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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)
Autoren: Stephanie Madea
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Es erschien ihr so groß wie noch nie. Wahrscheinlich, weil sie noch nicht in allen Bereichen des Labors gewesen war.
    Ein wenig unsicher, weil sie Neuland betrat, stieg sie aus dem Fahrstuhl, der sie nach oben befördert hatte. Nach oben. Lag das Labor also unterhalb der Erdoberfläche? Eigenartige Luft wallte ihr entgegen. Kühl, beinahe metallisch, durchsetzt von Benzin, wenn sie nicht alles täuschte. Ihre Schritte hallten bis weit in die Ferne. Ein Betonbau. Ein unangenehmes Gefühl von Schutzlosigkeit wollte sich ihrer bemächtigen. Fragen überschlugen sich in ihrem Kopf.
    »So, View. Nur noch fünf Meter, dann stehst du vor der Tür in die Freiheit.«
    Freiheit?
    »Du willst sie sicherlich öffnen, nicht wahr? Rechte Hand.«
    Zögerlich hob View ihren Arm und berührte einen Türgriff. Wann hatte sie das letzte Mal einen Griff zum Hinunterdrücken in der Hand gehabt? Im Labor funktionierte alles über Bewegungsmelder, Türcodes, Touchpads oder Sprachanweisungen. Prickelnde Vorfreude verdrängte ihre Gedanken an den ungewohnten Weg. Sie drückte die Klinke.
    Ein Summen verwirrte ihre Sinne im ersten Moment, doch die frische, würzige Waldluft ließ sie beinahe sofort alle Müdigkeit und Bedenken vergessen.
    »Komm. Geh deinem Geburtstag entgegen, View.«
    Die warmherzige Stimme vermischte sich mit den Gerüchen und Geräuschen, die auf sie eindrangen. Ihr wurde bewusst, wie sehr sie diese tief in ihrem Inneren vermisst hatte. Ein seltsames Wirrwarr quirlte durch sie hindurch. Erinnerungen, die sie nicht kannte, Gefühle, die nicht ihre sein konnten.
    »Jetzt zehn Treppenstufen hoch und dann einen Schotterweg geradeaus. Möchtest du durch den Wald gehen? Bis zu einer Lichtung? Dort könntest du dich hinsetzen und den Himmel betrachten.«
    View schluckte. Ihr Hals schien enger als sonst und ihr Unterkiefer zitterte. »Ja«, hauchte sie, streckte den Rücken, ließ den Türgriff los und folgte mit so sicheren Schritten wie möglich Mr. Lunas Anweisungen.
     
    View streckte sich aus. Das saftig duftende, leicht vom Nachttau benetzte Gras kitzelte ihren Nacken, ein paar Steinchen spürte sie unter ihrem Hintern. Warmer Wind streichelte ihr Gesicht, der Geruch nach morschem Holz und satter Muttererde umschmeichelte ihre Nase. Seit sie ganz still auf der Lichtung lag, kamen allmählich die verstummten Laute des Waldes zurück. Käfer krabbelten, Baumbewohner knabberten an Rinde, Blätter raschelten. Eine ungeahnte, tiefe Zufriedenheit erfüllte View, als hätte sie ihren eigens für sie geschaffenen Platz auf der Welt soeben gefunden. Vielleicht lag sie in ihrem Paradies. Natürlich; grün, braun und sandfarben und doch hier und da wundervoll bunt.
    Wann sie wohl die Linsen rausnehmen durfte? Eine so wohlige Gänsehaut überlief sie, dass ihr Tränen in die Augen stiegen . Sie wusste, dass es eine absolute Ausnahme war, hierher zu dürfen, doch obwohl sie noch hier lag, empfand sie schon tiefe Sehnsucht nach diesem Platz, wenn sie nur daran dachte, wieder zurück ins Labor zu müssen. Sie würde ihn für lange, lange Zeit nur noch in ihren Träumen besuchen können.
    »So, View. Jetzt sag mal. Wie heißt du richtig?«
    Mit einem beinahe schmerzlichen Ruck holte Mr. Luna sie aus ihren Gedanken. Was hatte er da gefragt? Sie musste sich verhört haben. Die vielen Sinneseindrücke hatten sie wahrlich verzaubert. »Bitte?«
    Er lachte verhalten, aber es klang verbittert. »Dein Name. Wie heißt du?«
    »View.«
    »Okay, okay. Sie haben dich wirklich völlig umgekrempelt.«
    »Mr. Luna, ich weiß …«
    »Zac. Nenn mich Zac. So heiße ich nämlich.«
    »Oh.« View setzte sich auf. Was spielte Mr. Luna … Zac für ein Spiel mit ihr? Hatte sie überhaupt Geburtstag? »Also nicht Henry Luna. Warum haben Sie mich angelogen?«
    Zac lachte. Dieses Mal herzhaft, sodass View einen Stich verspürte. »Du wirst seit Jahren nur angelogen und jetzt beschwerst du dich bei mir?«
    »Bitte?«
    »Ach, komm schon. Das kann doch nicht dein Ernst sein. Wach endlich auf!«
    View erhob sich. Das wurde ihr langsam zu bunt. Paradies hin oder her, sie wollte zurück. »Es war sehr freundlich, dass Sie mich mit hierhergenommen haben. Ich bin aber sehr müde. Bitte begleiten Sie mich auf mein Zimmer.«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Du bist jetzt frei und wir haben etwas anderes vor.«
    Beinahe wäre ihr eine Beleidigung über die Lippen gekommen. »Wir? Mr. … Zac, ich möchte jetzt zurück.«
    »View«, sagte er eindringlich und schien näher
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