmal wiederzubegegnen.«
    » Glauben Sie denn, daß es technisch funktionieren wird?«
    » Warum soll es nicht? Mr. Herzog hat mit den Videoaufnahmen seines eigenen Dirigats der Symphonien Beethovens, Brahms’ und Bruckners in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts den Grundstein für die heutige Technik gelegt. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis man in der Lage sein würde, die Videobänder zu digitalisieren und in lasergenerierte Hologramme zu transformieren. Und das ist uns jetzt gelungen!« In seinem Auftrag hatten japanische Wissenschaftler mit ihren neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Holographie dieses Konzert rechtzeitig zur Jubiläumsfeier möglich gemacht.
    Die Saalklingel ertönte zum zweiten Mal. Das Publikum drängelte in den Saal. Eine einsame Fernsehmoderatorin stand im Vestibül und versuchte, noch ein paar allerletzte Stimmen einzufangen, bevor die Flügeltüren geschlossen wurden.
    » Herr Professor Kaiser, nur ein kleines Statement für unsere Zuschauer. Wie beurteilt ein Musikkritiker wie Sie das spektakuläre Ereignis dieses Abends?«
    Der Starkritiker war als einer der letzten wie stets in Eile. Doch dem Mikrofon konnte er nicht widerstehen. Er zog die linke
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