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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)
Autoren: Stephanie Madea
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auslöste, konnte er sicher nicht nachvollziehen. Es war, als wäre sie neu geboren.
    Sie riskierte einen weiteren Blick in seine Richtung. Noch war er viel zu weit entfernt, als dass sie ihm gefährlich werden konnte. In die bläulichen Farben des Himmels mischten sich allmählich Gelb- und Orangetöne, erhellten die Umgebung und verschafften ihr schärfere Konturen. Sie kannte dieses faszinierende Schauspiel, und doch kam es ihr so vor, als sähe sie es zum allerersten Mal. View kniff die Lider ein wenig zusammen und fixierte Steven. Sie schätzte ihn auf Anfang vierzig, was mit Zacs Alter als seinen Sohn um die zwanzig auch hinkam. Seine immense Kraft versteckte er in einem wohlgeformten Körper. Kräftig, aber nicht übertrieben muskulös. Eher sehnig. Wahrscheinlich vom harten Leben in der Natur und auf einer einsamen Insel geprägt. Er trug eine Jeanshose, die an den Oberschenkeln abgescheuert war, und ein beigefarbenes T-Shirt. Schlanke Statur, groß, völlig normal, aber doch imposant. Ob Zac ebenso ausgesehen hatte? Sie schluckte hart. Was würde sie jetzt dafür geben, wenn sie ihn nur einmal hätte sehen können. Er hatte es nicht zugelassen, ihn zu berühren. Nicht ein einziges Mal. Sie hatte sich nur ihr eigenes Bild von ihm im Kopf vorstellen können. Es schmerzte, auch wenn sie ihn ja verstehen konnte. Ein richtiges Bild als Erinnerung an ihn wäre ihr lieb und teuer gewesen. Sie hätte es sich auf ewig eingeprägt. Sie atmete zittrig aus. Ihr blieben immerhin seine geflüsterten Worte, sein leiser Gesang, seine Fürsorge …
    Schnell riss sie die Lider auf und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf Steven. Bald musste sie die Augen wieder schließen, doch vorher wollte sie es noch einmal genießen, einen Menschen zu sehen. Und … einen Hund. Ein Hund? Ein brauner Hundekopf blickte ab und an über den Rand des Bootes. Bisher hatte sie ihn weder gehört noch gesehen. Wo war er die ganze Zeit gewesen? Eingesperrt? Sie betrachtete Steven eingehend. Inzwischen konnte sie sogar seine angespannte Miene erkennen. Die wettergegerbte, gebräunte Haut lag in tiefen Falten. Ein kurzer, rundgeschnittener Bart umspielte seinen ernsten Mund, die dunkelbraunen Haare lagen eng an.
    View schloss die Lider. Wie gern hätte sie Stevens Augenfarbe erfasst, um auf Zacs schließen zu können, doch das traute sie sich nicht. Sie würde niemals Stevens Wunsch nachgeben und ihn direkt ansehen. Dazu stand er ihr schon zu nahe. Sie empfand tiefe Dankbarkeit, aber auch irgendwie Zuneigung. Sie vertraute ihm, obwohl sie sich immer wieder ermahnte, es nicht so rasch zuzulassen. Gefühl war eben Gefühl. Ob man dagegen etwas tun konnte, wusste sie nicht. Sie fühlte sich machtlos gegenüber ihren intensiven Emotionen.
    Sie hörte, wie Steven das Boot langsam mit den Wellen in ihre Richtung manövrierte und die scharfen Felsen umschiffte. Der Motor kämpfte mit den Wogen.
    »Schön, dass du noch da bist«, rief er.
    View musste grinsen. »Gleichfalls.«
    »Okay, View. Rutsch nach vorn vom Fels . Das Boot liegt …«
    Sie hockte bereits im Boot auf dem leicht feuchten Boden. »Ich kann auch mit geschlossenen Augen sehen, Steven.«
    »Gut, gut.« Er wendete das Boot, das wie eine Nussschale auf den Wellen tanzte, bis sie endlich auf dem offenen Meer waren, wo es nur ein gleichmäßiges Auf und Ab gab, das sich mit dem frischen Wind und dem Rauschen mischte.
    »Wer ist dein Begleiter?«
    »Das ist Ty. Er mag Fremde nicht so besonders und Bootfahren auch nicht.«
    »Hm. Wo war er die ganze Zeit?«
    »Er läuft frei herum und hat uns aus für ihn sicherer Entfernung beobachtet.«
    »Ty ist leise.«
    »O ja.«
    »Ich meine, zu leise. Warum bellt oder knurrt er überhaupt nicht?«
    »Tja, normalerweise würde ich nun sagen, sieh ihn dir doch mal richtig an, aber in deinem Fall.« Steven atmete trotz des lauten Rauschens und des Brummens des Motors hörbar aus. »Er hat einen fast zertrümmerten Kehlkopf. Er kann nicht bellen, weil Menschen grausamer sind als jedes Tier. Ty war ein Streuner, als ich ihn fand. Muss ich noch mehr erzählen?«
    View schüttelte den Kopf. Nein, musste er nicht. Ihr Herz wog gleich Tonnen schwerer. Menschen, die Tieren etwas antaten, konnte selbst sie nicht verzeihen. Wie gern hätte sie Ty jetzt liebevoll gestreichelt und geknuddelt, ihm Zuneigung geschenkt, doch sie verstand, dass das Tier dies nicht zulassen würde.
    View nahm den Rucksack ab, legte ihn an eine einigermaßen trockene Stelle im Boot, und setzte
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